Altkreis Brilon/Arnsberg. Jahrzehnte war die Welt in Ordnung in dem Doppelhaus in einem Dorf im östlichen HSK. Jetzt zoffen sich zwei Cousins, um einen Kartoffelkeller.
Eigentlich geht es nur um „Onkel Josefs Kartoffelkeller“ und einen Kamin, um den sich die beiden in einem Doppelhaus lebenden Cousins, 55 Jahre alt der ein, 62 der andere, vor Gericht streiten. Zwei Verhandlungsrunden vor dem Amts- und Landgericht haben sie hinter sich, beide mit dem gleichen Urteil. Am Mittwoch (9. September) ist die Fortsetzung vor der 3. Kammer des Landgerichts Arnsberg. Dabei geht es aber um Prozessbetrug und Parteiverrat.
Mit einer sogenannten Restitutionsklage will der jüngere der beiden Cousins die Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen. Denn für ihn geht es um mehr als die Nutzung des gerade einmal 13 Quadratmeter großen Keller-Kabuffs und des Kamins durch seinen Vetter: „Ich bin enteignet worden,“ gibt er gegenüber der WP an.
Haus aus dem Jahr 1927
Die vertrackte Geschichte beginnt in den 60-er Jahren. Damals hatte der Großvater der beiden Cousins das 1927 gebaute Haus geteilt und seinen beiden Söhnen, also ihren Vätern, übertragen. Der Vater des heute klagenden Cousins erweiterte seine Hälfte und überließ seinem nebenan wohnenden Bruder und dessen größerer Familie nicht nur einen der alten Kellerräume unter seinem Wohnbereich, sondern räumte ihm auch ein Wohnrecht über ihm im Dachgeschoss ein.
„Letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit“
Für den klagenden Cousin geht es um viel Geld.
„Die Doppelhaushälfte ist (war) unsere Altersvorsorge“, teilt er der WP mit.
Für ihn sei fraglich, ob er seine Hälfte „in diesem zerstückelten Zustand überhaupt verkauft bekommen“ würde.
Anhand des vom Gericht festgesetzten Streitwertes in Höhe von 3000 Euro sei ein Gutachter wenigstens von einem Wertverlust von rund 27.000 Euro gekommen.
Von der Zulassung der Restitutionsklage verspricht er sich eine „letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit.“
Der Streit dreht sich darum, wie der gemeinsame Großvater und die Väter der beiden Cousins das Wohn- und Nutzungsrecht vereinbart hatten: Ob unter Brüdern, unter denen „ein Wort eben galt“, wie es im Sitzungsprotokoll der Verhandlung am Briloner Amtsgericht im Jahr 2015 heißt, oder ob durch die Nutzung eine „sachenrechtliche Zuordnung“ oder ein Eigenbesitzüberbau festgeschrieben wurde. Zudem stehe im Raum, so das Gericht, ob die „Herausgabeansprüche verwirkt sind, da die Geltendmachung nach jahrzehntelanger Praxis treuwidrig sein könnte“.
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Der Zwist entbrannte, als der 55-Jährige im Hinblick auf seinen Ruhestand und die Altersvorsorge die vertikale Trennung des Gebäudes auch räumlich sauber sichtbar machen wollte und den Kartoffelkeller, den Kamin und die Dachwohnung für sich beanspruchte. Da habe sein Vetter auf einmal nicht nur den Keller als seinen deklariert, sondern auch das einst seinem Vater und dessen Familie, also ihm, gewährte Wohnrecht auch für die nächste Generation beansprucht.
„Wir hatten ja ein gutes Verhältnis“
Zur Vorgeschichte aussagen konnte vor dem Amtsgericht nur der Vater des Klägers; sein Bruder ist bereits verstorben. Danach sei die Nutzung des Kellers losgelöst von der vertikalen Teilung des Grundstücks zu sehen gewesen - „Wir hatten ja ein gutes Verhältnis“. Er habe den ja auch die ganze Zeit nicht benötigt. Deshalb verfügt der Keller nach wie vor nur über den ursprünglichen Zugang aus den 20er Jahren.
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Was die beiden Gerichtsinstanzen nun so auslegten, dass der Kabuff bei einer Zuordnung zum Eigentum des klagenden Vetters „nicht mehr zugänglich“ sei und so durch die Trennung „wirtschaftliche Werte … zerstört“ würden. Worüber der 55-Jährige nur mit dem Kopf schütteln kann: Man brauche doch nur die eine Tür zuzumauern und eine neue zu brechen: „Das sind ein paar Stunden Arbeit.“
Verfahren mit „Geschmäckle“
Das Verfahren hat nach Ansicht des Klägers noch ein weiteres „Geschmäckle“. Sein Vetter sei im Öffentlichen Dienst gut vernetzt und habe sich durch seinen Beruf auch bei Gericht „einen Vertrauensbonus erarbeitet“. Denn bis zur ersten Gerichtsverhandlung sei es immer nur um die Nutzung des Kellers gegangen, nicht ums Eigentum. Erst in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Brilon sei das Eigentum beansprucht worden - „bewusst wahrheitswidrig und somit prozessbetrügerisch“.
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Daraufhin hatte der 55-Jährige seinen Cousin angezeigt. Doch die Staatsanwaltschaft Arnsberg stellte das Ermittlungsverfahren ein: „Der Aufklärungsaufwand und die weitreichenden Ermittlungsmaßnahmen stünden - insbesondere auf Grund des bislang straffreien Vorlebens des Beschuldigten - nicht im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe.“
Allenfalls ein „einmaliges Fehlverhalten“
„Allenfalls“, so heißt es in dem Einstellungsbescheid, habe es sich „um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt“. Da damit, so der 55-Jährige und sein Anwalt, bisher „eine strafrechtliche Würdigung“ der Vorwürfe „nicht stattgefunden“ habe, sei die Restitutionsklage zulässig.
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Und was sagt der Prozessgegner? Sein Cousin, so meint er gegenüber der WP, habe wohl ein Problem damit, die Urteile zu verstehen und zu akzeptieren.