Marsberg. Satire oder Bloßstellung des SPD-Kandidaten? Ein fiktiver Bürgermeisterkandidat sorgt für Streit in Marsberg. Das sagt Initiator Florian Vellmer.

Der Wahlkampf in Marsberg ist in vollem Gange – und einige Wochen mischt ein Satiriker aus Erlinghausen via Social Media mit, dessen Postings SPD-Mitglieder massiv stören, den parteilosen Bürgermeisterkandidaten Rüdiger Nentwig aufs Korn nehmen und für heiße Diskussionen und gespaltene Meinungen im Stadtgebiet sorgen. Über allem steht die Frage: Ist das noch Satire? Oder eine politisch motivierte Schmutzkampagne, wie die SPD mutmaßt.

Alles beginnt mit einer Streiterei

derkandidat_mrsbg nennt sich der Account, der bei Instagram mittlerweile über 200 Abonnenten hat und in mehreren Beiträgen die Wahlkampf-Kampagne von Rüdiger Nentwig karikiert. Dahinter steckt Florian Vellmer – 25 Jahre alt, ehemaliges Mitglied des Elferrates im Marsberger Karneval und aktiv bei der Feuerwehr.

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„Alles hat mit einer Streiterei der SPD und CDU begonnen. Die Parteien haben sich bei Facebook darum gestritten, wer zuerst auf die Idee gekommen ist, sein Auto mit einem Bild der Kandidaten zu bekleben.“ Er habe an diesem Abend mit Freunden zusammengesessen. „Wir haben uns köstlich amüsiert“, sagt er. Dann sei die Idee entstanden, einen satirischen Kandidaten zu erschaffen. „Ich dachte mir, das kann doch nicht wahr sein. Ich wollte darauf aufmerksam machen, wie abstrus der Wahlkampf hier in Marsberg läuft.“

Post von SPD-Vorsitz geht viral

Also beginnt Florian Vellmer, Wahlkampfbilder von Rüdiger Nentwig nachzustellen. Rüdiger Nentwig zeigt sich mit Bauhelm neben einer Kabeltrommel und lobt die Vereine. Florian Vellmer zieht eine Rührschüssel auf und schreibt dazu: „Auch ich habe Angst, dass mir im Freien etwas auf den Kopf fällt.“

Vorerst bekommt er wenig Aufmerksamkeit. Bis Peter Prümper, SPD-Fraktionsvorsitzender in Marsberg und selbst schon einmal als Bürgermeisterkandidat angetreten, den Fall via Facebook zum Diskussionsstoff macht. „Unter dem Pseudonym „Der Kandidat“ postet ein Freund der CDU und ihres Bürgermeisterkandidaten seit rund 10 Tagen bei Instagram und seit dem vergangenen Wochenende auch auf Facebook unter dem Deckmantel der Satire eine „Wahlkampagne“.“

Angeblich nicht politisch aktiv

„Herr Prümper wirft mir vor, Wahlkampf unter dem Deckmantel der Satire zu betreiben. Das stimmt nicht, vielmehr posten Politiker Kinderkram unter dem Deckmantel der Politik“, hält Florian Vellmer dagegen. Gleichzeitig distanziert er sich von einer Wahlkampagne, wie Peter Prümper sie ihm vorwirft.

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„Ich bin kein CDU-Mitglied, bin nicht politisch aktiv und abonniere sowohl CDU-Seiten als auch SPD-Seiten“, sagt Florian Vellmer. Rüdiger Nentwig habe schlicht die besseren Vorlagen geliefert. Von Florian Vellmer geteilte CDU-Beiträge, die sich bis vor kurzem noch auf seiner Seite finden, sind mittlerweile gelöscht. Weil die Beiträge nicht mehr existieren würden, gibt Florian Vellmer an.

Satire dürfe viel - aber nicht alles

Satire dürfe viel und im Wahlkampf gehe es nicht um Befindlichkeiten, postet Peter Prümper. Selbst die Idee eines fiktiven Kandidaten finde er nicht schlecht. Allerdings nur, wenn sich die „Kampagne“ nicht nur auf eine der Parteien konzentrieren würde. Am Telefon will Peter Prümper eigentlich nicht mehr viel zu seinem Posting sagen, das im Netz und in verschiedenen Facebook-Gruppen viral gegangen und tagelang Stadtgespräch ist.

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Dann ist ihm aber doch eine Botschaft wichtig. „Ich war selbst zweimal im Wahlkampf als Kandidat und so im Licht der Öffentlichkeit zu stehen, kann einen dünnhäutiger machen. Über Tage in verschiedenen Posts lächerlich gemacht zu werden, ist belastend für einen Kandidaten. Und für seine Familie.“ Rüdiger Nentwig schweigt dazu. Er möchte sich auf WP-Anfrage nicht zu diesem Thema äußern.

Peter Prümper nimmt allerdings nicht nur Florian Vellmer ins Visier. Ihn stört, dass die CDU und auch ihr Kandidat, Thomas Schröder, einige Gefällt-Mir-Angaben unter den Posts dalassen. Es zeuge von schlechtem politischen Stil, dass die vermeintlich begünstigte Partei sich nicht distanziere, sondern sich mit verschiedenen Gefällt-Mir-Angaben diese Kampagne zu eigen mache.

Finales Video geht online

Thomas Schröder, Bürgermeisterkandidat der CDU Marsberg, widerspricht Peter Prümper. „Der junge Mann hat nichts mit mir zu tun. Wir sind keine Freunde und es ärgert mich, was Peter Prümper mir unterstellt hat.“ Die einzigen Verbindungen zu „Dem Kandidaten“ hätte er durch denselben Wohnort. „Ich habe seine Beiträge geliket, weil ich schmunzeln musste. Weil ich es prinzipiell gut finde, dass mal ein bisschen Pep in den Wahlkampf kommt. Ich finde es lustig – solange es nicht ins Persönliche geht.“ Gott sei dank sei die Aktion nun beendet, sagt er noch.

Damit spielt er auf ein Video an, das Florian Vellmer erst vor kurzem bei Youtube hochgeladen hat und in dem er das Ende seiner Kampagne bekannt gibt. In dem Video verteidigt sich Florian Vellmer. Er habe nie jemanden persönlich beleidigen wollen. Er habe Satire betrieben. Habe eine Botschaft vermitteln wollen. Florian Vellmer hört mitten im Wahlkampf auf. „Satire ist auch immer Provokation. Und ich denke, die höchste Eskalationsstufe ist schon erreicht.“

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