Hochsauerlandkreis/Brilon. Bei der Caritas Brilon wird der staatliche Pflegbonus, die Corona-Prämie, ausgezahlt. Es gibt Freude über die Anerkennung – und scharfe Kritik.
Mitte Mai wurde die sogenannte „Corona-Prämie“ erst in Berlin, dann auch in NRWs Landeshauptstadt Düsseldorf beschlossen. Der von Bund und Land getragene „Pflegebonus“ wird jetzt über die Juli-Gehaltsabrechnung ausgezahlt. Bei der Caritas Brilon bekommen von den 1.150 Mitarbeitenden der Dienstgemeinschaft exakt 401 Mitarbeitende in der Altenhilfe die Sonderzahlung in einer Höhe von insgesamt 288.470 Euro.
„Natürlich freuen wir uns für die Pflegekräfte, die Großartiges in der Krise geleistet haben und weiter leisten werden und die das nun buchstäblich honoriert bekommen“, sagt Heinz-Georg Eirund, Vorstand des Caritasverbandes Brilon. Es ist eine gute Geste, die gesehen wird, die jedoch mit einem großen „Aber“ von der Caritas-Seite kommentiert wird: „Aber langfristig benötigen wir etwas Nachhaltigeres, um die Alten- und Krankenpflege zu stärken“, fordert Vorstand Eirund: „Darüber hinaus gibt es noch andere Bereiche im Gesundheitssystem, die gesehen und wertgeschätzt werden müssen.“
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Caritas fordert Strukturreformen im System
Es geht um grundlegendere Strukturreformen im System: Es werden mehr Pflegekräfte gebraucht, die refinanziert werden. „Mitarbeitende müssen entlastet werden“, sagt Eirund. Es brauche mehr Personal- und auch Zeitressourcen für den pflegenden, helfenden, begleitenden Dienst am Nächsten. Zu den nötigen Verbesserungen zähle auch die Verschlankung der Dokumentation auf das Wesentliche und eine Würdigung von innovationswilligen Trägern auch in Form von langfristigen und damit nachhaltigen Förderungen. Es sind Forderungen, die bereits vor der Pandemie formuliert wurden.
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So viel verdient man in der Pflege
Jetzt in der Corona-Krise, in der zumindest zeitweise die Systemrelevanz der ambulanten wie stationären Altenpflege im öffentlichen Fokus stand, keimt die Hoffnung auf Veränderungen im Gesundheitssystem. Dazu gehört auch ein angemessener und gesetzlich bindender Tarif-Lohn auch für private Anbieter, sagt Eirund. Bei der Caritas werde nach Tarif bezahlt. Beispielsweise erhalten Auszubildende zur Pflegefachfrau / zum Pflegefachmann bei der Caritas in den drei Lehrjahren jeweils 1.140 Euro, 1.202 Euro und zuletzt 1.303 Euro plus Weihnachts- und Urlaubsgeld. Der Berufseinstieg wird mit 2.830 Euro vergütet. Die Vorgabe tariflicher Rahmenbedingungen inklusive staatlicher Kontrollen würde mehr Qualität für die Pflegebranche bringen. Gewinnmaximierung auf Kosten des Personals könnte so nicht mehr stattfinden.
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Behindertenhilfe vom Staat ignoriert
Die Corona-Prämie erhalten auch Auszubildende, ebenso Freiwilligendienstleistende und Fachkräfte. Die Zahlungen teilen sich Bund und Land. Bei der Caritas Brilon verteilt sich die Auszahlungsprämie von 288.470 Euro für die 401 Mitarbeitenden aus der Altenhilfe auf 192.326,60 Euro aus Bundesmitteln und 96.143,40 Euro vom Land NRW. „Leider wurden andere Bereiche nicht gesehen“, sagt Vorstand Eirund, „Beispielsweise wurde die Behindertenhilfe schlichtweg ignoriert.“ Auch in der Behindertenhilfe arbeiten Pflegefachkräfte, wie Heilerziehungspfleger und Krankenschwestern, in Wohnhäusern, Werkstätten und ambulanten Diensten tagtäglich in der Pflege, Begleitung und Förderung. „Warum bekommen diese Menschen für den gleichen Dienst am Menschen nichts“, fragt Heinz-Georg Eirund. Dabei gehe es ausdrücklich nicht um eine Neid-Debatte, sondern um Gerechtigkeit und Wertschätzung.
Cariats Brilon schenkt „vergessenen“ Mitarbeitern Los der Aktion Mensch
Bei der Caritas Brilon arbeiten insgesamt 1.150 Menschen. „Wir haben uns dazu entschlossen, der gesamten Dienstgemeinschaft eine Anerkennung zu geben“, sagt Eirund. Alle Mitarbeitenden, die keine Corona-Prämie erhalten, bekommen vom Caritasverband ein Jahreslos der Aktion Mensch geschenkt. „Wir wollen damit zumindest ein kleines Zeichen der Wertschätzung setzen, das zeigen soll: Wir sehen euch und euer Engagement und eure Arbeit“, betont Eirund. Zuletzt bleibt der Wunsch nach einer langfristigen Wertschätzung und Würdigung aller Engagierten in den Gesundheits- und Pflegeberufen.
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Das ist die Corona-Prämie
Alle Beschäftigten in der Altenpflege, die während der Krise hauptsächlich in der direkten Pflege und Betreuung arbeiten, können den Pflegebonus von bis zu 1.500 Euro erhalten. Berechtigt sind insbesondere Pflegefach- und Pflegehilfskräfte, Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter, Betreuungskräfte, Assistenzkräfte und Präsenzkräfte, Beschäftigte in der hauswirtschaftlichen Versorgung und verantwortliche Pflegefachkräfte. Die Prämie wird nach der Beschäftigungsart und dem Umfang prozentual berechnet. So werden auch Beschäftigte in der Verwaltung, der Haustechnik, der Küche, der Gebäudereinigung und beim Empfangsdienst, in der Garten- und Geländepflege oder der Wäscherei berücksichtigt.
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