Hochsauerlandkreis/Brilon. Die Chefin der Agentur für Arbeit Meschede-Soest, Tanja Schubert, im Exklusivinterview über Corona und die Folgen in einzelnen Kommunen im HSK.

Die -Krise hat auch den Arbeitsmarkt im HSK durchgerüttelt. Die Chefin der Agentur für Arbeit Meschede-Soest, Tanja Schubert, über die aktuelle Lage und Zukunftsaussichten für die Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis.

Die Anzeigen für Kurzarbeit waren in den ersten Monaten der Corona-Krise im HSK auf Rekordniveau. Die Hälfte der Arbeitnehmer war betroffen. Wie ist die Lage jetzt?

Tanja Schubert: Insgesamt sind während März bis Juni rund 55.000 Personen in Anzeigen zu Kurzarbeit gemeldet worden. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag im Dezember 2019 bei 108.378 Beschäftigten. Mit Stand Juni sind also weiterhin rund die Hälfte aller Arbeitnehmer im Kreis betroffen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob diese angemeldete Kurzarbeit auch vollumfänglich realisiert wurde. Zahlen zur tatsächlich realisierten Kurzarbeit sind erst ab Anfang August verfügbar, und dann zunächst auf Agenturebene. Erst Anfang September sind die Kreisergebnisse zu erwarten.

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Welche Branchen leiden im HSK besonders unter Corona?

In den von der Corona-Pandemie geprägten Monaten März bis Mai 2020 sind für den Hochsauerlandkreis insgesamt 3.102 Anzeigen zu Kurzarbeit eingegangen.

Zur Person

Tanja Schubert ist 44 Jahre alt und stammt gebürtig aus dem Hochsauerlandkreis.

Beschäftigt ist sie bei der Agentur für Arbeit seit dem Jahr 1994.

Die Position als Geschäftsführerin operativ der Agentur für Arbeit Meschede-Soest hat sie seit dem 1. Januar 2020 inne.

Nach Branchenbetrachtet, sind verarbeitendes Gewerbe, Handel und auch das Gastgewerbe von der angezeigten Kurzarbeit am stärksten betroffen. Allein diese drei Branchen bestreiten über die Hälfte (56,4 Prozent) aller Kurzarbeit-Anzeigen.

Hallenberg, Medebach und Winterberg besonders hart getroffen

Gibt es Kommunen im HSK, die in der Krise aufgrund der Arbeitsmarktsituation stärker betroffenen sind als andere?

In absoluten Zahlen weist die Stadt Arnsberg die meisten in Kurzarbeit gemeldeten Personen auf. Fast ein Drittel aller in Kurzarbeit gemeldeten Personen sind in der Stadt Arnsberg zu verzeichnen. Ein Vergleich mit den in den Gemeinden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – Stand September 2019 – zeigt allerdings, dass vor allem Hallenberg, Medebach und Winterberg besonders betroffen sind. In diesen drei Städten sind jeweils mehr als 75 Prozent der Beschäftigten in Anzeigen zu Kurzarbeit gemeldet.

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Gibt es auch Branchen, die von Corona profitiert haben?

Im Augenblick können wir das noch nicht ganz einschätzen, denn die aktuellsten Zahlen der versicherungspflichtig Beschäftigten sind von Dezember 2019, also vor Corona. Systemrelevante Bereiche wie z.B. der Verkauf von Lebensmitteln, haben sich in dieser Zeit als besonders wichtig herauskristallisiert, ob die Branche aber tatsächlich auch langfristig profitiert hat, bleibt abzuwarten.

Welche Arbeitssektoren werden sich am ehesten von der Corona-Krise erholen?

Grundsätzlich hat sich die heimische Wirtschaft als robust erwiesen. Die Situation ist unter den gegebenen Bedingungen noch stabil. Allein die Tatsache, dass weiterhin Fachkräfte und Nachwuchs gesucht werden, zeigt die Entschlossenheit des Arbeitsmarktes. Möglicherweise sind in den kommenden Monaten anhand der realisierten Kurzarbeit die Unterschiede in den verschiedenen Branchen ablesbar. Zuvor bleibt aber die Pandemie-Entwicklung abzuwarten.

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Krise noch unter dem Niveau der Finanzkrise

Wie stabil zeigt sich der regionale Arbeitsmarkt in dieser historischen Krise insgesamt?

Die hohe Zahl der Anzeigen auf Kurzarbeit zeigt deutlich, dass die Arbeitgeber ihre Arbeitskräftehalten wollen, das ist ein sehr gutes Zeichen. An einigen Stellen ist es aber auch schon zu Entlassungen gekommen. Die Arbeitslosigkeit ist in den vergangenen Monaten angestiegen. Das verarbeitende Gewerbe spielt im HSK eine wichtige Rolle, daher bleibt es spannend wie sich dieser Bereich entwickeln wird. In der langfristigen Betrachtung zeigt sich, dass die Corona-Pandemie zwar Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit hat, aber im Vergleich noch unter dem Niveau der Finanzkrise 2009 bleibt.

Wie stark trifft Corona Jugendliche, die jetzt eine Ausbildungsstelle suchen?

Die Ausbildungsaussichten für Interessierte sind im HSK nach wie vor sehr gut. Der Kreisverzeichnet schon seit 2017 einen Stellenüberhang, Die Schere geht in diesem Jahr nochmalsweiter auseinander. Rechnerisch stehen einem/r Bewerber/in 1,3 Ausbildungsstellen gegenüber. Die Arbeitgeber setzen schon seit geraumer Zeit auf den Nachwuchs, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Auch dies hat im Rahmen von Corona nicht nachgelassen.

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Gibt es einen „Corona-Effekt“ bei der Ausbildungssuche, also steigt die Nachfrage für Lehrstellen in systemrelevanten Berufen wie Kranken- und Altenpflege?

Analog zu der Entwicklung der Bewerberzahlen geht auch die Zahl der Ausbildungsinteressierten in den systemrelevanten Berufsbereichen Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung zurück. Eine Veränderung ist hier also bisher nicht erkennbar. Grundsätzlich lassen sich im Juni auch durch Corona keine neuen Trends bei der Berufswahlerkennen. Die Top 10 nach Berufen sind nahezu unverändert und werden -wie im vergangenen Jahr – angeführt vom Industrie- und Bürokaufmann/frau, gefolgt vom Verkäufer/in und dem Kfz.-Mechatroniker/in PKW-Technik.