Brilon. Das Briloner Krankenhaus kommt wieder auf Kurs. Am Dienstag legte die Geschäftsführung Belegschaft und Aufsichtsrat einen Statusbericht vor
Das Maria Hilf-Krankenhaus ist auf dem Wege der Besserung. Nach dem desaströsen Jahresergebnis 2018 mit seinem Defizit von 3,789 Millionen Euro und Auge in Auge mit der drohenden Insolvenz Anfang 2019 scheint das Krankenhaus die Kurve gekriegt zu haben. Die Zahlen sprechen für sich: Statt des vom Sanierungsgutachter prognostizierten Defizits von 129.000 Euro steht für das vergangene Jahr ein Überschuss von 337.000 Euro in den Büchern. Am Dienstagmittag stellte Geschäftsführer René Thiemann den Mitarbeitern den Lagebericht vor. Nach dem Krisenjahr, so sein Eindruck, „haben alle wieder Bock auf die Zukunft“.
Im April vergangenen Jahres zog die Stadt als Träger des Krankenhauses und wechselte die Geschäftsführung aus. Ohne eine Strategie-Änderung, so René Thiemann, wäre das Krankenhaus aus der Abwärtsspirale von „ungebremsten Kostensteigerungen“ im Personalbereich auf der einen und den nicht ausreichenden Erlösen nicht herausgekommen. Ein Jahresfehlbetrag von rund 2,4 Millionen Euro habe damals für 2019 im Raum gestanden.
Strategische Entscheidungen
Die Neubesetzung der Chefarztstelle der Viszeral-Chirurgie (Nachfolge von Dr. Ralf Kirchner) steht unmittelbar bevor.
Dr. UIrich Schmidt, Chefarzt der Unfall-Chirurgie, hat seine Tätigkeit noch einmal bis Frühjahr 2021 verlängert, um die Nachfolge adäquat zu klären.
Das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe baut seine Kapazität um je 25 Plätze für die Pflegefachberufe und Pflege-Assistenten aus.
Neben den strukturell schlechten Rahmenbedingungen für kleinere Krankenhäuser hätten am Schönschede „hohe Einmalkosten für Restrukturierungsmaßnahmen und Beratungsleistungen“ das erste Quartal des Jahres belastet - Vorwürfe und Fehlentwicklungen, auf die schon frühzeitig als erste Rats- und Gremienvertreter der Briloner Bürgerliste und der FDP hingewiesen hatten.
Solidarbeitrag von Stadt und Belegschaft als Initialzündung
Die Sanierung hat der Stadt als Träger und der Belegschaft einiges abverlangt. Viele, aber bei weitem nicht alle der damals 420 Mitarbeiter folgten dem Appell, einmalig auf 3,9 Prozent eines Brutto-Jahresgehalts zu verzichten. Die Stadt ihrerseits wollte den gleichen Betrag als Betriebskostenzuschuss beisteuern. Insgesamt, so René Thiemann, hätten „Einmaleffekte“ in Höhe von 2,1 Millionen Euro zur Stabilisierung der Lage beigetragen. Hinzu kam mehr als eine viertel Million Euro von der Versicherung, die Regressforderungen aus den völlig daneben gegangenen Bemühungen der früheren Geschäftsführung resultierten, die Gynäkologie im Haus selbst und über ein Medizinisches Versorgungszentrum auszubauen.
Und auch bei den in 2018 um 10,1 Prozent auf 22,48 Millionen Euro gestiegenen Personalkosten zog René Thiemann die Notbremse. Stand Ende 2019: 21,55 Millionen Euro.
Bis Ende April diesen Jahres war das Personal um 25 Vollkräfte auf aktuell 452 Beschäftigte abgebaut. Damals haben hochqualifizierte Mitarbeiter das Maria Hilf verlassen, es gab von anderen Häusern der Region massive Abwerbungsaktionen. Mittlerweile, so Personalleiter Ludger Weber, seien einige bereits wieder zurückgekehrt und weitere hätten wegen einer Wiederbeschäftigung vorgesprochen.
Um 1,56 Millionen Euro wurden die Sachaufwendungen gesenkt. Die Belegung war - u.a. wegen der umfangreichen Umbauarbeiten - von 9409 auf 8782 Fälle gesunken. Die Corona-Krise, so René Thiemann, habe die Wirtschafts- und Finanzplanung für das laufende Jahr verändert; viele Fragen seien noch offen.
Dr. Bartsch: „Auf dem richtigen Weg“
Dienstagabend gab René Thiemann im Aufsichtsrat einen Lagebericht. Dessen Vorsitzender, Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, bezeichnete gegenüber der WP den Jahresabschluss 2019 als „ein sehr gutes Ergebnis, vor allem vor dem Hintergrund der schwierigen Situation im Jahr 2018 und zu Beginn des Jahres 2019.“. Gemeinsam mit dem neuen Geschäftsführer sei man „auf dem richtigen Weg“. Dr. Bartsch: „Die positive Tendenz werden wir weiterhin nur fortsetzen können, indem alle Beteiligten an einem Strang ziehen und sich dabei ganz der Sache widmen.“
Brilon „traut man einiges zu“
Wie berichtet, hat der Rat im Frühjahr dem Krankenhaus für dieses und die beiden kommenden Jahre einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von jeweils 1,2 Millionen Euro zugesagt und für die beiden Folgejahre von jeweils 700.000 Euro. Zudem kann das Krankenhaus das Ende vergangenen Jahres gewährte Investitionsdarlehen über acht Millionen Euro nicht nur für bauliche, sondern jegliche strukturelle Investitionen verwenden, wie zum Beispiel für den jüngsten Erwerb der beiden Briloner Praxen von Michael Certa (†) und Ralf Certa als MVZ.
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Mit Blick auf die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum strebt René Thieman fachliche Kooperationen mit anderen Häusern an: „Nicht jeder muss alles machen. Sonst haben alle am Ende des Tages ein Problem.“ Brilon habe gute Chancen, dabei die führende Rolle im östlichen HSK einzunehmen. Aus Gesprächen mit Landes- und Bezirksregierung habe er den Eindruck: „Uns traut man einiges zu.“