Bigge. Der Abriss der Grundschule stößt auf Unmut. Im Ausschuss entbrennt eine hartnäckige Diskussion. Was jetzt mit der OGS in Bigge passieren soll.
Bürgerinnen und Bürger sorgen sich um den Bildungs- und Betreuungsstandort Bigge. Und darum, wo ihre Kinder in Zukunft betreut werden können. Das ist gestern im Olsberger Ausschuss für Bildung, Sport und Freizeit noch einmal deutlicher geworden, nachdem schon während der vergangenen Ratssitzungen demonstriert wurde. Über eine Stunde diskutieren die Ausschussmitglieder jetzt über das Problem der OGS Bigge, nachdem eine Ratsentscheidung Anfang des Jahres schon vertagt worden war. Eine Lösung kann nicht so schnell gefunden werden.
Das Problem
Die Elisabeth-Klinik in Bigge möchte den OP-Trakt erweitern. Dazu soll eine Teilfläche der St. Martin-Grundschule verkauft werden, auf der derzeit ein Gebäude steht, das die Musikschule, die Heimatbücherei aber auch Betreuungsräume des Heimatbundes enthält. Zwar sei für die Musikschule und die Bücherei gesorgt, allerdings fallen bei einem Abriss des Gebäudes, wie es geplant ist, 61 Quadratmeter für das Betreuungsangebot von 8 bis 13 Uhr weg. Sie sollen in den ursprünglichen Sonderförderraum in eines der Haupthäuser der Grundschule wandern.
Das sagen...
… die Gegner
Matthias Maluck, der sich für die Bürgerinitiative „Bigge AKtiv“ einsetzt, zeigt in seiner Power Point Präsentation noch einmal, was gegen diese Lösung sprechen würde. „Die Lautstärke in der Betreuung liegt bei 90 Dezibel - das kommt einem Kammerorchester nahe.“ Der Lärm würde die lernenden Kinder im Unterricht stören.
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Der derzeitige Betreuungsraum in der Bildungswerkstatt besitze außerdem eine Küchenzeile mit Lagerraum und der Weg zum Spielen im Freien sei viel kürzer, die Kinder müssten nicht an den Klassenräumen vorbei. Zudem weist Maluck darauf hin, dass die OGS-Betreuungsquote schon in den letzten Jahren massiv gestiegen sei. Im Schuljahr 17/18 lag diese bei 18 Prozent, jetzt sind es 30 Prozent. Er errechnet, dass 2025 rund 50 Prozent der Schüler betreut werden sollen. „Und das ist eine konservative Rechnung. Mit 400 Quadratmeter Raumbedarf Minimum muss man für die Betreuung dann rechnen, wenn wir uns weiterhin als qualitativen Betreuungsstandort für junge Familien präsentieren möchten. Wenn wir genau schauen, haben wir 600 Quadratmeter in dem Gebäude, das abgerissen werden soll“, erklärt er abschließend mit ruhigem und sachlichem Ton.
… die Schulleitung
Die Schulleitung zeigt sich in einer Stellungnahme, die in den Ausschussvorlagen beiliegt, wenig begeistert von der angepeilten Lösung, die Betreuung in das Obergeschoss zu den Klassenräumen zu verlegen. Während der Betreuungszeit würde der reguläre Schulunterricht in den benachbarten Klassenräumen erheblich beeinträchtigt – nicht zuletzt wegen des Lärms.
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Zudem reiche die Quadratmeterzahl nicht aus. In einem Gespräch mit der Schulrätin habe diese zumindest eine Lösung für das Lärmproblem vorgeschlagen: „Eine Schulordnung mit entsprechenden Regeln könnte diesbezüglich hilfreich sein. Manche Schulen verfügen über sog. Lärmampeln, um den Geräuschpegel in einem angemessenen Rahmen zu halten. Hier wäre im Wesentlichen das eingesetzte Personal der Betreuung in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften gehalten, für einen angemessenen Lärmpegel zu sorgen.“
… die Verwaltung
In der Ausschussvorlage zeigt sich die Verwaltung verärgert über den Positionswechsel der Schulleitung: „Zusammengefasst muss festgestellt werden, dass die Schulleitung nicht mehr an den Aussagender ersten Stellungnahme festhält. Die Kernaussage und eigentliche Lösung, nämlich ein Umzug der Betreuung aus der Bildungswerkstatt in den Raum 1.15, scheint nunmehr keine Option mehr zu sein. Dabei handelte es sich um die eigenen Vorschläge der Schulleitung aus der ersten Stellungnahme vom 25.01.2020“, heißt es in der Vorlage.
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Der Gegenvorschlag: „Der Raum 1.15 1. OG wird nicht für die Betreuung genutzt sondern wieder ein normaler Klassenraum. Die Klasse, die bislang den Raum 0.25 (80 m² + Nebenraum) im Erdgeschoss genutzt hat, zieht in Raum 1.15. Die Betreuung zieht in den Raum 0.25 und hat mit dem Nebenraumeine Fläche von rd. 93 m². Die Toilettenanlagen sind in unmittelbarer Nähe und der Schulhof kann von der Klasse aus eingesehen werden.“
Die Diskussion
Es helfe nicht, jeden einzelnen Quadratmeter zu diskutieren. Würde man dies dennoch tun, sei es immer einer zu wenig. So drückt sich Elisabeth Nieder von der Verwaltung aus. Bürgermeister Wolfgang Fischer ergänzt: „Wir müssen erstmal eruieren, was wir brauchen – gemeinsam mit den Leitungen und auch mit der Schulrätin. Sollte dann herauskommen, das man etwas aufbauen muss, dann ist die Politik bereit, Geld in die Hand zu nehmen.“ Trotzdem häufen sich die Stimmen im Ausschuss, die sich gegen einen Verkauf und Abriss äußern. „Wieso streben wir eine so endgültige Lösung an, bevor wir prüfen, ob wir das Gebäude noch benötigen?“
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„Warum keine Entscheidung nachdem wir das gründlich besprochen haben?“ „Grundschulen sind die am meisten unterschätzen Schulen für die Entwicklung unserer Kinder – wir brauchen Raum, in denen sie richtig gefördert und gefordert werden.“ Vereinzelt bekommen diese Stimmen Applaus. Manche Ausschussmitglieder weisen aber auch darauf hin, dass man die Klinik nicht aus dem Auge verlieren dürfe.
Schlusswort
Bürgermeister Wolfgang Fischer, der sich während der Diskussion zurückhält, ergreift das Wort und beendet diese auch damit. „Danke für die gute und sachliche Diskussion. Wir müssen als Verwaltung und Politik eine Lösung finden – und ich bin sicher, dass die Verwaltung lernfähig ist. Einfach das Gebäude zu verkaufen und abzureißen kann nicht der richtige Weg sein. Wir werden, wenn der Ausschuss das so möchte, gemeinsam mit der OGS, der Betreuung, den Schulleitungen und der Schulrätin ein Konzept erarbeiten. Allerdings wird das nicht in einer Woche machbar sein.“ Damit spielt der Bürgermeister auf die Ratssitzung in einer Woche an, in deren nichtöffentlichem Teil ein Angebot eines Investors diskutiert werden soll. „Die Politik wird dahin intensiv in ihren Fraktionen beraten“, verspricht Wolfgang Fischer und setzt hinzu: „Unser Schulstandort ist nicht gefährdet – nur optimierungsbedürftig.“ Der Ausschuss entscheidet sich zuletzt für eine Empfehlung an den Rat, ein nachhaltiges Konzept auszuarbeiten, das ein Miteinander von Betreuung und Schulbetrieb in einen pädagogisch wertvollen Kontext setzen soll.
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