Siedlinghausen. Warum gibt es im Sauerland so viele Dörfer mit -inghausen am Ende? Wie Orts- und Hausnamen Geschichte erzählen – am Beispiel von Siedlinghausen.

„Gute Lage direkt am Fluss mit Platz für die große Familie.“ So ähnlich würde es vermutlich klingen, wenn ein Immobilienmakler unserer Zeit die Örtlichkeit anpriese. Ganz ohne Makler fanden vor vermutlich über 1000 Jahren Siedler in die Gegend des heutigen Siedlinghausen. Vermutlich. Denn genau weiß man es mangels Quellen nicht. Die urkundliche Ersterwähnung erfolgte erst 1314.

Doch Heimatforscher ziehen ihre Schlüsse: „In der Urkunde steht, dass der Ort Eisenwaren an das Kloster Meschede liefern musste“, berichtet Franz Mickus, früher Ortsheimatpfleger. „Das lässt vermuten, dass der Ort nicht erst kurz vorher gegründet wurde.“ Beweise dafür, ist er sich sicher, schlummern irgendwo im Boden. Ähnlich wie bei der nicht weit entfernten Wüstung Renninghausen, deren Reste 2008 entdeckt wurden.

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Die ersten Siedler wählten die Gegend wohl wegen der verlässlichen Wasserversorgung durch die Flussnähe und weil es genug einigermaßen flaches Terrain gab, um Haus und Hof zu errichten. Der ranghöchste Mann der Sippe gab der neuen Siedlung seinen Namen.

Sippenchef bestimmte Ortsnamen

Nicht überall ist das heute noch gut nachzuvollziehen, weil sich Namen über die Jahrhunderte abgeschliffen und verändert haben. „Siedlinghausen beispielsweise hieß früher einmal Sedelinghusen“, berichtet Mickus. „Aber welcher Eigenname ursprünglich dahinterstand, weiß man nicht.“

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Vermuten können Heimatforscher, dass beispielsweise ein gewisser Asso zum Namensgeber Assinghausens wurde und es am Ursprung von Elkeringhausen einen Elko gegeben haben könnte. Denn –ing ist ein althochdeutsch-germanischer Zusatz, der etwas als dem vorangehenden Wort zugehörig kennzeichnet. Nach dieser Logik wäre also Assinghausen gleich Assos Haus oder noch wörtlicher „Asso sein Haus“. Rings um die Chefs baute der Rest der Sippe seine Häuser und Hütten.

Dass so viele Dörfer mit -inghausen am Ende entstanden – nicht nur im Sauerland – dahinter vermuten Heimatforscher wie Franz Mickus eine größere Einwanderungswelle sächsischer Clans im 7. und 8. Jahrhundert.

Weitverbreitete Endung

Das Affix -ing, angehängt an einen Namen, zeigte ursprünglich an, dass der genannten Person etwas gehörte – in diesem Fall zum Beispiel ein Haus oder Siedlungsplatz.

Auf dieselbe Weise – aber mit anderen Suffixen als -hausen – entstanden deutschlandweit viele Ortsnamen. Dazu gehören Göttingen, aber auch viele Orte mit der Endung -in gerode. Das -rode weist auf eine Rodungsfläche hin.

Er glaubt auch, dass der Ort, an dem das allererste Haus auf dem Gebiet des heutigen Siedlinghausen stand, identifiziert wurde. Es dürfte die Stelle sein, an der heute das Hotel Engel steht: Briloner Straße, Ecke „Im Schling“. Im Ort bekannt ist auch noch der Hausname Schniederjost – so hieß ein Vorgängerbau an selber Stelle.

Wo die Wäsche zum Bleichen lag

Hausnamen übernahmen jahrhundertelang eine wichtige Orientierungsfunktion und sind teilweise heute noch im Ort bekannt. Bei manchen ist die Herkunft einfach zu erraten, wie bei „Kramers“ oder „Kaufmanns“. Für andere braucht man etwas historisches Wissen, wie bei „Schultes“, wo die Namensgeber Beamte einer Herrschaft waren und in deren Auftrag Abgaben kassierten. Andere wiederum haben ihre Wurzel im Sauerländischen.

Das Haus „Linkempers“ zum Beispiel entstand an dem Platz (Kamp), an dem zuvor Wäsche (Linnen) zum Bleichen ausgebreitet wurde. Die frühere Nutzung des Grundstücks wurde im Hausnamen verewigt. Und wie bei den anderen Hausnamen galt: Wer in dem Haus wohnte, war eben ein „Linkempers“ – selbst wenn er oder sie in Wirklichkeit ganz anders hieß.

Um die Jahrtausendwende machte sich Mickus, damals Ortsheimatpfleger, daran, die ersten Schilder mit den historischen Hausnamen im Ort anzubringen. Damals hatte er sich Gerhard Schumachers Buch „Geschichte des Dorfes Siedlinghausen“ zu Gemüte geführt und war mit seinem Plan sowohl bei den Hausbesitzern als auch im Rathaus auf offene Ohren gestoßen.

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Rund ein Dutzend der damals für 250 D-Mark mithilfe der Stadt beschafften Schilder bringen heute Einheimischen und Besuchern einen kleinen Teil der Geschichte des Ortes näher. Dank der vielen von engagierten Heimatfreunden in die Forschung investierten Stunden dürften es künftige Historiker etwas leichter haben als die heutigen.