Siedlinghausen. Museumsteam geht mit der Zeit und stellt für Gäste, die auf eigene Faust die Exponate erkunden, umfangreiche Audio- und Videodateien zusammen.
„Die Leute brachten dauernd Sachen“, erinnert sich Franz Mickus an seine zehn Jahre als Ortsheimatpfleger von Siedlinghausen. Bilder, alte Gerätschaften, historische Kleidung. Damals, in den Neunzigern, konnte er die Spender nur immer wieder vertrösten. „Ich sagte immer: Bald haben wir eine Verwendung dafür.“
Im Jahr 2000 wurden dann die Siedlinghauser Heimatstuben eingerichtet, in der ehemaligen Wohnung der Nonnen, die zuvor im Ort sozial engagiert gewesen waren. Seitdem ist Mickus zusammen mit anderen ins Projekt eingebunden – und er tut viel dafür, dass die Heimatstuben nicht einfach als nostalgisches Sammelsurium vor sich hin schlummern, sondern mit der Zeit gehen.
Der jüngste Streich: tragbare Audioguides, wie man sie aus größeren Museen kennt. Besucher, die statt mit einer Führung lieber allein die Räume erforschen wollen – „und das sind viele“ – bekommen ein kleines, würfelförmiges Abspielgerät, das sie sich an einem Band um den Hals hängen können. Hinein kommt ein USB-Stick, auf dem nummerierte Audiodateien gespeichert sind. Finden die Besucher auf einem Exponat den dazugehörigen Aufkleber mit Audio-Symbol, wissen sie: Zu diesem Stück gibt es eine besondere Geschichte zu hören.
Sauerländer Alltag vergangener Zeiten
Oft sind es nicht nur besondere Exponate, sondern auch solche, deren Zweck man nicht auf den ersten Blick erkennt. Oder nicht einmal auf den zweiten. Mickus nimmt ein hölzernes Etwas vom Regal. „Raten Sie mal.“ Das kegelförmige Teil mag 25 Zentimeter lang sein und ähnelt einem Korkenzieher ohne Spirale oder einer aufgesägten Matruschka ohne Innenleben. Mit Korken hat es wirklich zu tun: Allerdings kann man mit der Korkmaschine keinen Korken ziehen, sondern sie vielmehr in eine Flasche hineinstopfen.
Das Wissen zu solch ungewöhnlichen Gegenständen müsse spannend und unterhaltsam vermittelt werden. „Wir haben im Team drei sehr gute Erzähler.“ Aber dennoch wäre es schade, wenn die Besucher, die allein auf Erkundung gehen, gerade an den Exponaten mit der interessantesten Geschichte vorbeiliefen.
Texte und Dateien über Jahre gesammelt
Die erklärenden Texte, Audiodateien und Videos hat Mickus über Jahre zusammengetragen, teilweise auch selbst eingesprochen. Vor einiger Zeit ergab sich die Chance, über Landesfördermittel an einen Zuschuss zu kommen. 2000 Euro bekamen die Heimatstuben, die Franz Mickus und das übrige Betreiberteam um Bernhard Wegener umgehend investierten.
Drei Laptops, ein großer Bildschirm und die Audioboxen sorgen nun dafür, dass die Perlen der Heimatstuben über Auge und Ohr im Gedächtnis der Besucher landen. Woher sonst sollte man erfahren, dass in den allerersten Waschmaschinen nicht nur Wäsche gewaschen, sondern auch Schweinefutter gekocht, Butter gekirnt und gebadet wurde?
Führungen auf Anfrage
Die Heimatstuben Siedlinghausen, Wulfhagen 1, bieten auf Anfrage Führungen an, die auch thematisch an die Wünsche der Besucher angepasst werden können. Infos bei Bernhard Wegener, Tel.: 02983-516.
Viele Infos rund um die Heimatstuben und die Sauerländer Geschichte gibt es auf www.sauerlandibus.de. Dort sind auch die Audio- und Videodateien zu finden.
Alle Dateien auch auf der Webseite zu finden
Weitere Erklärtexte beleuchten zum Beispiel die Nutzung von Wasserkraft, die Handelsgeschichte des Sauerlands mit den wandernden Kiepenkerlen, was Pottasche ist und wozu man sie braucht und wie Strom den Alltag der Menschen verändert hat.
17 Dateien gehören zu Audiobox Nummer eins, der bald weitere folgen sollen. Parallel zu diesem Angebot im Museum selbst sind sämtliche Dateien auch auf der Webseite www.sauerlandibus.de übersichtlich zusammengetragen.
Mickus pflegt die Seite intensiv, und das nicht nur für Heimatstubenbesucher. Allen Sauerländern, auch den Weggezogenen, soll Sauerlandibus (zu Deutsch: für alle Sauerländer) Infos und ein Heimatgefühl geben.
Für den Erfolg sprechen Gästebucheinträge wie der von Kirsten Pfeiffer (Wienand): „Wie ich mich freue, diese wunderbare Seite über meine alte Heimat Siedlinghausen zu finden. Ich lebe seit über 20 Jahren in Irland. Es macht viel Spaß, die Geschichten zu lesen. Vielen Dank für dieses beeindruckende Projekt!“ „Unsere Zugriffszahlen sind gar nicht schlecht“, freut sich Franz Mickus. „Letztes Jahr hatten wir über 2000 Seitenbesucher.“ Rasch ruft er das Dashboard der Seite auf. „Eine besonders beliebte Unterseite ist ,Schimpfwörter und derbe Redensarten‘.“
Der 82-jährige pensionierte Schulleiter lässt sich immer etwas Neues einfallen. „Ich möchte etwas Sinnvolles tun und das hier macht mir richtig Spaß.“ Auch um die verschiedenen Zielgruppen macht er sich Gedanken. So sind einige der Erklärtexte auf Kinder zugeschnitten, es gibt das Sensenwilli-Quiz und „wir haben sogar mal versucht, Wasser über das Modell der Mühle zu leiten. Das hat aber nicht so geklappt.“
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Was hingegen immer gut ankomme, sei das Spieleturnier „Anno Dazumal – einmal quer durch Opas Spielekiste“. Dabei können Kinder mit einer Zwille auf Dosen schießen, beim Kartoffelkullern Punkte sammeln oder einen Gummifrosch auf einen Teller katapultieren – ein Muss im „Froskebollen“-Dorf Siedlinghausen.