Schade - ein Sommer ohne Freilichtbühne! Seit mehr als 30 Jahren verfolge ich die Arbeit in Hallenberg. Und ich weiß, was auf der Bühne und hinter den Kulissen geleistet wird. Die Absage einer ganzen Theatersaison ist für alle Beteiligten mehr als der Verzicht auf Spaß am Spielen. Es trifft die Menschen bis ins Herz.

Alle, die mitmachen, opfern viel neben ihrem normalen Arbeitsalltag. Egal ob Haupt- oder Nebendarsteller, ob Vorsitzender oder Platzanweiser – jeder packt mit an, wo er kann: beim Bühnenbau, beim Kostümnähen, bei der Technik, beim Gemeinschaftsprojekt „Freilichtbühne“.

Einen Ausfall der kompletten Saison – das hat es in der fast 75-jährigen Geschichte noch nicht gegeben. Ich sehe verregnete Tage vor mir, bei denen die Spieler sich und die Kostüme in der Pause trocknen mussten und danach im Sauerländer Monsun mit voller Energie weiter spielten. Ich denke an die Passions-Premiere 2010, als sich während der Kreuzigungsszene ein Donnerwetter entlud. Aber: The show must go on. Jetzt geht die Show nicht weiter.

Das ist mehr als bedauerlich, aber zurzeit nur konsequent. Wie definiert sich Distanz in einem Zuschauerraum mit 1400 Menschen, die eng an eng sitzen, die in der Pause eine Erfrischung kaufen möchten oder die Toilette aufsuchen müssen? Drei, vier Sitze Freiraum als Sicherheitsabstand in jeder Bank? Ein Publikum, das Masken trägt? Akteure, die auf sich und den anderen aufpassen müssen, sich nicht umarmen dürfen? Das ist nicht Freilichtbühne, wie ich sie kenne und liebe.

Eine Passion im nächsten Jahr zum 75-jährigen Bestehen der Bühne - das passt. Die Leidensgeschichte Christi mit ihrer hoffnungsvollen Botschaft als Symbol dafür, dass auch der Corona-Kelch des Leidens hoffentlich bis dahin geleert ist. Vielleicht geht noch parallel ein Angebot für Kinder, die ansonsten zwei Jahre lang leer ausgehen würden, oder auch etwas mit Musik? Wäre det nich wundascheen…

Thomas Winterberg