Brilon. Ein Anwalt wird nach einer Scheidung ums Honorar geprellt. Er verklagt den Ex-Mandanten. Ein anderer Anwalt findet Argumente, warum das okay war.

Ganz so vage wie ein Secher im Lotto war die Aussicht auf eine fette Provision nicht, als der „Projekt-Entwickler“ auf einem Weihnachtsmarkt im Rheinland beim Punsch einen Rechtsanwalt kennenlernte, ins Plaudern kam, einige Wochen über Soziale Medien in Kontakt blieb und ihn dann mit seinem Scheidungsverfahren beauftragte.

Allein: Als der Mittfünfziger die Gerichts- und Anwaltskosten zahlen sollte, war’s vorbei mit der Bekanntschaft. Wegen Betrugs brummte ihm Richter Härtel vor dem Amtsgericht Brilon jetzt eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 20 Euro auf.

Mann wollte sich auf seine neue Lebensgefährtin konzentrieren

Mal waren es angeblich 1,5 Millionen Euro, die er aus der Vermittlung eines Immobiliengeschäfts im Ruhrgebiet erwartete, ein anderes Mal 2 Millionen.

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Als der Makler allerdings im Februar vergangenen Jahres die für sein Scheidungsverfahren fälligen 534 Euro zahlen sollte, musste der Anwalt die Summe vorstrecken. Er habe damals ein Sabbatjahr eingelegt und sich auf seine neue Lebensgefährtin konzentrieren wollen, gab der Angeklagte an. Deshalb habe er 2018 längere Zeit keine Einkünfte gehabt und vom Ersparten gelebt.

Verteidiger: So etwas wie eine Gefälligkeit

Das will er dem Anwalt auch so vermittelt haben. Um das Bezahlen, soll die Weihnachtsmarkt-Bekanntschaft gesagt haben, solle er sich „mal keinen Kopp machen“, das kriege man „auch so hin“. Für Verteidiger Oliver Brock war die Übernahme des Scheidungsmandats durch seinen rheinischen Standeskollegen so etwas wie ein Gefälligkeit.

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Da hatte Richter Härtel aber Bedenken: Für eine „glühende Freundschaft“ sei die Zeit zwischen dem Kennenlernen auf dem Weihnachtsmarkt und der Gerichtskostenrechnung von Anfang Februar ja „recht kurz“ gewesen.

Der Angeklagte habe einen sympathischen und vertrauenswürdigen Eindruck gemacht, sagte der betrogene Anwalt. Er habe ihm von laufenden Projekten erzählt und trotz seiner vorübergehenden Einnahmenflaute seine Zahlungsfähigkeit zugesichert. Erst im Frühsommer 2019 sei der Angeklagte damit herausgerückt, dass sich seine Projekte „anders entwickelt“ hätten. Worauf hin seine Kanzlei dem Angeklagten eine Honorarabrechnung über 958,19 Euro schickte und auch die 534 Euro vorgestreckten Gerichtskosten einforderte.

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Honorar aufgerundet

Das ignorierte der mittlerweile ins Hochsauerland gezogene Angeklagte. Wegen Betrugs kassierte der Mitt-Fünfziger Ende vergangenen Jahres einen Strafbefehl übe 90 Tagessätze zu je 30 Euro. Dagegen legte er Widerspruch ein. Am vergangenen Donnerstag überwies er dem Anwalt Honorar und Auslagen. Wobei er großzügig den offenen Betrag um 7,81 Euro auf glatte 1500 Euro aufrundete.

Richter: „Die Haltung des Angeklagten stellt Betrug dar“

Weil er zwar spät, aber immerhin, das Geld überwiesen und er bisher eine weiße Weste habe, hielt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen für ausreichend, wobei sie angesichts des derzeit klammen Angeklagten 15 Euro ansetzte. Verteidiger Brock spekulierte wegen des wiedergutgemachten Schadens auf Freispruch.

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Doch dafür, sagte Richter Härtel, sei das „Theater zu groß“ gewesen. Er wolle dem Angeklagten zwar nicht unterstellen, dass er „nicht willens“ gewesen sei, die absehbaren Gerichts- und Anwaltskosten zu tragen, aber er habe dem Anwalt eine nicht vorhandene Bonität vorgespielt. Richter Härtel: „Die Haltung des Angeklagten stellt Betrug dar.“

Zu der Geldstrafe über 1400 Euro kommen nun auch neue Gerichtskosten sowie das - diesmal hoffentlich abgesicherte - Anwaltshonorar.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.