Olsberg. Jessica Rautenberg hat ihren Traumjob: Ausbildung zur Notfallsanitäterin im Hochsauerlandkreis Sie erzählt über ihre Arbeit mit Höhen und Tiefen.

Wenn der Melder piept, ist das für Jessica Rautenberg und ihre Kollegen das Signal für einen Notfall-Einsatz. Dann heißt es schnell reagieren und zum Einsatzort rausfahren, denn meistens kommt es auf jede Sekunde an. Die 25-Jährige absolviert beim Hochsauerlandkreis eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin und ist derzeit auf der Rettungswache Olsberg stationiert.

Von dort aus begleitet sie die Einsätze mit Rettungs- oder Notarztwagen.

Neue Rettungsschule HSK

Jessica Rautenberg ist eine von 15 jungen Leuten, die zurzeit im HSK zum Notfallsanitäter ausgebildet werden. Sie sind der erste Jahrgang mit Schüler der neuen Rettungsdienstschule HSK, die im September 2019 ihre Arbeit aufgenommen hat. Hintergrund für die Einrichtung dieser Schule ist, dass im Bereich des Rettungswesens inzwischen ein großer Fachkräftemangel herrscht und der Kreis deshalb beschlossen hat, die Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen.

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Karsten Rosinke ist einer von drei Leitenden Praxisanleitern im HSK-Zentrum für Feuerschutz und Rettungswesen in Meschede-Enste, wo die Rettungsschule angesiedelt ist. Er erklärt, dass zurzeit im HSK fünf Stellen im Rettungsdienst nicht besetzt sind, also dringend Nachwuchs oder Neuzugänge gesucht werden. Ein Grund für diesen Fachkräftemangel sei, so Rosinke, dass 2015 die Ausbildung von zwei Jahren (Rettungsassistent) auf drei Jahre (Notfallsanitäter) umgestellt wurde. Die bisherigen Berufe werden nicht mehr ausgebildet, laufen also praktisch aus.

Dreijährige Ausbildung ist nötig

„Ziel ist es, dass künftig auf jedem Rettungswagen ein Notfallsanitäter mitfährt“, so Karsten Rosinke. Im HSK sei man da auf einem guten Weg, zumal das Problem sehr frühzeitig erkannt und angegangen worden sei, ergänzt Georg Schnabel, Leiter der Olsberger Rettungswache.

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Immerhin fast 80 Prozent der Mitarbeiter mit zweijähriger Ausbildung hätten inzwischen eine entsprechende Fortbildung absolviert. Ursprünglich wollte Jessica Rautenberg Ärztin werden. Deshalb wollte sie gerne nach dem Abi Medizin studieren. Die Wartezeit auf einen Studienplatz überbrückte sie zunächst mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr bei den Johannitern, wo sie eine Kurz-Ausbildung zum Rettungssanitäter absolvierte; anschließend hat sie in dieser Funktion im HSK gearbeitet und sich schließlich für die dreijährige Ausbildung entschieden.

Jessica Rautenberg: Seit September 2019 führt der Kreis die Ausbildung in Eigenregie durch.
Jessica Rautenberg: Seit September 2019 führt der Kreis die Ausbildung in Eigenregie durch. © Jutta Klute-Zerbs | Jutta Klute

„Für mich ist das eine sehr gute Alternative zum Medizinstudium. Die Arbeit der Notfallsanitäterin ist sehr verantwortungsvoll und wenn ich die Ausbildung abgeschlossen habe, liegt bei einem Einsatz die medizinische Verantwortung bis zum Eintreffen eines Notarztes in meinen Händen. Das heißt, ich kann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eigenverantwortlich bestimmte invasive Maßnahmen durchführen, Medikamente verabreichen und zum Beispiel entscheiden, welches Krankenhaus das richtige ist, wenn kein Notarzt an dem Einsatz beteiligt ist“, erklärt die 25-Jährige.

Kein Einsatz ist wie der andere

Nicht nur diese Eigenverantwortlichkeit ist es, die Jessica Rautenberg an ihrem Job mag, sondern auch, dass die Arbeit sehr abwechslungsreich und spannend ist. Sie erzählt: „Wenn ich zur Arbeit gehe, weiß ich nicht, was mich im Laufe des Tages erwartet. Kein Einsatz ist wie der andere und man muss immer wieder gucken, wie man jemandem am besten helfen kann.“

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Das heißt aber natürlich auch, dass man flexibel sein muss, körperlich und psychisch belastbar sein sollte und bereit ist, auch an Wochenenden und Feiertagen zu arbeiten. Und: Man muss jede Sekunde damit rechnen, dass ein Notfall kommt und dann sofort parat stehen. Da ist natürlich Team-Arbeit sehr wichtig. „Man fährt als Team raus und muss sich auf den anderen blind verlassen können“, erklärt Ausbilder Karsten Rosinke.

Ganz unterschiedliche Einsätze

Nicht immer einfach ist es, mit dem, was man im Einsatz erlebt, klar zu kommen. Auch diese Erfahrung hat Jessica Rautenberg gemacht.

Einfühlungsvermögen und Teamfähigkeit sind gefragt

Einstellungsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Notfallsanitäter sind die Fachoberschulreife oder ein Hauptschulabschluss mit einer erfolgreich abgeschlossenen mindestens zweijährigen Berufsausbildung.

Außerdem wird der Besitz der Fahrerlaubnis C1 vorausgesetzt und ein Mindestalter von 18 Jahren. Außerdem sollte Bewerber körperlich und gesundheitlich für den Beruf geeignet sein. Mitbringen sollte man u.a. Interesse an medizinischen Abläufen, Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit und soziale Kompetenz sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

Im Rahmen der Ausbildung müssen die Schüler an mindestens 175 realen Einsätzen teilnehmen, von denen mindestens 50 unter Beteiligung eines Notarztes erfolgen müssen.

Die Ausbildung beginnt im August oder September eines Jahres und dauert drei Jahre. Die theoretische Ausbildung umfasst 1920 Stunden und im praktischen Krankenhaus-Bereich 720 Stunden (Intensiv, Aufnahme, Normalstation) sowie 1960 Stunden im praktischen Rettungsdienst. In der Ausbildung erhalten Notfallsanitäter zurzeit folgende Vergütung: Im 1. Lehrjahr 945 bis 1040 Euro, im 2. Jahr zwischen 1013 und 1126 Euro, im 3. Jahr 1125 und 1233 Euro.

Der Rettungsdienst im HSK unterhält eine Leitstelle (Notrufannahme/Disposition) sowie neun Rettungswachen für die Notfallrettung und den Krankentransport mit rund 240 Beschäftigten. Weitere Infos rund um den Beruf und die Bewerbung gibt es unter

Das bestätigt auch Wachleiter Georg Schnabel, der inzwischen seit 42 beim Rettungsdienst aktiv ist. Seine Erfahrung: „Die ersten schweren Unfälle und Reanimationen bleiben für immer im Kopf. Und auch Kindernotfälle. Die vergisst man nicht.“ Trotzdem wollte er seinen Beruf nie gegen einen anderen tauschen. Und auch Jessica Rautenberg ist sicher, dass Notfallsanitäterin genau das ist, was sie beruflich machen möchte. Und wenn der Melder piepst, schnappt sie sofort ihre Jacke, läuft zum Rettungswagen und ist bereit für ihren nächsten Einsatz, wo Menschen Hilfe brauchen - sei´s bei einem Unglück, einem Unfall oder einem medizinischen Notfall …