Brilon. In Brilon hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, um behinderten Menschen das Leben leichter zu machen. Es gibt aber noch viel zu tun.
In Brilon gibt es schon seit geraumer Zeit eine Behinderteninteressenvertretung (BIV). Was sie genau macht, verraten die Vorsitzende Angelika Weber und ihre Stellvertreterin Anne Schreckenberg im WP-Interview.
Welche Aufgaben hat die Behinderteninteressenvertretung(BIV) in Brilon und welche Möglichkeiten hat sie?
Angelika Weber: Wir sind die Interessensvertretung für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in der Stadt Brilon und der umliegenden Ortschaften und setzen uns für diese ein. Die BIV informiert, berät und vermittelt Menschen mit Behinderungen an spezifische Fachstellen in allen Angelegenheiten. Wir setzen uns für die Förderung der Bildung und der sozialen und beruflichen Rehabilitation ein. Gegenüber dem Rat und der Verwaltung der Stadt Brilon vertreten wir die Interessen behinderter Menschen oder Gruppen und achten darauf, dass gesetzliche Bestimmungen im Sinne der Öffentlichkeit eingehalten werden. Frau Schreckenberg und Frau Artz - Stellvertreterin ab 2020, zuvor war das Frau Mendel–Koch - werden dem Ausschuss für Jugend, Familie, Soziales und Senioren in unserer Stadt weiterhin beratend zur Seite stehen und behinderungsbedingte Anliegen der Briloner Bürger vertreten. Gemeinsam mit anderen Organisationen und Selbsthilfegruppen arbeiten wir zusammen, um Brilon barrierefrei zu gestalten.
Kann jeder in der BIV mitmachen oder anders gefragt, wie kann man Ihre Arbeit unterstützen?
Anne Schreckenberg: Jeder der Interesse und Zeit hat, sich für ein barrierefreies Brilon und die Durchsetzung der Belange für Menschen mit Behinderungen einzusetzen, ist herzlich willkommen und kann sich durch aktives Einbringen im Rahmen ehrenamtlicher Mitarbeit sehr gern beteiligen. Hierzu zählt die Hilfe im Rahmen von Sach- und Fachverstand und/oder auch die wichtigen „ helfenden Hände “ bei unterschiedlichsten Projekten. Wer dies nicht kann, aber trotzdem einen Beitrag leisten möchte, darf dies auch im Rahmen einer Fördermitgliedschaft oder Spenden tun. Der Verein besitzt die anerkannte Eigenschaft der Gemeinnützigkeit. Aktuell wird ein neuer professioneller Internetauftritt und ein Flyer entwickelt, der zeitnah zur Verfügung stehen wird und in öffentlichen Institutionen erhält sein wird. Wir möchten an dieser Stelle, auch vor dem Hintergrund der bestehenden Gemeinnützigkeit verdeutlichen, dass die Mitarbeit nicht zu politischen oder Werbezwecken genutzt werden darf. Es steht ausschließlich die Verbesserung der Belange behinderter Menschen im Vordergrund.
Gibt es sichtbare/spürbare/hörbare Dinge, die die BIV erfolgreich auf den Weg gebracht hat und gibt es momentan akute Probleme, die Sie angehen möchten?
Anne Schreckenberg: Sichtbare Veränderungen wurden in den vergangenen Jahren regelmäßig in Zusammenarbeit mit der Stadt Brilon, Privatinvestoren, kirchlichen Institutionen und Trägern der freien Wohlfahrtspflege erarbeitet. Bei Bau- und Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der Straßen, Parkplätzen für behinderte Menschen, öffentliche und öffentlich - zugänglichen Gebäuden wird die Interessenvertretung als erfahrener Berater um Stellungnahme gebeten. Nur einige Vorhaben sind an dieser Stelle zu nennen: Leitsysteme an Straßen, Gehwegen und Kreisverkehren, Einhalten der Barrierefreiheit in Kindergärten, Krankenhaus, Bushaltestellen, Kino, Einkaufszentrum, Radwegen, Bahnhof u.v.m. Im Hinblick auf spürbare Veränderungen die seitens der BIV auf den Weg gebracht wurden, konnte die Erstellung von Leitsystemen primär in der Innenstadt umgesetzt werden. Außerhalb des Stadtkerns wünschen wir uns noch weiteren Veränderungsbedarf. Für die Zukunft wünschen wir uns z.B. Sitzbänke mit Aufstehhilfen, Ergänzung und Ausbesserung der Gehwege (Blindenleitsystem), barrierefreien Zugang zu Geschäften, Museen, Arztpraxen, Veranstaltungen etc.. Dies sei auch unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und einer immer älter werdenden Gesellschaft einzufordern.
Möchten Sie das noch ergänzen?
Angelika Weber: Was die hörbaren Veränderungen anbetrifft, so möchten wir hier auf die Anschaffung der induktiven Höranlage eingehen. Als ich vor drei Jahren die Selbsthilfegruppe für schwerhörige Menschen in Brilon gegründet hatte, war der größte Wunsch solch eine Anlage anzuschaffen. Somit nahm die Gruppe Kontakt zur BIV auf und diese trug unser Anliegen an die Stadt Brilon heran. Die Notwendigkeit wurde zweifelsfrei erkannt und somit konnte schnell eine mobile, sehr gut funktionierende Höranlage angeschafft werden. Damit war der Grundstein für hörbeeinträchtigte Bürger unserer Stadt zur Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben gelegt: Menschen mit Hörschädigungen können seitdem Theater, Kabarett, Konzerte etc. besuchen und diese „ hörbar “ genießen.
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Wie ist es um die Barrierefreiheit in Brilon bestellt? Gibt es unüberwindbare Hindernisse, die den Alltag erschweren?
Anne Schreckenberg: Eine optimale barrierefreie Lösung wird voraussichtliche in keiner Stadt erreicht werden. Jedoch ist es immer wichtig mit der Politik und dem Bürger im Dialog zu bleiben und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Hier wird die Arbeit der BIV u.a. auch weiterhin ansetzen. Das Fortbewegen auf Gehwegen mit Rollator, Rollstuhl, Gehhilfe oder auch mit einem Kinderwagen sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht. Aber wir sind auf einem guten Weg. Seit vielen Jahren werden wir durch die Stadt über Straßenänderungs- oder Neubaumaßnahmen informiert und hinzugezogen. Eine professionelle Einschätzung und Beratung wird seitens der BIV durch persönliche Ortstermine und schriftliche Stellungnahmen eingeholt. In vielen Fällen werden dadurch Anregungen und Empfehlungen umgesetzt. Dafür stehen uns Herr Arenhövel (Behindertenbeauftragter des Hochsauerlandkreises) und Hr. Martin Gersthagen als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.
Denkt eine Kommune oder denken auch Privatleute bei Neu- oder Umbauten ausreichend an behinderte Menschen ?
Angelika Weber: Wie bereits erwähnt, werden wir bei Bauvorhaben, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, hinzugezogen. Diese Informationen erhalten auch die Bauherren, die für die Öffentlichkeit zugängliche Gebäude errichten. Eine gesetzliche Pflicht, sich an diese Vorschläge zu halten, gibt es leider nicht. Sofern öffentliche Gebäude neu gebaut werden, muss eine Kommune darauf achten, dass hier die Richtlinien der Barrierefreiheit sichergestellt werden.
Anne Schreckenberg: Im Privatbereich ist zwischen einem Neubau oder Umbau im Bestand zu unterscheiden. Bei einem Umbau spielen gerade hier im Sauerland geografische Gegebenheiten, Gebäudestatik etc. eine große Rolle bei der Umsetzung. Der Trend beim Neubau eines Hauses sollte im eigenen Interesse deutlich in die barrierefreie Richtung mit Blick auf das eigene Älterwerden gehen. Hierzu können unterschiedliche staatliche Förderprogramme etc. genutzt werden. Der Mangel an barrierefreiem Wohnraum ist jedoch weiterhin immens. Viele ältere und beeinträchtigte Menschen könnten durchaus mehr am Leben in der Gemeinschaft teilhaben, wenn die wohnlichen Gegebenheiten barrierefrei und vor allem bezahlbarer wären. Die Anschaffung eines Treppenliftes oder Aufzuges ist aus finanzieller Sicht nicht für jeden Betroffenen möglich. Einsamkeit im Alter oder bei Behinderung ist aktuell präsenter denn je.
An wen und in welchen Fällen kann man sich an Sie wenden, wenn man Ihre Hilfe braucht?
Angelika Weber: Wir vier vom Vorstand können jederzeit kontaktiert werden. Das bin ich als Vorsitzende, Anne Schreckenberg als 2. Vorsitzende, Martin Gersthagen als Kassierer und Claudia Artz als Schriftführerin.