Brilon. . Dank einer mobilen Anlage können hörbehinderte Menschen in Brilon jetzt Kabaretts, Theater oder öffentliche Sitzungen deutlich besser verfolgen.
„Man wird zum Einsiedler und zieht sich zurück, wenn man hochgradig schwerhörig ist“, erzählt die Brilonerin Anke Spiekermann. „Mein größter Wunsch ist es, ein Theaterstück zu besuchen. Bei der VHS würde ich gerne autogenes Training machen. Mit der Höranlage könnte ich die Augen zumachen und entspannen.“
Für hörbehinderte Menschen in Brilon und den Dörfern hat die Stadt Brilon jetzt eine gute Nachricht. Dank einer neuen, mobilen Höranlage können sie ab sofort bei Veranstaltungen wie Kabaretts, Theater oder öffentlichen Sitzungen viel besser hören und die Veranstaltung verfolgen.
Klang geht direkt ins Ohr
„Mit der neuen Höranlage haben Hörgeschädigte die Möglichkeit am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, sagte Bürgermeister Dr. Christof Bartsch. Das sei die zweite Maßnahme innerhalb von zwei Wochen, denn kürzlich wurde bei der Eröffnung des Fitnessparcours im Kurpark „Wert darauf gelegt, dass zwei Geräte auch für Menschen mit einer Behinderung nutzbar sind. Es lohnt sich, Dinge anzusprechen“, betonte Bartsch, denn angestoßen wurde die Anschaffung von der BIV (Briloner Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung) und dem DSB (Deutscher Schwerhörigenbund, Ortsgruppe Brilon).
Klang geht jetzt direkt ins Ohr
Angelika Weber (DSB Brilon) dankte der Stadt für diese Anschaffung. „Das Hörgerät reicht manchmal nicht aus, denn auf dem Luftweg geht viel Schall verloren. Da nützt die beste Technik nichts“. Durch das Mikrofon „geht der Klang jetzt bei vielen Veranstaltungen direkt in mein Ohr. Es ist sehr schön, akkustisch wieder dabei zu sein und teilzuhaben“. Durch die mobile Anlage können Hörbehinderte auch eine Stadtführung mitmachen, an Besprechungen und öffentlichen Sitzungen teilnehmen. Auch Ralf Gersthagen (Vorsitzender BIV Brilon) sieht eine neue Perspektive. Er hat die Höranlage im Vorfeld ausprobiert und hat sich gefragt: „Warum ist das nicht längst weiter verbreitet? Das ist ganz wertvoll für Hörbehinderte“. Drei Kommunen im HSK haben jetzt solche Anlagen und bei Großveranstaltungen „kann man mit Meschede koopieren und es sind 40 Empfänger da.“ Gersthagen erklärte, dass die Kopfhörer, die im Krankenhaus Maria-Hilf an Patienten ausgegeben werden, kompatibel sind.
Am gesellschaftlichen Leben teilhaben
Inklusion heißt, dass jeder Mensch „ganz natürlich dazu gehört“: Am Arbeitsplatz, beim Wohnen und in der Freizeit - so beschreibt die „Aktion Mensch“ einen Begriff, der heute in aller Munde ist. Doch in vielen alltäglichen Dingen ist dieses Dazugehören für Menschen, die ein Handicap haben, auch heute immer noch nicht selbstverständlich. Treppenstufen vor Arztpraxen, nicht rollstuhlgerechte öffentliche Verkehrsmittel, fehlende Blindenschrift - Menschen mit Behinderung bleiben auch heute noch oftmals außen vor. Für hörbehinderte Menschen hat die Stadt Brilon hat mit der Anschaffung dieser mobilen Anlage einen wichtigen Schritt getan, damit Betroffene künftig ein Stück selbstverständlicher dazu gehören können. Die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein Recht, das auch die UN-Behindertenrechtskonvention einfordert. Es gibt sicher noch viele Bereiche, in denen man unser Lebensumfeld inklusiver machen kann - für alle!
Signal mit Infrarot-Technik
Die Höranlage im Koffer umfasst ein Mikrofon, ein Modul und 10 Empfänger, die mit einem Knopf zu bedienen sind. Der Empfänger bekommt das Signal mit Infrarot-Technik über das Modul, das direkt auf die Taschensender sendet. „Infrarot-Technik ist nicht störungsanfällig und hat den Vorteil, dass sie nicht Handys in Verbindung kommt und der Künstler nicht gestört wird“, erklärte Peter Schmidt (Haustechniker Kolpinghaus). Für Veranstaltungen im Freien gibt es wasserfeste Regenbeutel.
Durch den Kauf der Höranlage in Kooperation mit Meschede, wurden 30 Prozent Mengenrabatt ausgehandelt. Die Kosten lagen jetzt bei 4100 Euro, sagte Kämmerer Wolfgang Pack. „Ansprechpartner zur Ausleihe ist vorerst die BWT. In Brilon kann man die Anlage vor Veranstaltungen anfordern“, so BWT-Geschäftsführer Rüdiger Strenger. Die neue Höranlage kann ausprobiert werden am 4. Mai um 20 Uhr im Bürgerzentrum im Kolpinghaus beim Kabarett Max Uthoff „Gegendarstellung“. Folgen Sie der Westfalenpost im Altkreis Brilon auf facebook