Winterberg. Was hat es mit einem Taubenhaus auf sich, was mit Waldbesitz? Könnte die St.-Franziskus-Stiftung das Krankenhaus retten? Wir haben recherchiert.

Hätte es Möglichkeiten gegeben, dem St.-Franziskus-Hospital lang- oder zumindest mittelfristig die Insolvenz zu ersparen? Solche Fragen kursieren in Winterberg. Und was hat es mit einer Stiftung auf sich? Welche Mittel hat sie, welche Zwecke verfolgt sie? Ein Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, schürt zumindest im ersten Moment den Verdacht, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Wir haben recherchiert.

Die Ausgangslage

2008 war das letzte Jahr, in dem die St.-Jakobus-Kirchengemeinde Winterberg alleinige Trägerin des Krankenhauses war. Zum 1. Januar 2009 wurde das St.-Franziskus-Hospital aus der rein kirchlichen Trägerschaft in eine gemeinnützige Gesellschaft (gGmbH) umgewandelt. Grund dafür: Diverse Gesundheitsreformen und steigender Kostendruck sowie zunehmende unternehmerische Anforderungen bedeuteten eine Gefahr für wirtschaftliche Schwierigkeiten. Auf Wunsch der Kirche sollten die Kirchengemeinden bzw. die Mitglieder des Kirchenvorstandes nicht mehr das alleinige, volle Haftungsrisiko tragen. Das Winterberger Krankenhaus war bistumsweit das Letzte, das in eine gGmbH umgewandelt wurde – nicht zuletzt, weil es dem Haus finanziell sehr gut ging. Soweit die Faktenlage.

Die Vorwürfe

„Das Krankenhaus in Winterberg hatte zu der Zeit durch das selbstlose Engagement seiner Mitarbeiter und durch die Verzögerung notwendiger Instandhaltungen und Investitionen einen Überschuss aus der Bezahlung der Pflegesätze durch die Krankenkassen erwirtschaftet. Meines Wissens waren das damals drei Millionen Euro“, heißt es in dem Schreiben eines Informanten, der uns namentlich bekannt ist, der aber nicht genannt werden möchte. Anstatt dieses Geld, das im Rahmen des Dualen Finanzierungssystems von den Krankenkassen für notwendige Investitionen und Modernisierungen gezahlt worden sei, auch dafür zu verwenden, sei es aus dem Betriebsvermögen herausgenommen und – so der Informant – in eine krankenhausfremde Stiftung eingezahlt worden. „Diese Stiftung hat das Geld dann aber zweckentfremdet und u.a. einen Wald bei Arnsberg und ein Taubenhaus für Vögel in Meschede gekauft.“https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/insolvenz-der-klinik-winterberg-das-sagt-minister-laumann-id227586471.html

Durch solche Aktionen habe man die Grundversorgung der Bevölkerung in Winterberg und Umgebung und die Versorgung der Gäste mit teils schweren Sportverletzungen am Sommer- und Winterstandort Winterberg leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Der Verfasser des vorliegenden Briefes versichert, er habe vergeblich versucht, die Stiftung ausfindig zu machen und sei bei Geschäftsführung und Verwaltungsrat nicht weiter gekommen. Daher wandte er sich an unsere Zeitung.

Die Recherche

Eine Übersicht aller staatlichen Stiftungen findet man in der Tat auf der Seite der Bezirksregierung in Arnsberg. Dort sind für den Altkreis Brilon elf Stiftungen aufgelistet – aber keine, die mit dem Krankenhaus Winterberg in Verbindung stehen könnte. „Es handelt sich hierbei um eine kirchliche Stiftung mit dem Namen St.-Franziskus-Stiftung Winterberg“ sagt der Sachbearbeiter in Stiftungsfragen bei der Bezirksregierung, Ulrich Krämer, auf Anfrage unserer Zeitung. Seine Behörde habe lediglich Kenntnis über die Stiftung, in Arnsberg müsse sie lediglich benannt werden. Zugleich verweist er darauf, dass das Informationsfreiheitsgesetz bei Stiftungen ausgeschlossen ist und es daher schwierig sei, weitere Details darüber zu erfahren.

Die Stiftung

Das zuständige Erzbistum in Paderborn ist aber durchaus auskunftswillig und vermittelt auch sehr schnell den Kontakt zu der Stiftung. Der Pressesprecher des Erzbistums Benjamin Krysmann schreibt auf Anfrage der WP, dass die Umwandlung in die gGmbH und eine davon eigens getrennte Stiftung in den Jahren 2008 und 2009 schrittweise umgesetzt worden seien. „Die Stiftung wurde aus dem Sondervermögen der Kirchengemeinde eingerichtet, mit der Maßgabe, aus den Erträgen neben weiteren Stiftungszwecken auch das St.-Franziskus-Krankenhaus Winterberg zu fördern. https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/wie-das-krankenhaus-winterberg-gerettet-werden-kann-id227577211.htmlIm Jahr 2009 folgte eine Zustiftung aus den damals noch im Vergleich mit anderen Krankenhäusern überdurchschnittlich vorhandenen Barmitteln durch die Krankenhaus-gGmbH in Höhe von rund zwei Millionen Euro mit eben derselben Förderzielsetzung aus den Erträgen.“ Aufgrund der negativen Zinsentwicklung in der Folgezeit habe es eine Umschichtung des Barvermögens in Waldvermögen gegeben, um aus dem Sachvermögen dauerhaft positive Erträge zu erwirtschaften.

Die Gegenseite

Als Gesprächspartner stehen seitens der Stiftung Pfarrer Norbert Lipinski sowie Günter Kruse, Walter Pieper und Bernd Laame zur Verfügung. Man habe nichts zu verbergen. Sie versichern, dass alles korrekt gelaufen sei und die Stiftung sowohl von der Bezirksregierung als auch vom Erzbistum geprüft worden und absolut nichts zu beanstanden sei. Das Vermögen, das damals vorhanden war, sei Eigentum der Kirchengemeinde und nicht das des Krankenhauses gewesen. Die Gemeinde war damals alleinige Trägerin des Hauses. Die knapp eine Million Euro, die in die gGmbH eingebracht wurden und auch die knapp zwei Millionen Euro, die in die Stiftung geflossen sind, gehörten nicht dem Krankenhaus, sondern der St.-Jakobus-Gemeinde als Trägerin, betonen die vier.

Insolvenzantrag und die Schwierigkeiten der Krankenhäuser

Die Geschäftsführung der St. Franziskus-Hospital Winterberg gGmbH hat beim Amtsgericht Arnsberg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt.

Dem Antrag hat das zuständige Amtsgericht Arnsberg stattgegeben und Rechtsanwalt Andreas Schoß zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Von dem Insolvenzantrag sind insgesamt 213 Arbeitnehmer betroffen.

Die Rahmenbedingungen für Krankenhäuser im ländlichen Raum sind äußerst schwierig.

Die Hospitäler müssen ihre Leistungen zu den vom Gesetzgeber und den Krankenkassen vorgegebenen Einheitspreisen erbringen, obwohl die geringe Bevölkerungsdichte in schwächer besiedelten Regionen eine kostendeckende Belegung grundsätzlich ausschließt.

Richtig sei es auch, dass das Geld aufgrund der schlechten allgemeinen Zinsentwicklung später in materielle Güter, sprich einen Wald, umgewandelt worden sei. „Das ist ein ganz normaler Vorgang. Wir müssen weitsichtig und umsichtig mit dem Geld der Stiftung umgehen.“ Wegen der derzeitigen Kalamitäten in der Waldwirtschaft könne man den Wert des Mischwaldes, den die Stiftung gekauft hat, nicht exakt beziffern. Aber das Geld auf die hohe Kante zu legen, wäre sicherlich unwirtschaftlicher gewesen, so Günter Kruse: „Das Geld ist wertstabil angelegt. Der Wald ist in einem guten Zustand. Wir sind in unseren Einlagen nicht gefährdet. Aber wenn der Wald derzeit nichts abwirft, können wir leider auch kein Geld ausschütten.“

Welche Summen in den vergangenen Jahren ans Hospital gegangen sind, möchte die Stiftung nicht sagen. Es habe aber immer wieder Zuwendungen gegeben. „Sie können uns glauben: Mit allen der Stiftung zur Verfügung stehenden Mitteln wollen wir versuchen, dieses Krankenhaus weiterhin zu unterstützen. Wir würden uns freuen, wenn wir auch nach der Umstrukturierung dem Haus weiter helfen können.“ Eine Auflösung der Stiftung sei aus stiftungsrechtlichen Gründen in der gegebenen Situation nicht möglich.

Über das ominöse Taubenhaus können die Stiftungsmitglieder nur den Kopf schütteln. „Das ist ein Schuppen, ein Unterstand auf einem Waldgrundstück“, so die Aussage.