Brilon/Winterberg. Ein 52-Jähriger soll in Winterberg seine ehemalige Lebensgefährtin vergewaltigt haben. Vor Gericht versucht es der Angeklagte mit Psychospielen.

Sie redet nur leise, versucht kein Detail bei ihrer Aussage auszulassen, blickt den Vorsitzenden Richter Schwens am Amtsgericht Brilon an, schaut nicht zur Anklagebank. Der Blick zum 52-Jährigen wird ohnehin durch ihren Rechtsbeistand Stephan Lucas verdeckt. Das passt dem Angeklagten nicht. Öfter verschiebt er den Stuhl oder wechselt den Sitzplatz, um einen Blick auf die Zeugin zu erhaschen. Bis es Lucas reicht. „Diese Späßchen haben hier nichts verloren“, mahnt er in seine Richtung. Und auch Richter Schwens möchte nicht, dass die Zeugin in ihrer Aussage in irgendeiner Weise beeinflusst werden könnte. Denn diese fällt ihr unter Tränen sichtlicht schwer.

Sie wirft dem Angeklagten vor, sie im Oktober 2013 in ihrer Wohnung in Winterberg vergewaltigt zu haben. Die beiden haben eine weit zurück reichende Vergangenheit, kennen sich seit 23 Jahren in denen sie immer wieder zusammen und getrennt waren. Neun Kinder haben sie gemeinsam, eines davon verstarb unter tragischen Umständen 2014.

Mutmaßliches Opfer ist selbst verurteilt

Im Sommer 2018 hatte das Schwurgericht in Arnsberg die Mutter nach einem Prozess-Marathon von 22 Tagen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einem minderschweren Fall und Körperverletzung durch Unterlassen verurteilt. Zwischen Februar 2013 und Februar 2014 soll sie zwei ihrer Kinder nicht ausreichend mit Nahrung versorgt haben. Der zweijährige Junge starb, seine kleinere Schwester konnte noch gerettet werden.

Schmerzensgeldforderung im Anschluss möglich

Wie bei einer Körperverletzung auch, gilt es auch im Falle einer Vergewaltigung zunächst in einem Strafprozess den Strafrahmen für die Tat zu bestimmen.

Die Opfer haben im Anschluss die Möglichkeit in einem Zivilverfahren Schadensansprüche, sprich Schmerzensgeld, geltend zu machen.

Zum Tatzeitpunkt im Oktober lebten beide getrennt, Besuche in Winterberg habe es dennoch gegeben. „Er stand plötzlich vor der Türe und ich hatte ein komisches Gefühl, als ich ihn sah“, sagt die mutmaßlich Geschädigte aus. Der Angeklagte habe daraufhin vorgegeben, ihr etwas im Schlafzimmer zeigen zu wollen. „Ich ging ein Stück mit, aber blieb dann stehen und er schob mich ins Zimmer.“ Als sie wieder hinaus wollte, habe er sie nicht gelassen. Im Schlafzimmer soll er ihr dann die Hose heruntergezogen haben, wovon die Zeugin ihren Angaben nach nichts gehalten habe und dies auch so kommuniziert haben will, während sie die Hose wieder hochzog.

Kinder haben nichts mitbekommen

Im weiteren Verlauf soll der Angeklagte dann gegen ihren Willen die Hosen heruntergezogen haben, seinen Willen durchgesetzt und mit dem Finger in sie eingedrungen sein.

Die Kinder seien von den Vorgängen nicht wach geworden.

Nicht der erste Gewaltakt

Es soll der erste sexuelle Übergriff gewesen sein, zuvor sei bei Schlägen Schluss gewesen. Das Schlafzimmer habe sie anschließend kaum betreten können, das Bett habe sie entsorgt und nie wieder darin geschlafen. Richter Schwens wunderte sich, wieso bei jahrelangen Gewaltausbrüchen die Beziehung fortbestanden habe. Zumal sich die Wut auch gegen die Kinder gerichtet haben soll.

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Die Antwort der mutmaßlich Geschädigten: „Ich hatte Angst. Ich hatte Angst vor ihm.“ Sie sei emotional abhängig gewesen und der Angeklagte habe ihr immer wieder gedroht. Nur per Zufall kam der Vorwurf überhaupt ans Tageslicht. In ihrem Verfahren am Amtsgericht Medebach nahm sie Stellung zu den häuslichen Umständen und erzählte erstmalig von dem Übergriff. „Ich bereue, etwas gesagt zu haben. Er hat immer gesagt, dass er mich fertig macht, wenn er vor Gericht landet. Er ist zu allem fähig.“

Verfahren war zwei Jahre unterbrochen

Bisher steht im Verfahren Aussage gegen Aussage. Der Angeklagte gab in einer vorherigen Vernehmung vor zwei Jahren an, dass es nie zu diesem Vorfall und auch zu keinerlei Gewaltausbrüchen gekommen sei. Stellung nehmen wollte er am Verhandlungstag nicht erneut, so dass die Angaben aus einem Protokoll verlesen wurden. Aufgrund von Terminproblemen war das Verfahren zwei Jahre unterbrochen worden. Ein nächster Termin ist für Ende des Monats anberaumt.

Dieser Text ist am 18. November 2019 angepasst worden. Auf einige in der Ursprungsversion genannte Details wurde verzichtet.