Winterberg. Alte Kinosessel zu verschenken! Das Filmtheater Winterberg erlebt einen regelrechten Anstrum auf seine ausgedienten Klappstühle.
Kinosessel zu verschenken: „Falls ihr schon immer mal zu Hause oder im Vereinshaus Filme auf echten Kinosesseln genießen wolltet, meldet euch. Wir haben noch 70 Stühle zu verschenken. Die haben allerdings schon ein paar Jahre auf dem Buckel.“
Diesen Facebook-Eintrag hat Joachim Wahle, Betreiber und Besitzer des Winterberger Filmtheaters, am Mittwochabend in der Hoffnung gepostet, dass auf diesem Wege einige der ausgedienten Sitzmöbel einen neuen Besitzer und eine Wiederverwendung finden. Dass aber alle 70 Klappsessel nach vier Stunden vergeben sein würden, hätten sich die Wahles nicht träumen lassen: „7000 Leute haben sich das bei facebook angeguckt. Wir haben Anrufe, Kommentare und Mails bekommen und danach eine Liste gemacht: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wir hätten das Dreifache an Stühlen verschenken können“, sagt Wahle.
Studentenbude und Partykeller
Die meisten bleiben im Sauerland. Mal sind es zwei, die in einer Studentenbude wieder aufgestellt werden sollen, mal sind es vier, fünf Stück für den Party-Keller. Die Stühle stammen aus dem Jahr 2000 und nach 19 Jahren aufgeregtem Hin-und-Her-Ruckeln bei „James Bond“ oder „Herr der Ringe“ haben die Polster doch sehr gelitten – die Sessel hinten mehr als die vorne, denn die meisten Kinogänger nehmen auf den hinteren Rängen Platz.
Kino hat Tradition
Ein Kino hat Winterberg seit 1943. Die ersten Streifen wurden noch in der Schützenhalle gezeigt; dann kam 1952 der Umzug ins jetzige „Filmtheater“, das jetzt Joachim und Annette Wahle führen. „Stillstand ist Rückschritt“ lautet die Devise der Kinobetreiber. Und so war nach reiflicher Überlegung klar, dass der Betrieb noch einmal ordentlich Geld in die Hand nimmt, um das Kino für die nächsten Jahre auf den allerneuesten Stand zu bringen.
Und dort wird es künftig noch gemütlicher. „Wir nehmen generell eine Sitzreihe raus, so dass das Platzangebot von 85 auf 72 Plätze schrumpft und man mehr Beinfreiheit gewinnt. Ganz hinten werden wir fünf Zweier-Sofas aufstellen“, sagt Joachim Wahle. Kino soll halt nicht nur unterhaltsam, sondern auch gemütlich sein. So ein Kinostuhl kostet neu übrigens durchaus um die 200 Euro.
250.000 Euro an Investitionen
Der Saal 2 des Winterberger Kinos bekommt aber nicht nur neue Stühle. Die Familie Wahle nimmt 250.000 Euro netto in die Hand, um den Raum auf Vordermann zu bringen: Neue Stühle, neue Lautsprecher, neue Leinwand, neue Heizungs- und Lüftungsanlage via Wärmepumpe und neue Projektoren gibt es. Erst vor vier Jahren war Kino 1 komplett umgebaut worden und u. a. mit 3D, Dolby-Atmos sowie sechs D-Box-Sesseln ausgestattet worden. Damit gehörte das Winterberger Kino schon damals unter den bundesweit 4600 Lichtspielhäusern zu den 36 Kinos in der ganzen Republik, die technisch so top ausgestattet sind.
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Im Rahmen des Umbaus vor vier Jahren waren die jetzt verschenkten Stühle schon einmal von Kino 1 in Kino 2 gewandert. Bei den jetzigen Investitionen bekommt das Winterberger Filmtheater eine großzügige Unterstützung durch die Film- und Medienstiftung NRW sowie aus dem Soforthilfe-Topf des Bundes für Kinos.
Kinobetrieb läuft während der Renovierung weiter
Am 14. Oktober starten die Renovierungsarbeiten im Kino; vorher werden die Stühle rausmontiert. Der Kinobetrieb in Saal 1 läuft in der Zeit ganz regulär weiter und Anfang November soll alles fertig sein. Wer einen alten Stuhl wieder aufbaut, sollte vorher testen, ob die Rückhol-Federn der Sitzflächen auch noch intakt sind, denn die leiern im Laufe der Nutzung am ehesten aus. „Halt die Klappe“, bekommt da eine ganz neue Bedeutung...