Brilon. Der Nutri-Score soll dabei helfen, sich gesund zu ernähren. Doch die Angaben gehen laut Experten nicht weit genug und enthalten Gefahrenpotenzial.
Ist das schon zu viel Zucker? Wie sieht es mit dem Fettanteil bei diesem oder jenem Produkt aus? Fragen, die fortan das neue Logo Nutri-Score beantworten soll, um eine gesündere Ernährung leichter zu machen.
Nutri-Score bezieht neben dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Bestandteile wie Ballaststoffe oder Proteine in eine Gesamtbewertung ein und gibt dann einen einzigen Wert an - auf einer fünfstufigen Skala von „A“ auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes „C“ bis zu einem roten „E“ für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben. Das neue Logo soll eine Ergänzung für die EU-weit verpflichtende Nährwerttabelle sein, die meist auf der Rückseite von Packungen steht.
Kunden müssen ein Bewusstsein für Ernährung entwickeln
Zwei Ernährungsberater in Brilon finden daran nicht alles ideal, um den gewünschten Zweck zu erfüllen. „Prinzipiell ist es wichtig, dass eine bessere Kennzeichnung stattfindet“, sagt Steve Brenke. „Die Kunden müssen sich mit den Inhalten auseinandersetzen, aber ob sie das auch machen, ist eine andere Frage. Dafür muss es auch ein Bewusstsein für gesunde Ernährung geben.“ Nur Angaben der Inhaltsstoffe machen seiner Meinung nach keinen Sinn, wenn nicht klar ist, was diese im Körper bewirken.
Freiwillige Angaben
In Frankreich ist der Nutri-Score bereits auf Verpackungen zu finden.
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) will nun eine Verordnung auf den Weg bringen, die den Rechtsrahmen für eine freiwillige Verwendung des Logos auf der Packungs-Vorderseite schafft.
Bei vielen Verbrauchern sei ihren Angaben nach der Wunsch nach Transparenz und mehr Sicherheit bei Kaufentscheidungen groß.
Ernährungsberaterin Silvia Borggrebe verweist auch auf die Nährstofftabelle auf der Rückseite von Produkten, die weiterführende Informationen geben. Für sie ist aber auch wichtig, dass Konsumenten einen Vergleich anstreben und nicht einfach ein Produkt kaufen, das eine positive Bewertung im Nutri-Score erhalten hat. „Nur wenn ich zwei ähnliche Pizzen miteinander vergleiche, weiß ich auch wirklich, was besser ist“, sagt Borggrebe. Dennoch sieht auch sie Schwächen bei dem System. Beispielsweise, weil nicht klar ist, wie sich diese Bewertung genau zusammensetzt.
Weitere Angaben hinzuziehen
Auch sie glaubt, dass sich der Konsument aktiver mit seiner Nahrung auseinandersetzen muss, zum Beispiel mit weiteren Angaben auf den Verpackungen. So gibt es Hinweise auf die täglich empfohlenen Mengen von Zucker, Kohlenhydraten und Co. „Aber wenn dort steht, dass mit dieser Portion drei Prozent des Tagesbedarfs gedeckt sind, rechnet keiner durch, was über den Tag hinweg noch nötig ist“, sagt sie. Wichtiger sei vielmehr, dass die Gerichte aus frischen Zutaten selbst hergestellt und keine Geschmacksverstärker oder Fertig-Soßen benutzen werden. Der Nutri-Score richte sich vornehmlich an Menschen, die eher zu Industrie-Produkten greifen würden.
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Nach Angaben von Steve Brenke befinden sich in den Köpfen der Konsumenten zu viele Mythen, die sich um das Thema Ernährung drehen. Hier könne das Logo nur bedingt ansetzen, weil es nicht umfassend Informationen bereitstellt zu anderen Aspekten, die für eine gesunde Ernährungsweise von Bedeutung sind. „Wie viel Antibiotika ist im Huhn? Wieviel Quecksilber ist im Thunfisch? Und ab wann sind die Mengen bedenklich? Mit Zucker alleine hört es nicht auf“, sagt Brenke.
Kein gesundes Essen propagieren
Für Borggrebe ist gerade der Zucker ein wichtiger Start beim Thema Ernährung. Im Maria Hilf Krankenhaus ist sie auch als Diabetesberaterin tätig und weiß um die Gefahren des Inhaltstoffes. Ihrer Einschätzung nach leiden immer mehr Kinder und Jugendliche an Übergewicht und ein erhöhter Zuckerkonsum ist Teil des Problems. „Den Fokus auf den Zucker bei den Angaben im Nutri-Score zu legen, finde ich daher gut. Aber er soll nicht propagieren, dass etwas zwangsläufig gesund ist. Joghurt mit frischem Obst ist besser als ein fertiger Fruchtjoghurt. Da sehe ich die Gefahr.“