Brilon. . Der karstige Untergrund der Briloner Hochfläche kann Bauherren Probleme bereiten. Zudem gibt es eine geogene Schwermetall--Problematik

Wenn die Stadt Brilon ihre letzten beiden Baugrundstücke in der Kernstadt an den Mann bringen möchte, müsste sie dafür etwa den Preis des einen im Boden versenken. Denn der Aufwand, der zur Verfüllung der Hohlräume am Derkerborn notwendig ist, könne - so Beigeordneter Reinhold Huxoll zur WP - „leicht sechsstellig werden“.

Bereits um 2003/04 herum waren bei der Erschließung des ersten Abschnitts dieses Baugebietes am westlichen Stadtrand bergbaubedingte Hohlräume und geologische Auswaschungen aufgefallen, die mit Fließbeton verfüllt und verpresst werden mussten. Außerdem hatte die Stadt damals an der Lage von Grundstücken und Grünflächen etwas geändert, um den 11,6 ha große Bereich von Derkerborn und Lehmkuhle besser ausnutzen zu können. Mehr als 800.000 Euro hatte die Maßnahme damals gekostet.

Rund 29 m lang und bis zu 9 m tief ist die Höhle am Derkerborn. Dort wurde mittelalterlicher Bergbau betrieben, wie die Archäologen des LWL feststellten.
Rund 29 m lang und bis zu 9 m tief ist die Höhle am Derkerborn. Dort wurde mittelalterlicher Bergbau betrieben, wie die Archäologen des LWL feststellten. © LWL

Im Sommer 2017 hatte sich bei Ausschachtungsarbeiten erneut ein Hohlraum aufgetan - und was für einer. Das Relikt mittelalterlichen Bergbaus ist rund 29 m lang und bis zu 9 m tief. Das Archäologische Amt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe hat die Höhle im 3 D-Verfahren gescannt, vermessen und darüber eine demnächst auf Youtube zu sehende Dokumentation erstellt; der Trailer läuft bereits (wir berichteten). „Für die Region“, so Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der LWL-Außenstelle Olpe, „ist das ein bedeutendes Montan--Denkmal“.

Probebohrungen

Mittlerweile hat auch ein Baugrundsachverständiger die angrenzenden Flächen geoelektrisch vermessen. Ergebnis: Es gibt Bereiche, die entweder aus sehr hartem Material bestehen - oder aus Luft. „Das ist die gleiche Darstellung“, so Beigeordneter Reinhold Huxoll. Deshalb sollen jetzt Bohrungen weitere Klarheit geben. Dazu werden bis zu 20 m lange Löcher schräg in den Boden getrieben.

Falls dabei Hohlräume auftreten, würde - immer für den Fall, dass die Stadt die beiden Grundstücke auch tatsächlich verkaufen will und es dafür einen Interessenten gibt - spezieller Flüssigbeton durch die 56 mm dicken Bohrlöcher gepresst. Die Mengen, so Huxoll, ergäben sich dann.

Pro Tag könnte nur ein bestimmtes Beton-Volumen eingelassen werden, das erst aushärten muss. Der karstige Untergrund ist löchrig wie Schweizer Käse. Falls zu viel Material auf einmal eindringe, könnte die Masse etwaige beim früheren Bergbau entstandene dünne Wände zerbrechen.

Nach Beendigung der Sicherungsmaßnahmen seien die Grundstücke bebaubar. Der Preis für jedes der beiden Grundstücke liege heute bei rund 100.000 Euro. Der betroffene Bauherr am Derkerborn hat das Grundstück zurückgegeben und für die ihm entstandenen Verzögerungen und Aufwendungen eine Entschädigung erhalten.

Blut-Reihenuntersuchung

Letztlich empfiehlt der Beigeordnete jedem Bauherrn eine Baugrunduntersuchung. Bekanntlich besteht die Briloner Hochfläche zum großen Teil aus porösem Karstgestein. Dort haben sich erdgeschichtlich bedingt Schwermetalle abgelagert.

Bereits in der Römerzeit wurde Blei aus dem Sauerland verarbeitet, etwa beim Bau von Wasserleitungen. Im Hellwegraum wurde bereits ab dem sechsten Jahrhundert Blei aus dem Raum Brilon für die Salzsiedepfannen verwendet. Zudem gibt es Cadmium-, Zink- und Arsenvorkommen, die sich in leicht erhöhten Belastungswerten der umliegenden Böden niederschlagen. 2013 war bei der routinemäßigen Beprobung von Bodenaushub erhöhte auffällig Schwermetallbelastungen aufgefallen.

Daraufhin hatte der Hochsauerlandkreis eine Blut-Reihenuntersuchung vorgenommen. 270 Anlieger aus den betroffenen Baugebieten hatten daran teilgenommen. Ergebnis: Die Blutbleigehalte der Betroffenen lagen unterhalb der in Deutschland geltenden Referenzwerte.

Allerdings, so der HSK, sei dabei aber auch bestätigt worden, „dass erhöhte Blutbleigehalte und der Verzehr von selbst angebautem Gemüse sowie intensiver Bodenkontakt zusammenhängen“. Deshalb hat der Kreis Handlungsempfehlungen für Bauwillige zusammengestellt.

Handlungsempfehlungen für Bauwillige

Um den Kontakt mit schwermetallhaltigem Boden zu minimieren, gelten folgende Handlungsempfehlungen:

Es sollte dafür Sorge getragen werden, dass der Boden im Bereich der Grundstücke durch dichten Grasbewuchs, Anpflanzung von Bodendeckern und Aufbringung von Rindenmulch sowie durch Gehweg- und Terrassenplatten oder Abdeckung mit Kies möglichst vollständig abgedeckt ist.

Im Bereich der Spielflächen für Kleinkinder sollte auf eine besonders effektive Abdeckung des Bodens durch geeignete Materialien geachtet werden.

Nach Gartenarbeiten mit intensivem Bodenkontakt sollten die Hände und ggf. auch die Kleidung gründlich gewaschen werden. Kleider und Schuhe, an denen Bodenreste haften, sollten vor Betreten des Hauses ausgezogen werden, um den Eintrag von Schwermetall-haltigem Boden und Staub in den Wohnbereich zu vermeiden.

Auf den Anbau von Wurzelgemüse, Sellerie, Spinat und Blattgemüse in den Hausgärten sollte verzichtet werden. Alle anderen Gartenprodukte sollten vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden.

Gegen den Anbau von Wurzelgemüse, Sellerie, Spinat und Blattgemüse in Beeten, die mit sauberem Kulturboden angelegt wurden, bestehen keine Bedenken.

Grabeaktivitäten von Kindern in den Hausgärten und im Freien sollten unterbunden werden.

Trink- und Brauchwasser aus Eigenversorgungsanlagen sollte auf Blei und andere Schwermetalle untersucht werden.

Sind die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung überschritten, ist das Wasser für den Verzehr nicht geeignet. Gegen die Bewässerung von reinen Ziergärten bestehen keine Bedenken. Beete, auf denen Gemüse- und Obstpflanzen angebaut werden, sollten dagegen nicht mit dem Wasser bewässert werden.

Hier finden Sie noch mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Altkreis Brilon.