Wulmeringhausen. Der 25-jährige Fabian Plitt ist angehender Winzer an der Ahr - und er ist Schützenkönig in Wulmeringhausen. Wein und Bier passen gut zusammen.
Bier und Schützenfest gehören so selbstverständlich zusammen wie Weihnachten und Tannenbaum. Dass ausgerechnet ein Winzer von der Ahr im Sauerland den Vogel abschießt, passt daher schon in die Kategorie „ungewöhnlich“.
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Deshalb musste sich Fabian Plitt am Schützenfestmontag in Wulmeringhausen gleich mehrmals den Spruch anhören: „Wie, Sie sind Winzer? Sie wissen aber schon, dass Sie hier im Sauerland sind!“ Klar, weiß er das, denn ganz tief im Innern schlägt das Herz des Rheinländers sehr wohl auch im Takt der tausend Berge. Und wo steht geschrieben, dass ein Winzer nicht auch gerne mal ein Bierchen trinken darf?
In Wulmeringhausen wie zu Hause
Schützenfest in Wulmeringhausen – den Termin muss sich Fabian Plitt gar nicht erst im Kalender eintragen. Seit er 18 Jahre alt ist, geht es Anfang August ins Sauerland. „Mein Vater stammt aus der Gastwirtschaft Plitt-Schepes, ist aber irgendwann weggezogen.
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Ich selbst bin in Düsseldorf geboren und aufgewachsen. Aber ich fühle mich in Wulmeringhausen wie zu Hause. Egal, in welchem Dorf ich bin: Wenn man einen Meter Bier kauft, sich dazu gesellt und sagt: ,Ich bin der Fabian’, dann wird man überall freundlich und herzlich aufgenommen“, sagt der 25-Jährige.
Zum Weinbau-Praktikum nach Schweden
Zum Rebensaft bekehren muss Fabian Plitt seine Sauerländer Freunde übrigens nicht. „Wir haben bei uns an der Ahr mal eine Weinprobe gemacht. Das war sehr schön. Aber man sollte schon bedenken, dass man den Wein nicht so trinken kann wie Bier.“
Jeden Tag fährt der Wulmeringhauser Schützenkönig von Remagen aus die 20 Minuten bis nach Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Ahr mit 500 Hektar Weinanbaufläche zählt zu den drittkleinsten deutschen Anbaugebieten. Der Winzerbetrieb Kriechel, wo Fabian Plitt arbeitet, bewirtschaftet 33 Hektar und ist damit das größte Privatweingut an der Ahr. Rotweine wie Regent, Portugieser oder Merlot werden hier genauso angebaut wie Riesling oder Weißburgunder.
Der Betrieb, auf dem Fabian Plitt arbeitet, hat eigens Wald angepachtet, um Holz für den Bau von Fässern zu haben. Als Winzer wird der 25-Jährige wohl kaum ins Sauerland zurückkehren. Die klimatischen Bedingungen sind für den Weinanbau nicht so geeignet. Andererseits: Fabian Plitt will für ein Jahr nach Schweden gehen, um dort Erfahrungen im Weinbau zu machen.
Zum Wein ist Fabian Plitt über seinen Vater gekommen. Der arbeitete nebenbei in einem Weinhandel, wo auch sein Sohn hin und wieder als Austräger jobbte. Nach dem Abi und einem freiwilligen ökologischen Jahr war dann für ihn auch klar: „Ich will draußen arbeiten in der Natur, will etwas mit meinen Händen machen.“ Auf einer Fachmesse lernte er mehrere Winzer kennen und immer mehr wurde klar, dass Fabian in den Weinbau gehen würde.
Viele freie Ausbildungsstellen
Die Dame beim Arbeitsamt in Düsseldorf war damals konsterniert: „Sie hat gesagt, dass sie in ihrer 40-jährigen Berufszeit noch nie jemanden gehabt habe, der Winzer werden wollte“, erzählt der Schützenkönig. Mehr als 100 Ausbildungsstellen in der Branche sind deutschlandweit Jahr für Jahr unbesetzt.
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„Viele Kleinbetriebe geben auf und die Arbeit ist körperlich auch ganz schön anstrengend“, weiß Fabian Plitt. Im August 2016 begann er seine Lehre, machte gleich bei der Lese mit und verlor mal eben bis zum Jahresende zwölf Kilo Gewicht. „Aber es ist mein Traumberuf: Reben setzen, die Stockpflege, von Hand ernten, Ausbau und natürlich auch der Weinverkauf – die Ausbildung ist vielfältig und macht Spaß.“
Eigenen Wein ausbauen
Bei all der Arbeit bleibt dem 25-Jährigen aber auch noch Zeit für seine Pflichten als Schützenkönig der Wulmeringhauser St.-Nikolaus Bruderschaft. „Klar, bei der Jahreshauptversammlung oder bei den Tagungen auf Stadt- und Kreisebene lasse ich mich sehen.
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Aber man muss das auch mögen. Ich habe meine Kollegen aus dem Winzerbetrieb mal zum Schützenfest mitgenommen – für die war das schon etwas fremd. In Wulmeringhausen regiere ich mit meiner damaligen Jungschützenkönigin.“
Dass Fabian Plitt in Wulmeringhausen König würde, war eigentlich so nicht geplant: In der Familie gab es ein rundes Mitgliedsjubiläum bei den Schützen. Der Vater war seit 60 Jahren Mitglied. Und eigentlich wollte der 25-Jährige lediglich einem guten Freund helfen, der drei Wochen zuvor geheiratet und es auf den Vogel abgesehen hatte. „Ich habe dann gesagt: Komm wir halten gemeinsam ‘drauf, aber wenn ich es dann werde, darfst Du auch nicht böse sein.“ Und so kam es.
Durst löschen oder genießen
Trotz „Winzerkönig“ wird es beim Schützenfest in Wulmeringhausen natürlich auch weiterhin Bier geben. „Selbst bei uns im Weinbaubetrieb wird bei der Lese hin und wieder mal ein Bier getrunken. Ich als Düsseldorfer darf das ja gar nicht laut sagen, aber es gibt dann auch schon mal ein Kölsch“, sagt der Winzer-Azubi. Bier sei dazu da, um Durst zu löschen, Wein, um zu genießen.
Beim Kranzwickeln in diesem Jahr können sich Hofstaat und Freunde des Königspaares aber auf ein ganz besonderes Tröpfchen freuen. Denn es wird einen „Königswein“ geben. Im Rahmen seiner Ausbildung darf Fabian Plitt jedes Jahr selbst einen Wein ausbauen. Gemeinsam mit einem Kollegen dürfen die beiden 300 Liter in Flaschen abfüllen. Es ist ein Spätburgunder-Weißwein aus roten Trauben. „Das wird auf jeden Fall ein trockener Wein werden; das passt immer.“ Und als Etikett wird der Name des Königspaares auf der Flasche stehen.
Jetzt aber mal ehrlich: Welcher Schützenkönig im ganzen Sauerland hat schon sein eigenes Bier – geschweige denn seinen eigenen Wein...?
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