Madfeld. . Wolfgangsee soll präventiv zugeschüttet werden. Vermutliche Bedrohung der Aabachtalsperre. Radikale Maßnahme vernichtet Biotop.
- Signalkrebs stellt Bedrohung für Edelkrebse in Aabachtalsperre und Trinkwasserversorgung dar
- Wolfgangsee bei Madfeld soll präventiv zugeschüttet werden
- Radikale Maßnahme vernichtet Biotop etlicher Rote-Liste-Tiere
Und wieder mal klemmt Andreas Ries den kleinen Elektro-Außenbordmotor an das altersschwache Boot. Gemächlich gleitet er hinaus auf den Wolfgangsee. Sein Ziel ist einen guten Steinwurf weit entfernt: 15 kleine rote Bälle, die auf der Wasseroberfläche treiben. Sie markieren die Stellen, an denen der 49-Jährige zwei Tage vorher Reusen ausgelegt hat. Korb für Korb zieht Andreas Ries hoch ins Boot und tauscht in jedem den Köder, tote Kleinfische, aus. Alle zwei Tage geht das so. Schon seit März. Gut anderthalb bis zwei Stunden dauert das jedesmal. Gefangen haben Andreas Ries und die anderen Fischer vom Wolfgangsee noch nichts. „Wenn hier nur ein Krebs drin wäre, hätten wir den“, ist sich der Hobby-Angler sicher.
Nachdem ein für den Aabachverband tätiger Biologe im letzten Herbst sieben Signalkrebse in dem Waldsee entdeckt hat, herrscht Krisenstimmung im Nachbarkreis. Stellt der Signalkrebs doch eine massive Gefahr für die Edelkrebse in der Aabachtalsperre und die Trinkwasserversorgung des Hochstiftes dar.
Baggerfahrer Namenspate
Der Wolfgangsee entstand Anfang der 70-er Jahre, als für den Bau der neuen Kläranlage Befestigungsmaterial für die Baustraße benötigt wurde.
Dazu wurde am Prinzenknapp schieferhaltiges Material abgebaggert. Die Baugrube füllte sich danach mit Grundwasser. Der Teich hat weder einen Zu- noch einen Abfluss.
Seinen Namen hat er von dem damaligen Baggerfahrer...
Tödliche Pilzkrankheit
Er überträgt eine Pilzkrankheit, die binnen Tagen den größten Edelkrebsbestand Nordrhein-Westfalens dahinraffen könnte. Folge: tonnenweise Kadaver, die das Trinkwasser verseuchen. „Tote Biomasse zehrt Sauerstoff. Die Talsperre könnte umkippen,“ sagt Ulrich Prolingheuer, Ingenieur für Landschaftspflege beim Hochsauerlandkreis.
Deshalb ist für den September eine radikale Operation geplant: die komplette Verfüllung des idyllisch am Prinzenknapp gelegenen Teiches. Ortsvorsteher Heinz Bickmann versteht die Welt nicht mehr: „Wenn man uns den Wolfgangsee wegnimmt, ist das so, als wenn in Brilon das Rochuswäldchen weg käme.“ Dem Ortsvorsteher fällt es schwer zu glauben, dass sich noch Signalkrebse in dem See aufhalten.
Denn seit der Sichtung im Herbst habe es kein weiteres Lebenszeichen dieser Tiere gegeben. Selbst zwei Taucher, die zwei Stunden lang das bis zu drei Meter tiefe Gewässer absuchten, hätte nichts entdeckt. Auch durch den Strahl einer starken Taschenlampe ließen sich die Krebse nicht anlocken. Andreas Ries hat das versucht: „Die Edelkrebse in der Aabach kommen sofort“, weiß er.
Krötenzaun soll Abwanderung verhindern
Um eine Abwanderung der Signalkrebse zu verhindern, wurde ein Krötenzaun rund um den Wolfgangsee angebracht. Alle paar Meter steckt ein Eimer im Boden. Diese Tage hatten sich in einem zwei Kröten und ein Frosch gefangen. Im Frühjahr, erzählt Andreas Ries, seien es sicher „60 bis 70 Feuersalamander“ gewesen, dazu Kreuzkröten. „Die brauchen das Wasser zum Laichen“, sagt er. Genau wie die Libellen, die rund um den Teich herum über die Pflanzen tanzen. Sie alle stehen unter Artenschutz, genau wie das Moderlieschen, das neben Rotauge, Rotfeder, Hecht und Zander in dem Teich vorkommt. Letztere, erzählt der Hobby-Angler, seien „natürliche Feinde des Signalkrebses“. Das gilt auch für Aale, über deren Einsetzen der Aabachverband Anfang des Jahres einmal nachgedacht hatte. Schon damals hatte die Höhere Fischereibehörde bei der Bezirksregierung die wirksame Vernichtung des gesamten Signalkrebs-Bestandes gefordert.
Da der Einsatz von Gift in Deutschland verboten ist, bleibt als letzte Lösung, den See komplett zu verfüllen und nach einem Jahr wieder neu anzulegen. Rund 90 000 Euro soll das kosten. Dazu gibt es 80 Prozent Zuschuss, den Rest teilen sich der HSK (15 Prozent) und der Aabachverband (5 Prozent).
Bürgerversammlung geplant
Auf die Stadt Brilon kommen also keine Kosten zu. Sie kann sich aber auch nicht gegen diese radikale Maßnahme wehren. Denn dann sei die Stadt als Eigentümerin des Wolfgangsees für die gesetzlich vorgeschriebene Bekämpfung invasiver Arten in der Pflicht und auch für etwaige Folgen in der Haftung. Auch wenn Bürgermeister Dr. Bartsch glaubt, dass hier „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“ werde, ist er sich im Klaren: „Wenn wir uns sperren, übernehmen wir für mögliche Schäden die volle Verantwortung.“ Der HSK als Untere Naturschutzbehörde habe die Verfüllung des Teiches und die damit verbundene Zerstörung des kompletten amphibischen Biotops unter dem Artenschutzaspekt als „Frage der Abwägung“ bezeichnet.
Das trifft manchen Madfelder mitten ins Herz, sagt Ortsvorsteher Bickmann. Und auch Dr. Bartsch weiß: „Die Einwohner identifizieren sich mit dem Wolfgangsee.“ Deshalb müsse man „sie mitnehmen und ihnen erklären, was dort passiert“. Anfang September soll es eine Bürgerversammlung geben.
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