Medebach. Am dritten Verhandlungstag gab es eine neue Bestandsaufnahmen im Fall der neunfach Mutter. Das Jugendamt HSK wusste von den Zuständen in der Familie.
Dritter Verhandlungstag am Dienstag im Prozess gegen eine 38-jährige, neunfache Mutter vor dem Amtsgericht Medebach. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr fahrlässige Tötung eines Sohnes und fahrlässige Körperverletzung einer Tochter vor. Der knapp zweijährige Sohn soll kurz vor seinem Tod nur noch rund 6000 Gramm gewogen haben. Die Schwester konnte in letzter Minute gerettet werden. Beide Kinder – das hat die bisherige Beweisaufnahme ergeben – waren massiv unterernährt.
Jugendamt werden massiver Versäumnisse vorgeworfen
Auszüge aus dem Familiengutachten, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörtert wurde, machten am Dienstag deutlich, dass schon im Vogtland, wo die Familie vorher gewohnt hatte, eine massive Vernachlässigung der Kinder aktenkundig war. Als die Familie ins Sauerland umzog, sollen diese Notizen auch dem Jugendamt des HSK zugeschickt worden sein. Darin ist von „erheblichen Defiziten“ bei allen Kindern und von Kot an den Wänden die Rede. Die Kinder sollen massive Ess-Störungen gehabt haben. Nachdem sie aus der Obhut der Mutter herausgenommen wurden, sollen sie ohne Ende gegessen haben. Das Gericht wirft dem HSK-Jugendamt massive Versäumnisse in der Kontrolle der Familie vor. Die Staatsanwaltschaft schließt ein Verfahren gegen Verantwortliche der Behörde nicht aus.
Die angeklagte Mutter sei psychisch gesund
Eine bedeutsame Aussage kam am Dienstag von Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus Bad Fredeburg: „Die Angeklagte ist psychisch gesund. Ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ist nicht beeinträchtigt.“ Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe die Frau gewusst, dass den beiden Kindern durch ihr Nicht-Handeln etwas Schlimmes passieren kann. Der Facharzt kommt zu der Ansicht, dass die neunfache Mutter aus Überforderung nicht adäquat reagiert hat. „Sie neigt generell dazu, unangenehme Dinge zu verdrängen und zu verleugnen.“
Am 16. Februar wird die Verhandlung fortgesetzt. Dann wird es vermutlich auch ein Urteil geben.