Hallenberg. . Frauen fahren anders Motorrad. Entspannter und risikoärmer. Als Sozius auf Tour im Sauerland mit vier Frauen aus Hallenberg.
„90 Kilo Zuladung. Eine Menge“, sagt Katrin Pauly. „Besonders für Frauen, die am liebsten alleine fahren.“ Zuladung? Mit diesem Begriff verbindet nicht jeder gleich das eigene Körpergewicht. So gesehen: ein schwerer Fall. Die Köchin vom Biker-Treff „Zum wilden Zimmermann“ macht Mut. „Ich finde jemanden.“
Eine Frau soll das journalistische Schwergewicht mit dem Motorrad durchs Sauerland kutschieren. Warum? Um zu erfahren, ob Frauen anders als Männer Motorrad fahren. Sie gibt also Gas, er sitzt hinten und hat Spaß.
Angela Paffe, Betreiberin einer Tankstelle, erklärt sich bereit. „Obwohl“, schränkt sie ein, „zuletzt habe ich vor zehn Jahren jemanden mitgenommen.“ Eine erste vertrauensbildende Maßnahme? Egal. Die 56-Jährige ist für klare Worte – und nimmt die Herausforderung an.
Herausforderung? Ja. Allein die Maschine wiegt vollgetankt 217 Kilo. Gewicht, das auf zwei Rädern kontrolliert werden will. Es klappt – auch mit dieser Zuladung. In den ersten engen Kurven hinter Medelon flattert die Maschine leicht. Mehr nicht. Geradeaus legt sie eine Schippe drauf. Ordentlich. „Ich fahre gerne schnell.“
Geschwindigkeit erfährt neue Dimension
Wer im Leben einmal auf einer gezündeten Rakete sitzen will, muss Motorrad fahren. Geschwindigkeit erfährt eine neue Dimension. Buchstäblich. Wie schnell? Keine Ahnung. 130 km/h? 140 km/h? Der Blick über die Schulter verbietet sich. Der Oberkörper macht sich hinter ihrem Rücken klein. Schrumpft. Nur dem Wind keinen Angriffspunkt liefern. Manchmal, aus Unerfahrenheit, küssen sich beim Beschleunigen die Helme. Mit ihrem Sozius ist sie über die Distanz zufrieden. „Angst?“ „Nein.“ Und lobt: „Sie sitzen schön still. Nicht so zappelig. Das ist gut.“
Die Gesichter der Frauen verraten eines: Sie gehen in ihrem Hobby auf. Bis zum Führerschein, bis zur eigenen Maschine, ist es für alle kein leichter Weg gewesen. Die Eltern verbieten es, melden Bedenken an, erinnern an die Gefährlichkeit und geben den Hinweis, es den Männern zu überlassen. Jahre später sind sie als Bremser in der Jugend vergessen. Und über das Motiv, selbst das Lenkrad in die Hand zu nehmen, herrscht bei den Frauen Einigkeit: Als Beifahrerin auf dem Motorrad hat man wenig Sicht und es ist öde und langweilig.
Motorrad-Wallfahrt nach Werl - MotoMaria
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Männer suchen mehr das Risiko, Frauen die Entspannung
Alleine auf zwei Rädern. Eine eigene Welt. „Es ist ein anderes Gefühl, ich genieße die Landschaft und bekomme den Kopf wieder frei“, sagt Nadine Guntermann, Qualitätsmanagment-Beauftragte für Schlachtung. Und Krankenschwester Helen Schweitzer pflichtet bei: „Wenn ich fahre, bin ich eins mit mir. Niemand stört. Das ist Freiheit pur.“ Nicht anders ergeht es Köchin Katrin Pauly: „Unterwegs kann ich den Stress vom Alltag abbauen.“
Gerne darf es für das Quartett aus Hallenberg schnell und kurvenreich sein. Also fahren sie wie die Männer? „Nein“, ist Angela Paffe überzeugt. „Männer suchen mehr das Risiko, reizen die Kurven gerne bis zum Ultimo aus. Sie brauchen offenbar den Kick. Ich wundere mich immer wieder, dass sie die Autos überholen, wenn sie erst kurz vor der Kurve sind.“
Für Raserei haben die Vier kein Verständnis. „Wer das will“, sagt Katrin Pauly, „der sollte sich auf dem Nürburgring ein Ticket ziehen und Rennen fahren. Nicht hier.“ Ihr Ding ist es nicht, auf einem Brennofen oder Rennsemmel, wie sie sagen, durch die Gegend zu heizen. Die Frauen tanken Sauerland mit Genuss. Unaufgeregt und entspannt. „Einmalig mit dem Moped“, sagt Nadine Guntermann.
"Wir fahren Moped"
Moped? Warum diese Verniedlichung? „Kein Mensch sagt, ich fahre Motorrad“, sagt die 29-Jährige. „Wir fahren Moped.“ Alle nicken. Gerne mal mit Musik. „Aber keine Klassik.“ Noch eine Frage? Ja. Halbnackte Frauen räkeln sich aus Verkaufsgründen auf Motorrädern. Ihre Meinung? Große Einigkeit: „Das geht gar nicht.“ Dass Männer auf Messen diese Maschinen in Trauben umlagern und Fotos machen, wundert das Quartett nicht. So sind die Männer. Der Sozius für einen Tag gehört dazu. „Ich habe extra vor der Fahrt hinten den Reifendruck von 2,5 auf 2,9 bar erhöht“, sagt Angela Paffe. „Das war nötig.“ Danke, sagt – die Zuladung.
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