Altkreis. Nach dem tragischen Unglück beim Schützenfest in Marsberg verzichten viele Schützenvereine in der Region auf das Anböllern ihres Festes.

Das Leben geht weiter. Muss es. Auch nach dem tragischen Unglück in Niedermarsberg, wo der amtierende Schützenkönig am Samstag beim Böllern tödlich verletzt wurde, wird an diesem Wochenenende in acht Dörfern Schützenfest gefeiert. Geböllert wird dabei nirgends. Nicht nur wegen des Unglücks, sondern in allen acht Dörfern traditionell nicht. Was aber auffällt: An den Bruderschaften und Vereinen geht das Geschehen nicht spurlos vorüber.

Alle überlegen, wie sie den Spagat schaffen, ein lange vorbereitetes Fest feiern zu wollen und trotzdem einen Blick an die Diemel zu richten. Nach gestrigem Kenntnisstand bleibt es beim Termin für die Verabschiedungsfeier am Samstag in der Marsberger Propsteikirche. Dann werden aller Voraussicht nach auch aus allen Vereinen und Bruderschaften des Kreisschützenbundes der amtierende König und ein weiterer Vertreter dem Verstorbenen die letzte Ehre erweisen. „Einzelheiten werden wir den Mitgliedern noch rechtzeitig bekannt geben. Wer von sich aus bei seinem eigenen Schützenfest einen Trauerflor an der Fahne anbringen möchte, kann das tun. Wir stellen die Entscheidung aber jedem frei“, sagt Kreisoberst Dieter W. Braun.

Gedenkminute für toten Schützenkönig

Aber wie gehen die Vereine an diesem Wochenende mit dem Thema um? „Bei uns wird traditionell nicht geböllert. Wir haben das vor Jahren schon eingestellt. Wir hatten ohnehin keine eigenen Kanonen und keine eigene Ausrüstung“, sagt Lorenz Knust, Brudermeister und Hauptmann der St.-Sebastian-Schützenbruderschaft Giershagen. Im gesamten Vorstand sei man tief betroffen und überlege noch, wie man das Geschehen aus Marsberg in das eigene Schützenfest einbeziehen können: „Vielleicht bei der Kranzniederlegung am Ehrenmal oder in der Schützenmesse.“ Es sei ein tragisches Unglück; jetzt fortan nur noch den Kopf in den Sand zu stecken, werde dem Vorfall aber auch nicht gerecht.

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Ähnlich sieht das Mathias Pieper, 1. Brudermeister der Johannes-Schützen in Siedlinghausen. „Bei uns hat das Böllern nie Tradition gehabt. Wir haben es mal zu Jubiläen gemacht. Aber ich halte es auch mit Rücksicht auf Kinder und Tiere und - wie man jetzt sieht - aus Sicherheitsgründen für nicht optimal.“ Eine 100-prozentige Sicherheit gebe es natürlich nie, trotz bester Absicherungen sei man vor Unglücken – wie in Menden beim Schützenfestumzug – nie gefeit. Auch die Siedlinghauser erwägen, eine Gedenkminute für den verstorbenen Marsberger König einzulegen. Dieselben Überlegungen stellt auch Heiner Schleimer, 1. Brudermeister der St.-Hubertus-Schützen in Niedersfeld an. Auch dort wird traditionell nicht geböllert. „Lediglich zu besonderen Anlässen haben die Züscher ,Böllerrätze’ mal ausgeholfen“, sagt er.

Ein Zeichen setzen

In Züschen wird übernächste ­Woche Schützenfest gefeiert. Und dort ist das Anböllern oben von der Kapelle am Hackelberg seit langer Zeit Tradition. Der 1. Brudermeister und Hauptmann Wolfgang Harbeke denkt aber zusammen mit den „Böllerrätzen“ und dem Vorstand darüber nach, ob die „Huberta“, eine ähnliche Kanone wie die in Marsberg, dann im Stall bleibt. „Wir sollten schon irgendwie ein Zeichen setzen.“ Der Großteil der Böllerei wird in Züschen mit Handfeuerwaffen gemacht und dabei, so Harbeke, sei noch nie etwas passiert.

Anders in Altenbüren. Dort ist es vor Jahren schon einmal zu einem folgenschweren Unfall mit einem Standböller gekommen. Seitdem hatte dieser Brauch geruht. „In diesem Jahr wurde erstmals wieder während der beiden Prozessionen geböllert“, sagt Manuel Meyer. Er hat dafür eigens Lehrgang und diverse Prüfungen abgelegt, um das Böllern wieder aufleben lassen zu können.

Die St.-Sebastian-Schützenbruderschaft Alme gedenkt im Rahmen des Schützenfestes am Wochenende des verstorbenen Marsberger Schützenkönigs André Bieker in der Schützenmesse und auch am Ehrenmal. „Wir werden dort unserer Trauer Ausdruck verleihen“, so Walter Scholz, 1. Vorsitzender und Oberst. Kanonenschüsse gibt es beim dortigen Schützenfest nicht.

In der Schützenmesse und im Rahmen des Gedenkens an die verstorbenen Schützenbrüder in der Halle wird beim Schützenfest in Dreislar des Opfers gedacht. „Danach spielt die Musik einen Choral“, sagte gestern Markus Mause, Hauptmann der St.-Hubertus-Schützenbruderschaft. Auch in Dreislar gibt es kein „Böllern“.

„Wir böllern nicht an, haben wir noch nie gemacht“, berichtet Hans Jürgen Lichte, Ehrenvorsitzender des Bürgerschützenvereins Düdinghausen. Ob und in welcher Form der Verein die Trauer um den verstorben Marsberger Schützenkönig darstellt, ist noch nicht bekannt. Wie der Schützenverein Erlinghausen mit der Situation umgehen wird, wollten die Mitglieder gestern Abend auf der Vorstandsitzung besprechen, erklärt der 2. Vorsitzende Jörg Wilk. Die Schützenbruderschaft St. Bernardus Esshoff, wo Böllern kein Thema ist, wird, so Vorsitzender Kay Jonassohn, im Festablauf des verstorbenen Schützenkönigs gedenken.