Mönchengladbach. Die Aufbruchstimmung beim VfL Bochum ist nach dem 0:3 in Gladbach dahin. Es kommen wieder Zweifel an der Bundesligatauglichkeit auf.

Dieter Hecking wollte einfach nur schnell weg. Runter von der Bühne, auf der er zwei Jahre lang als Trainer von Borussia Mönchengladbach gearbeitet hatte. Sein Kollege Gerardo Seoane konnte dem 60-Jährigen nach dem Samstagabendspiel noch einen Handschlag abringen, ehe Hecking dann mit zerknirschter Miene zügig in die Katakomben lief. Die 0:3-Niederlage des VfL Bochum ließ den Besuch bei seinem früheren Klub für ihn zu einer bitteren Angelegenheit werden.

In einer recht schonungslosen Analyse zum Auftritt des Tabellenletzten griff er später den Medienvertretern vorweg. „Wenn einer nach meiner Rückkehr fragen will: Lieb und nett waren wir“, sagte Hecking. Er benannte Attribute, mit denen sich Bochum zwar wieder einmal als gern gesehener Gast im Borussia-Park erwies, die dem Revierklub in seiner Lage aber sicherlich keine Hilfe sind. Vor allem aufgrund der eigenen Harmlosigkeit verlor der VfL Bochum auch das vierte Spiel in Mönchengladbach seit seinem Wiederaufstieg 2021.

Die Partie versetzte der zuletzt beim Schlusslicht vernommenen Aufbruchstimmung im Abstiegskampf einen massiven Dämpfer. Nach dem wichtigen 1:0 gegen den FC St. Pauli und dem spektakulären 3:3 gegen RB Leipzig zeigte das Team auswärts mal wieder eine besorgniserregend schwache Leistung.  „Die Tore, wie wir sie kriegen – das war nicht bundesligareif, das muss ich so deutlich formulieren“, haderte Hecking. Auch Stürmer Philipp Hofmann zweifelte Bochums Tauglichkeit für die höchste deutsche Spielklasse an: „Nur zu Hause reicht es nicht. So bleiben wir nicht in der Liga.“

VfL Bochum mit eklatanter Auswärtsschwäche

Von zehn Auswärtsspielen hat Bochum in dieser Saison neun verloren, die nach dem Feuerzeug-Wurf bei Union Berlin für den VfL gewertete Partie (2:0) wäre ein Sieg am Grünen Tisch, wenn die Entscheidung des DFB-Sportgerichts auch nach der Berufung vor dem Bundesgericht Bestand hat. Doch auch mit drei Punkten aus dem Spiel in Berlin wären die Bochumer aktuell noch auf dem 18. Rang. Im Kampf um den Klassenerhalt sind sie nach der jüngsten Pleite zurück auf dem Boden der Tatsachen.

Zurück an alter Wirkungsstätte: Bochum-Trainer Dieter Hecking am Samstagabend im Borussia-Park.
Zurück an alter Wirkungsstätte: Bochum-Trainer Dieter Hecking am Samstagabend im Borussia-Park. © dpa | Federico Gambarini

In Sachen Auswärtsschwäche gelte es, „schnellstmöglich Knöpfe zu drücken“, forderte Hecking: „Ich habe gedacht, dass wir das irgendwann in den Griff kriegen. Aber heute bin ich echt ernüchtert, weil das in der Form nach dem 3:3 gegen Leipzig nicht zu erwarten war.“ Im Duell mit RB hatte der VfL einen 0:3-Rückstand durch den 13-Minuten-Hattrick von Myron Boadu aufgeholt. Diesmal war schon nach dem 0:1 durch Rocco Reitz (34. Minute) nach Vorlage des Ex-Bochumers Kevin Stöger kein Aufbäumen mehr zu erkennen.

Mit einer einfachen, kurze Eckenvariante hatten die Gladbacher beim Führungstreffer ihre Gäste ausgetrickst. Vor dem 0:2 (55.) holte Nationalspieler Tim Kleindienst dann mit viel Einsatz einen Einwurf heraus, den er selbst zur Vorlage für Robin Hack nutzte. „Das 0:2 durch Robin darf nicht fallen. Wir sind noch so nett und freundlich, gute Gäste, helfen dem Tim Kleindienst mehr oder weniger auf, dass er den Einwurf ausführen kann“, sagte Hecking. „Auch das Abwehrverhalten in der letzten Kette war zu einfach.“

Hofmann:: „Die Fehler dürfen nicht passieren“

Vor allem Innenverteidiger Tim Oermann enttäuschte in Gladbach. Vor den ersten beiden Gegentoren schaltete der 21-Jährige zu langsam, vor dem dritten spielte er einen laschen Rückpass auf Torwart Patrick Drewes. Kleindienst verwertete den umstrittenen Foulelfmeter nach Drewes‘ Einsteigen gegen den eingewechselten Nathan Ngoumou im Nachschuss (86.). „Die Fehler dürfen hier nicht passieren“, monierte Hofmann: „In keinem Spiel darf das passieren.“

Bochums Tim Oermann (Mitte) vor Gladbachs Tim Kleindienst.
Bochums Tim Oermann (Mitte) vor Gladbachs Tim Kleindienst. © Jürgen Fromme/firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Hecking muss mit seiner Mannschaft nun daran arbeiten, dass diese Patzer möglichst nicht mehr vorkommen. Am nächsten Samstag (15.30 Uhr/Sky) tritt der SC Freiburg im Ruhrstadion an, acht Tage später wartet Aufsteiger Holstein Kiel – ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf. Mit einer Leistung wie in Gladbach werde seine Mannschaft „auswärts wenige Punkte holen“, prognostizierte Hecking. Wenn die Bochumer noch ein fünftes Jahr in der Bundesliga absolvieren wollen, dürfen sie keine Geschenke mehr verteilen.  

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