Wittgenstein. Skilanglauf ist in Sachen Corona kaum bedenklich. Die Loipenskigebiete wappnen sich für einen Ansturm und wollen neue Wege bestreiten.

Der goldene Herbst ist vorüber, ein paar erste Schneeflocken haben vor Wochenfrist den Winter angekündigt. Ein „richtiger“ Wintereinbruch mit viel Schnee ist zwar auch für die beiden kommenden Wochen nicht angekündigt, doch irgendwann wird es so weit sein. Die Wittgensteiner Vereine sind gut vorbereitet. „Ich bin mir sicher, dass die Kollegen in den einzelnen Gebieten ihre Loipenspurgeräte rausschicken, sobald die Schneelage es zulässt“, sagt Stefan Küpper, Vorsitzender der Nordicsport-Arena Sauerland. Spuren in den Schnee zu ziehen verstößt gegen keine Corona-Auflage.

Anders sieht dies bei Verleihen, Hütten und Skischulen aus – sie bleiben vorerst geschlossen, werden aber öffnen, sobald dies möglich ist. Der Sport an sich ist möglich, wenngleich gemäß der jeweils aktuell geltenden Auflagen – aktuell also alleine oder mit Menschen aus dem eigenen Haushalt.

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Die schneesichersten und am meisten genutzten Skilanglaufzentren in Wittgenstein sind das Gebiet an der Pastorenwiese beim SK Wunderthausen sowie das auf der Steinert beim SC Girkhausen. Wenn die Schneesituation gut ist, ist der Parkplatz am Albrechtsplatz schon normalen Wintern schnell gut gefüllt. Diesmal könnte es eng werden.

„Wir rechnen auf jeden Fall damit, dass wegen Corona mehr Leute kommen, zumindest wenn wirklich richtig viel Schnee da ist“, sagt Detlef Buchwald, Vorsitzender des SC Girkhausen. „Das könnte einen Boom entfachen, so wie im Sommer mit den Fahrrädern. Leuten, denen sonst die Zeit fehlt oder die anderen Sport machen, werden ihre Ski aus dem Keller holen.“ Auch Küpper ist sich sicher: „In den kommenden Monaten wird der Langlauf eine besondere Bedeutung bekommen.“

Umso ärgerlicher wäre, wenn der Verein keinen Umsatz mit seiner Skihütte machen könnte, um die Förderung des Leistungssports zu finanzieren. „Die Hütte dürfen wir erst aufmachen, wenn es die normale Gastronomie auch darf“, sagt Buchwald. Eine Option sei ein Verkauf aus dem Fenster oder an den Hütten im „Stadion“.

Tagesticket werden zu Fuß abkassiert

Während die Alpinskigebiete von Ticketverkauf leben, ist die Nutzung der Loipen grundsätzlich frei. Um die schmalen Vereinskassen aufzubessern, bieten die Gebiete den freiwilligen Kauf von Loipentickets an. Wer dem Sport etwas Gutes tun möchte, wird für 30 Euro im Jahr Mitglied im Verein Nordicsport-Arena. Das freiwillige Tagesticket kostet 4 Euro. Doch nicht überall gibt es eine Box, in welche die Münzen geworfen werden können.

„Etwas am Albrechtsplatz aufzuhängen, halten wir für schwierig, so ein Kasten wäre vermutlich schnell weg“, sagt Buchwald. Stattdessen will der Verein in diesem Winter Läufer auf der Steinert persönlich ansprechen. „Wir haben eigens Westen mit dem Aufdruck der Nordicsport-Arena bestellt und werden die Leute dann unterwegs ansprechen. Die meisten sind erfahrungsgemäß bereit, für das Tagesticket zu zahlen“, sagt Buchwald.

Die Beiträge sind zwar freiwillig, der Verein ist jedoch auf diese Einnahmen angewiesen – ohne Hüttenbetrieb erst recht. Allein schon, um die (Sprit-)Kosten für die Vorbereitung des Langlaufzentrums wieder einzuspielen.“

Skiclub-„Maschinist“ Kai Patzschke hat im Oktober mit einem Trecker das komplette Loipennetz mit einem Trecker abgefahren, um das Gras abzuschneiden und den Boden zu mulchen – damit die Ski, wenn der Schnee kommt, auch möglichst harmonisch gleiten. „Das sind 25 Kilometer, da war er sicher 50 Stunden unterwegs. Immer wieder mal zwei, drei Stunden am Abend“, sagt Buchwald.

Eine 18-Mann-Gruppe habe in Dreierteams den Rest erledigt, etwa mit der Motorsense die Bereiche frei geschnitten, die mit dem Trecker nicht erreichbar sind. Mit dem Hoch-Entaster werden herunterhängende Äste entfernt, die Läufer stören oder die Loipenraupe schädigen könnten. „Wenn du den Entaster den ganzen Tag getragen hast, gibt das lange Arme“, schmunzelt Buchwald.

Forstarbeiten kein großes Thema

Das Reinigen und Stabilisieren der Loipenbeschilderung, der Skihüttenputz und das Flottmachen der Spurgeräte waren die weiteren Arbeitsschritte. In den kommenden Wochen müssen nur noch die Wege nachgebessert werden, wenn diese durch die Forstarbeiten im Zuge der Borkenkäferkatastrophe in Mitleidenschaft gezogen werden. „Da oben muss noch viel Wald abgefahren werden, das trifft auch Teile unserer Strecke“, sagt Buchwald. Allzu schlimm sei es aber nicht: „Das ist halt so, es trifft uns nicht total hart. Wir sind jetzt bereit und warten nur noch auf den Schnee.“

Noch nicht aufgegeben ist außerdem die Hoffnung auf die Durchführung des Silvesterlaufs auf der Steinert. Der Verein hält bereits Rücksprache mit dem Gesundheitsamt. Als Freiluft- und Einzelstartveranstaltung ist das Infektionsrisiko vergleichsweise gering. Buchwald: „Die Aktiven haben das ganze Jahr trainiert. Es wäre bitter, wenn es nichts gäbe.“

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Beim Wintersport auf nationaler Ebene wird es im Winter, wenn überhaupt, nur ein Schmalspurprogramm geben. Beim Skilanglauf hat der DSV seine Pläne für das Deutschlandpokal-Wochenende in Seefeld verworfen. Auch eine Austragung am angedachten Ausweichort Ruhpolding ist eher unwahrscheinlich, weil der Inzidenzwert im Kreis Traunstein kürzlich bei über 400 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen lag. Aktuell wird überlegt, eine dezentrale Challenge wie im Sommer durchzuführen – als Cross- oder Skirollerlauf. „So gäbe es für die Athleten zumindest wieder einen ungefähren Anhaltspunkt bei der Leistungsentwicklung“, erläutert Landestrainer Stefan Kirchner.

In der U20 ist ein Qualifikationswettkampf für die geplanten Continental-Cups in der Diskussion, bei dem aber allenfalls Landeskader-Athleten teilnahmeberechtigt wären. Dies würde aus Wittgenstein auf Birger Hartmann (VfL Bad Berleburg), Jan Stölben (SK Wunderthausen) und Max Bernshausen (SC Rückershausen) zutreffen. Alle trainieren wegen Corona aktuell alleine oder werden von Kirchner in 1:1-Betreuung gecoacht.

Offener Brief des Deutschen Skiverbandes

Im Biathlon ist der Alpencup und Deutschlandpokal in Ridnaun (Italien) abgesagt. Bei einer möglichen Verlegung kämen nur die Hauptklassen und die Junioren zum Zuge – die Jugendlichen des VfL Bad Berleburg wären also nicht dabei.

In der Nordischen Kombination ist, anders als üblich, eine Abspaltung von den Wettbewerben der Spezialspringer vorgesehen. Während diese am 12. und 13. Dezember einen Deutschlandpokal in Oberstdorf bestreiten, könnten die Kombinierer parallel in Oberwiesenthal antreten – aufgrund der Schneelage und des hohen dortigen Inzidenzwerts (gestern: 283) steht dahinter noch ein Fragezeichen.

Der Deutsche Skiverband hat sich derweil mit einem offenen Brief an die Politik gewandt und pocht auf Augenmaß bei den Einschränkungen: „Der Wintersport ist nicht gleichzusetzen mit Party-Tourismus und Après-Ski-Events.“