Siegen-Wittgenstein. Acht Spieltage mehr, aber vier Wochen weniger Zeit als üblich. Die Reaktionen und Probleme bei den beteiligten Vereinen sind unterschiedlich.

Das hat es so vielleicht noch nie in Siegen-Wittgenstein gegeben: Eine Fußball-Kreisliga mit 19 Mannschaften und dementsprechend 38 Spieltagen bzw. 36 Partien je Mannschaft. Verhältnisse wie in der englischen Premier League – doch ist das für die Amateurclubs überhaupt leistbar?

Es ist noch offen, wann genau es losgeht mit dieser A-Kreisliga im XXL-Format, die durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenden Sonderregelungen beim Auf- und Abstieg zustande kommt. Aktuell deutet viel auf einen Beginn im September hin, was die Sache umso komplizierter macht, denn gegenüber dem „normalen“ Rahmenterminplan wird man dann schon vier Spieltage im Rückstand sein.

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Heißt im Klartext: Soll die Saison wie angedacht am Pfingstmontag, 24. Mai, enden, müssen zwölf (!) zusätzliche Spieltage abweichend vom ursprünglichen Plan untergebracht werden. Denkbar ist dies nur mit einer Verkürzung der Winterpause sowie mit Wochenspieltagen.

Mit Englischen Wochen – hinzu kommt ja noch der Pokal – treten in einigen Vereinen logistische Probleme auf. Betroffen ist beispielsweise der SV Feudingen, der inklusive Frauen vier Seniorenteams aufbietet, hinzu kommt der Nachwuchsbereich und der TuS Volkholz, der das Tannenwaldstadion ebenfalls nutzt. „Das wird spannend, wenn unter der Woche mehrere Spiele sind und die anderen Mannschaften dann noch trainieren wollen“, sieht Geschäftsführer Jan Saßmannshausen viel Moderationsarbeit in Sachen Platzbelegung.

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Noch schlimmer trifft es die SG Siegen-Giersberg, die sich den Platz am Sender mit dem 1. FC Dautenbach teilt. 33 (!) Senioren- und Jugendmannschaften tummeln sich dort in Summe. „Der Platz ist jetzt schon jede Woche vollkommen ausgebucht. Diese Saison wird massiv in unseren Trainingsbetrieb eingreifen“, sieht Martin Glimm, Vorstandsmitglied der SG Siegen-Giersberg, Enttäuschungen ein Stück weit vorprogrammiert.

Spieler hochziehen? Schwierig

Sportlich sehen sowohl Feudingen als auch Siegen-Giersberg keine übermäßigen Probleme. „Studenten, die während der Woche fehlen, Monteure und Schichtarbeiter haben wir nicht in einer größeren Masse“ heißt es unisono.

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„Für die kleineren Mannschaften wird es etwas komplizierter. Das Thema Regeneration wird uns mehr beschäftigen, zumal es schwieriger wird, Spieler aus der zweiten Mannschaft unter der Woche hochzuziehen, da sie ja am Wochenende in der Zweiten gesperrt wären“, sagt René Seiferth, Sportlicher Leiter der SG Laasphe/Niederlaasphe. Persönlich freut er sich dennoch: „Eine Liga mit 19 Mannschaften finde ich sehr interessant.“

Auch sonst wird eher nicht gejammert. „Wir nehmen es so hin, wie es ist. Wir werden es irgendwie gebacken bekommen“, sagt Stephan Hennig von der SG Hickengrund, die in der Breite etwas besser aufgestellt ist als in der Vorsaison und möglichst lange vorne mitspielen will. Hier macht man sich Sorgen anderer Art. „Im Sommer 2021 soll der Platz erneuert werden. Hoffentlich sind wir bis Baubeginn fertig“, sagt der Vorsitzende Martin Fuchs.

Beim Aufsteiger Sportfreunde Edertal sieht man die Situation entspannt und ein Stück weit sogar als Chance. „Die Kadergröße wird uns bestimmt auch helfen, ebenso der Altersschnitt unserer Spieler. Sorgen macht uns die Situation nicht“, sagt der Sportliche Leiter Sven Schneider. „Durch die Anzahl der Spiele wird im Laufe der Saison jeder genügend Einsatzzeit bekommen. Mit Blick auf die Belastungen müssen wir den Rhythmus bei jedem Spieler etwas steuern.“

Das Training könnte leiden

Der SV Netphen ist laut dem Sportlichen Leiter Marco Schneider mit 25 Spielern ebenfalls breit aufgestellt, ähnlich sieht es beim SV Setzen aus. „Es wird schwierig, aber wir werden damit zurechtkommen“, ist sich Setzens Coach Maik Wolf sicher: „Wenn sie frühzeitig bescheid wissen, bekommen die meisten Jungs mit Schichtdienst ihre Arbeitszeit passend getauscht.“

Serdar Adiller, der am Dienstag sein erstes Training bei Grün-Weiß Siegen leiten wird, hat ebenfalls 25 Mann auf der Kaderliste. Er ist aber schon lange dabei im Fußball und ahnt: „In manchen Englischen Wochen wird es vielleicht trotzdem schwierig, einen konkurrenzfähigen Kader aufzubieten.“

Beim letztjährigen Tabellenvierten VfB Burbach ist man weniger entspannt. „Wir sind mittelprächtig gut für so eine Saison aufgestellt“, sagt Co-Trainer Tobias Rath: „Im südlichen Siegerland ist sowieso eher schwierig, neue Spieler zu bekommen.“ Auch unter einem anderen Aspekt wäre ihm eine normale Saison lieber. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die wir formen und voranbringen wollen. Wenn uns durch reihenweise Spiele immer wieder Trainingseinheiten wegfallen, ist das aus Trainersicht ungünstig.“ Rath schmunzelt: „Die Mannschaft sieht das sicher anders. Die sagt immer: Alles ist besser als Training.“

Auch Thomas Barske, Geschäftsführer der SpVg Niederndorf, ist skeptisch: „Bei uns war die Situation bisher schon schwierig und der Kader oftmals knapp besetzt. Jetzt wird es sicher nicht einfacher.“

Weiteres Ungemach ist denkbar

Sebastian Reineck von Germania Salchendorf II fürchtet mit einem 25er-Kader und einer dritten Mannschaft in der Hinterhand zwar keine Notfälle. „Aber ich sehe das eher kritisch. In einer Kreisliga spielen berufliche Aspekte und Urlaube eine Rolle. 19 Mannschaften ist üppig und es weiß niemand, ob es durch neue Coronafälle oder einen harten Winter nicht alles noch enger wird“, sagt Reineck. Er betont indes: „Man kann den Verantwortlichen keinen Vorwurf machen.“

Gewohnheiten werden aufgebrochen

Sportlich bedeutet die 19er-Staffel einen vermehrten Abstieg am Saisonende, zumal auch mit mehr heimischen Bezirksliga-Absteigern als üblich zu rechnen ist. Binnen zwei Jahren sollen wieder die Soll-Staffelstärken erreicht werden.

Fraglich ist wegen der unterschiedlichen Staffelgrößen von der A- bis zur D-Kreisliga, ob gemeinsame Heimspieltage von ersten, zweiten und dritten Mannschaften in allen Fällen wie gewünscht und gewohnt realisiert werden können.