Wittgenstein. Die Wittgensteiner Vereine warten wegen teils unklarer Vorschriften mit dem Sportbetrieb ab. Kommunen warten auf Rechtsverordnung.
Verwirrung und Verunsicherung fast allerorten – so lässt sich die Gefühlslage in der heimischen Sportszene am Donnerstag und Freitag zusammenfassen. Dabei ist auf den ersten Blick alles ganz einfach. „Erlaubt ist Sport auf öffentlichen oder privaten Freiluftsportanlagen sowie Sport im öffentlichen Raum und Reitsport in geschlossenen Hallen unter strengen Auflagen: 1,5 Meter Abstand zwischen Sportlern, kein Körperkontakt. Umkleide- und Waschräume bleiben geschlossen.“ Dies gab das Land NRW am Mittwoch bekannt.
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Die Crux dabei: Eine entsprechende Rechtsverordnung zur Einigung von Bund und Ländern ließ auch am Freitagnachmittag noch auf sich warten – und damit gab es bei den Kommunen nicht nur fehlende Handlungssicherheit, sondern den Rathäusern fehlte auch Konkretes, auf das bei Nachfragen hätte verwiesen werden können.
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Die Folge: Obwohl die Athleten überall „heiß“ sind, wartet das Gros der Vereine ab – ihnen ist die Sache ein zu heißes Eisen. „Überall liest man von Standards, die eingehalten werden sollen. Bis auf den Mindestabstand liest man aber nirgendwo Details dazu“, begründete Carsten Roth, Trainer der Fußballer der SF Birkelbach, warum er für sein Team noch kein Training erwägt. Auch kein kontaktfreies. Roth weiter: „Muss ich zum Beispiel Desinfektionsmittel am Sportplatz vorhalten? Und, und, und – das ist alles nicht geklärt. Soll man das Risiko einer Strafzahlung in Kauf nehmen, weil man etwas nicht eingehalten hat, was nirgendwo deutlich beschrieben wird?“
Die Mitarbeiter des Ordnungsamts, das gewiss auch stichprobenartig die Sportplätze und Turnhallen in Augenschein nehmen wird, sind angehalten, bei Androhung von bis zu 2000 Euro Strafe auf die Einhaltung der Corona-Verordnung zu achten.
Verantwortung liegt bei den Clubs
Immerhin: Der Landessportbund hat inzwischen einen „Wegweiser für Vereine“, eine vierseitige Checkliste mit Empfehlungen zur Verfügung gestellt. Die haben es teilweise durchaus in sich.
So soll beispielsweise eine Art „Hygiene-Beauftragter“ benannt werden, sollen Handdesinfektionsmittel vor Betreten und Verlassen der Sportstätte bereitgestellt werden, soll ein Mundschutz in den Sanitäranlagen getragen werden. Die Zahl der Teilnehmer ist an die Größe der Nutzfläche gebunden und dem Übungsleiter sollen notwendige Materialien zur Einhaltung der Hygienevorschriften zur Verfügung gestellt werden – neben einem Mundschutz also auch ein Maßband oder Zollstock. Außerdem notwendig: Anwesenheitslisten.
Weitere Klarheit sollten in Sachen Hygiene die „Ausführungsbestimmungen“ bringen, auf welche die NRW-Staatssekretärin für den Sport, Andrea Milz, in ihrer Pressekonferenz vom Donnerstag verwies – doch die ließen bis gestern Abend ebenfalls noch auf sich warten. Milz machte immer wieder auch auf die allgemeine Corona-Schutzverordnung aufmerksam, die grundsätzlich zu beachten sei. Dort machten sich folglich etliche Vereine kundig. Dabei stießen sie nicht nur auf einen bei Behörden naturgemäß etwas sperrig formulierten Text, sondern machten auch einige Widersprüche aus – etwa die zu den allgemeinen Kontaktbeschränkungen.
Die Folge: Zurückhaltung. „Wir müssen die nächsten Schritte erst besprechen“, hieß es unisono aus Reihen des SV Oberes Banfetal, der am 18. Mai das Training in der Sparte Ski Inline wieder aufnehmen will, sowie beim TuS Erndtebrück und VfL Bad Berleburg.
Hallen (noch) geschlossen
Nachvollziehbar ist das – eine Verletzung der Sorgfaltspflicht oder grobe Fahrlässigkeit will sich im Falle von Infektionen im Zweifel ungern ein Vorstand vorwerfen lassen müssen. Der Ball liegt nach den Lockerungen nämlich bei den Clubs.
„Klar zu sein scheint, dass die Vereine in die Verantwortung bezüglich der Einhaltung der Auflagen genommen werden, also die Verantwortung dafür tragen, dass beispielsweise Abstandsregeln eingehalten werden“, sagt Manuel Spies, Abteilungsleiter Immobilienmanagement der Stadt Bad Berleburg.
Die kommunalen Sportanlagen gab er wegen der fehlenden Rechtsverordnung des Landes am Freitag aber noch nicht für den Betrieb frei. Somit ist auch mit einer Nutzung der Turnhallen am Montag noch nicht zu rechnen. Turn-, Gymnastik- und Gesundheitssportgruppen müssen sich also ebenso wie die Ballsportarten noch gedulden oder ihre – ab Montag erlaubten – Einheiten nach draußen verlegen.
Spies erklärte weiter: „Wie Sport unter diesen Auflagen ermöglicht werden kann, klärt die Stadt derzeit mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein und den Nachbarkommunen. Angestrebt wird eine möglichst kreisweite Regelung, über die sobald als möglich informiert wird. Die Sperrung der städtischen Sportanlagen bleibt bis zur Klärung bestehen.“
Beim VfB Banfe rollt schon der Ball
Nicht angewiesen auf die Kommunen sind Vereine, die Sportstätten im Eigentum haben. In Bad Berleburg ist dies lediglich in Beddelhausen, Berghausen, Richstein und Schwarzenau der Fall. Anders sieht es einige Kilometer südlich aus.
„Da die Sportplätze im Stadtgebiet Bad Laasphe an diverse Vereine verpachtet sind, liegt es in deren Ermessen, wann und wie der Betrieb wieder aufgenommen wird“, hieß es aus dem Bad Laaspher Rathaus.
Der VfB Banfe nutzte die Freiheiten und führte gestern Abend sein erstes Fußballtraining seit Mitte März durch, wobei er sich an den sportartspezifischen Übergangsregeln des Deutschen Fußballbundes orientierte. Diese stellt der Deutsche Olympische Sportbund so wie von 60 weiteren Fachsportverbänden im Internet zur Verfügung.
Lauf- und Athletiktraining, Dribblings und Passspielübungen sind beim Fußball ebenso kontaktlos möglich wie Torschüsse. „Von der Gestaltung her ist das nicht ganz einfach“, räumte VfB-Trainer René Röthig ein. Im Siegerland wurde übrigens in Niederdielfen und Obersdorf wieder trainiert. Dass etliche Vereine nachziehen werden, ist kommende Woche zu erwarten. Bis dahin sollte dann allerdings auch das Land „geliefert“ haben.