Mountainbike ist ein Ganzjahressport. Wer sich richtig wappnet, hat dabei viel Spaß. Das wissen auch die Experten vom Verein MTB Siegerland.

Siegerland. Wussten Sie eigentlich, dass Siegen die grünste Stadt in Deutschland ist und das Siegerland zu den waldreichsten Regionen im Land zählt? Wer hier wohnt, der hat die Natur quasi vor der Haustür, lebt in ihr und mit ihr, kann und will sich ihr nicht entziehen. Da liegt es im wahrsten Sinne des Wortes nahe, sich diese Vorzüge zunutze zu machen. Und das zu jeder Jahreszeit.

Es ist ein trister, grauer Spätnachmittag. Wir sind verabredet am Fischbacherberg in Siegen, ganz in der Nähe des Flowtrails, einem speziellen Parcours für Anfänger und erfahrene Mountainbiker hinunter in die Numbach. In diesen Wochen ist die Strecke gesperrt, sie darf erst wieder ab April benutzt werden. Winterzeit ist Ruhezeit. „Das heißt aber nicht, dass wir in der kalten Jahreszeit faul sind...“, schmunzelt Hannes Kuttler, denn Mountainbiking im Winter ist ein ganz besonderer Spaß – und bisweilen auch eine ganz besondere Herausforderung.

5 Tipps für’s Winter-Biken

1 Planung: Kurze Tage und Kälte – nicht die beste Kombination, wenn man die Abzweigung verpasst hat. Deshalb: Vergiss bei Deiner Tour im Winter nicht ein Handy mit GPS-Funktion (oder eine analoge Karte) und einen Kompass.

2 Reifenwahl: Eis, Schnee, Matsch oder nasse Wurzeln verlangen vom Reifen eine Höchstleistung. Durch grobstollige Pneus entsteht mehr Bodenhaftung. Auch Spikes können eine gute Wahl sein. Generell gilt im Winter: Weniger Luftdruck als im Sommer.

3 Bekleidung: Empfohlen wird das Zwiebelprinzip mit mehreren Bekleidungsschichten, je nach Temperatur und Wetter. Es gibt spezielles Winter-Equipment wie gefütterte Winter-Bikeschuhe, Mützen, die unter den Helm gezogen werden, und Softshell-Bekleidung.

4 Beleuchtung: Wenig Tageslicht bedeutet, dass die Beleuchtung funktionieren sollte. Es gibt speziell geformte Reflektoren und Linsen oder Scheinwerfer mit mehreren Leuchtdioden. Helle MTB-Lampen sind im Straßenverkehr nicht zugelassen. Es ist Geschmackssache, die Beleuchtung lieber am Helm oder am Lenker zu befestigen.

5 Fahrtechnik: Eine vorausschauendere Fahrweise und eine den Bedingungen angepasste Geschwindigkeit machen Sinn. Wichtig: Früher Bremsen als auf trockener Piste. Und: Obacht in schlammigen Kurven und auf glitschigen Wurzeln.

„Das macht schon einen großen Unterschied zum Sommer, aber man kann auch auf Schnee viel Spaß haben, auch wenn sich diese Chance hier in den vergangenen Jahren eher selten ergeben hat“, sagt Christian Textor. Der Würgendorfer muss es wissen, denn er ist MTB-Profi in der Enduro-Klasse, mehrfacher Deutscher Meister, auch international mit starken Ergebnissen unterwegs – und dazu das Aushängeschild des Vereins Mountainbike Siegerland, der den Flowtrail am Fischbacherberg übrigens in Eigenregie bewirtschaftet und die Wintermonate dazu nutzt, den Kurs wieder auf Vordermann zu bringen.

Richtige Kleidung und gutes Material

Christian Textor hat an diesem Tag sein Sportgerät zu Hause gelassen. Dafür ist Marc-Kevin Ebener mit seinem Bike unterwegs. Dem jungen Eiserfelder sind Wind und Wetter ziemlich egal. Er fährt das ganze Jahr, denn er liebt Mountainbiking.

„Du kannst einfach raus, musst dich an keine feste Zeiten halten, bist frei“, erzählt der 18-jährige Hobbyfahrer – und düst los, jagt so über feuchtes Laub und rutschige Wurzeln, als wäre es das Einfachste von der Welt. Er mag dieses selbstbestimmte Auspowern in der freien Natur und an der frischen Luft, ohne Zwang, ohne Zeitdruck. Und dieses ganz spezielle Körpergefühl, diese Grenzerfahrung, stellt sich insbesondere in den Wintermonaten ein, wenn andere auf der Couch liegen und ihr Bike eingemottet haben. Da kann es auf der Strecke auch mal ziemlich einsam um einen werden...

Christian Textor aus Würgendorf ist Mountainbike-Profi in der Enduro-Klasse.
Christian Textor aus Würgendorf ist Mountainbike-Profi in der Enduro-Klasse. © Rene Traut

Wer sich in der kalten Jahreszeit auf sein Bike schwingt, der hat sich extra dafür gewappnet. Das gilt für die Kleidung (Textor: „Die ist kein Schnäppchen“) wie für das Rad (siehe Extra-Kasten). Obligatorisch sind im Winter, wenn der Boden schlammig ist, Reifen mit groben Stollen.

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„Es gibt aber auch Spikes“, erklärt Christian Textor, der den Mitgliedern des MTB Siegerland ab Februar Kurse im Fitness-Studio „Benefit Sports Club“ in Siegen anbietet, um sie rundum fit zu machen für die neue Saison, aber den Anfängern auch als Ratgeber in allen Fachfragen zur Verfügung steht. Er selbst hat das „technische Fahren“ auf Schnee bzw. glattem Untergrund von der Pike auf gelernt, „denn das ist sehr wichtig, um sicher zu sein.“

Sein eigenes Revier suchen

Dies gilt insbesondere für das Kurvenfahren und Bremsen, denn auf Schnee, Eis oder Matsch beginnt die Rutschphase früher. Das gilt übrigens auch für nasse Wurzeln. „Das ist wie beim Autofahren. Da muss man auf einer glatten Fahrbahn ja auch anders reagieren“, sagt Christian Textor, der eine Erfahrung gemacht hat: „Wer im Winter dazu lernt, fährt im Sommer besser Rad.“

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Eine spezielle und legale „Winterstrecke“ für Mountainbike-Enthusiasten gibt es im Siegerland übrigens bislang nicht, weil der Flowtrail erst wieder im April geöffnet wird. Auch feste Trainingszeiten bietet der MTB Siegerland in der dunklen Jahreszeit nicht an. Deshalb muss sich jeder in dieser Übergangsphase sein eigenes Revier suchen und sich mit anderen verabreden.

Hannes Kuttler ist Pressesprecher vom MTB Siegerland.
Hannes Kuttler ist Pressesprecher vom MTB Siegerland. © Rene Traut

„Als Verein ist es unser Bestreben, das Wegenetz für Mountainbiker im Siegerland auszubauen. Ein breiteres Angebot, im Optimalfall sogar ein Rundkurs, könnte auch den Tourismus in der Region fördern und mit gastronomischen Angeboten verknüpft werden. Wir werden dahingehend den Kontakt zu den Kommunen suchen“, beschreibt Pressesprecher Hannes Kuttler eines der Ziele von MTB Siegerland. Auch ein Ausbau des Flowtrails am Fischbacherberg wird angestrebt.

Bis sich die Mountainbiker dort wieder in die Kurven legen können, geben sie sich mit ihren individuellen Strecken im Winter zufrieden. Gut eingepackt und mit dem besten Material „unter dem Hintern“, versteht sich.

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