Siegerland. Wer auf die Skipiste will, der sollte sich gut vorbereiten. Ideal ist die Skigymnastik, die im Siegerland von vielen Vereinen angeboten wird.
Immer dem Rhythmus der Musik nach. „Cooooordula Grün“, schallt es aus dem Lautsprecher. In Gedanken zwischen schneebedeckten Gipfeln unter tiefblauem Himmel, weite Schwünge auf die Piste ziehend, geht es mitten hinein in den Sportraum im Aktivzentrum des TVE Netphen.
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„Es soll ja auch Spaß machen“, erklärt Sandra Jüngst. Die bekannten Apres-Ski-Hits bestimmen dennoch nicht die Übungsstunde. Das „Winter-Workout“, wie die Netphener ihren Skigymnastik-Kurs ankündigen, soll die Teilnehmer fit machen für die Piste, weniger für die Hütte. Guido Preisner, Altherren-Fußballer beim VfB Wilden, will mit Dehnübungen nach der, wie er sagt, „einseitigen Fußball-Belastung“, Probleme im Oberschenkel vorbeugen.
Sein Ziel: schöne Skitage in Schladming im Januar, in Obertauern im März. Sie habe einmal vor einem Winter nichts gemacht, erklärt Bärbel Preisner, die mit ihrem Mann auf die Piste gehen wird, und gleich hätten die Beine geschmerzt. Dem vorzubeugen, dabei hilft Sandra Jüngst. Es gehe um Ausdauer, Haltemuskulatur, Gleichgewicht. „Das ist alles ganz wichtig beim Ski fahren“, erklärt die Fitness-Trainerin. Ihr Credo: in einer Stunde den ganzen Körper ansprechen.
Kondition und Stabilität im Körper
„Wir machen alles, was man zum Skifahren braucht“, sagt Regine Göttert von den Skifreunden Hüttental, „um das Verletzungsrisiko zu vermindern.“ Eine „gewisse Kondition und Stabilität im Körper“ müsse man haben, bevor es auf die Piste gehe. Und so hat die Übungsleiterin des einzigen reinen Skivereins in Siegen „den Fokus nicht nur auf der Beinmuskulatur“, wie sie betont. Balance, Bauch- und Rückenmuskulatur spielen eine große Rolle. Und auch Stürze: „Bei einer Übung lassen sich die Teilnehmer aus der Hocke nach vorne fallen.“
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Viele Skifahrer des Vereins seien „sehr sportlich unterwegs“, betont Regine Göttert. Die nächste Reise der „Skifreunde“ führt im Februar nach Saalfelden. Und so gehöre hin und wieder „der eine oder andere Klassiker“ ins Programm der Skigymnastik, sagt die Übungsleiterin. Wie etwa die legendäre Zwei-Minuten-Abfahrt mit Sprüngen über vermeintliche Bodenwellen aus der einstigen Fernseh-Sendung „Tele Ski“ mit Rosi Mittermaier und Christian Neureuther.
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Seit über 40 Jahren gibt es die Skigymnastik-Gruppe beim TV Jahn Siegen. Einige seien von Beginn an dabei, sagt Klaus Leukel, viele als Ehepaare. Kurt Schweisfurth ist 77 Jahre alt, hält sich in der Gruppe fit, auch wenn er das Ski fahren inzwischen aufgegeben hat. Der älteste Teilnehmer ist Klaus Porath mit sogar 83 Jahren. „Früher wurde reines Powertraining gemacht für Beine und Arme“, erinnert sich Übungsleiter Klaus Leukel.
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Übungsstunden mit Skistöcken, Skischuhen oder Hindernislauf standen auf dem Kurs-Programm für den Herbst 1980. Inzwischen, so Leukel, liege der Fokus auf Training für den ganzen Körper, mit Core-Workout, Entspannungstraining oder Kardio-Übungen. Neben den Kursen gehen sie auch im Sommer zusammen Wandern und machen Radtouren.
Muskulatur vorbereiten
„Fürs Skifahren reicht es nicht aus, nur dicke Oberschenkel zu haben“, sagt Maike Krämer vom TuS Ferndorf. Die Osteopathin und Fitness-Trainerin warnt vor dem Verletzungsrisiko auf der Piste, mahnt die „Saisonarbeiter“ in Sachen Ski: „Nur drei Wochen Vorbereitung, Übergewicht, Knieprobleme; das ist gefährlich.“
Sie hat das Skigymnastik-Angebot ihres Vereins umgekrempelt, dabei viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Faszien-Arbeit etwa oder die Pulsuhr haben in Ferndorf Einzug gehalten. Beim Rollen mit der Blackroll lösten sich die Verklebungen zwischen den Muskeln, erklärt Maike Krämer: „So ist die Muskulatur vorbereitet.“
Bei der TSG Siegen wird, wenn es auf den Winter zugeht, aus „Fit von Kopf bis Fuß“ dann „Skigymnastik“. „Früher habe ich nur die Skigymnastik mitgemacht, jetzt bin ich immer dabei“, sagt Martin Kammler. Mit Ehefrau Magda Kammler, die einst im Tor der TSG-Handballerinnen stand, schnallt er über Ostern am Arlberg die Ski an. In den Übungsstunden schult Silke Janzo Koordination, Beinmuskulatur, stärkt die Stabilität des Rumpfes, verbessert die Ausdauer: „Das hilft auch im normalen Leben.“
Grundlagen für den ganzen Körper
Leandra Klobucar schleppt eine ganze Kiste mit Übungsgeräten in die Turnhalle: Bälle, Matten, Balance-Kissen, Flexi-Bars. Die Lehramtsstudentin hat beim VfB Wilden ein Zirkeltraining vorbereitet. „Jeder, wie er mag, in seinem Tempo“, erklärt sie. „Das sind kleine Übungen“, sagt Volker Bell, „aber man spürt jeden Muskel.“ Der 64-Jährige fährt Ende Januar mit dem „Ski-Team Blaue Geier“ aus Wilnsdorf nach Bruneck.
Für ihren Urlaub über Silvester in Kappl, habe sie gedacht, sagt derweil Katja Neuser, „es müsste vorher etwas getan werden“. Ideal sei für Skifahrer Grundlagen-Training für den ganzen Körper, betont die Kursleiterin und schmunzelt: „Der ganze Körper muss unten ankommen.“
Schließlich soll im Skiurlaub jeder Pistentag, egal ob in St. Anton, Kappl, Saalfelden, Obertauern, Schladming oder Bruneck, ohne Muskelkater oder Verletzungen ausklingen können beim Apres-Ski mit DJ Ötzi und dessen „Heeeeey, Baby“.