Erndtebrück. . Familie Henrich vom Erndtebrücker HC verbringt die Freizeit beim Handball und schwört auf Gemeinschaft. Einer tanzt sportlich aus der Reihe.
„Wenn Fußball Samba ist, ist Handball Pogo“, ein Satz, der die Gegensätze der zwei Volkssportarten in Deutschland wohl treffend beschreibt. Wo sich die halbe Welt über Schauspieleinlagen diverser Fußball-Stars aufregt, die schon bei dem leichtesten Luftzug in ihre Richtung vorsichtshalber zu Boden gehen, steht Handball quasi sinnbildlich als Anti-Sport zum Fußball. Auf dem Hallenpaket ist kein Zweikampf hart genug und die Sportart gilt seit jeher als verwegener, ja sogar als härter. Ein Spiel für Menschen mit Mumm.
Kraft, Genauigkeit und Durchsetzungswillen kombiniert die Sportart, die sich in Deutschland spätestens seit dem „Wintermärchen“ 2007, als die Nationalmannschaft im eigenen Land den Weltmeistertitel feiern konnte, größter Beliebtheit erfreut.
In große Fußstapfen getreten
Auch Familie Henrich aus Erndtebrück hängt mit ganzem Herzen am Handballsport und fühlt sich erst so richtig wohl, wenn das Haftwachs an den Fingern klebt. Beide Söhne, Torben (23 Jahre) und Tim (19), spielen in der neugegründeten Spielgemeinschaft HSG Wittgenstein, Vater Achim (60) hat einen Trainerschein und hat selbst fast den Durchbruch als Profi geschafft.
„Ich habe erst mit 16 angefangen zu spielen und die Sportart neben meinem Lehramtsstudium in Gießen während der 1980er weitergemacht. Da habe ich beim TV Hüttenberg in der Bundesliga trainiert, für mehr als Testspiel-Einsätze hat es aber leider nie gereicht. Technisch und Taktisch fehlte mir zu viel“, so der 60-jährige heutige Realschullehrer, der dem Erndtebrücker HC nach dem Studium erneut die Treue schwor und so seine Sprösslinge zum Handballsport brachte und auch selbst coachte – mit Erfolg.
Während Torben fleißig für seinen Heimatverein Erndtebrück auf Torejagd ging, zeichnete sich im jüngeren Bruder Tim ein großes Talent ab. Was folgte war der logische Wechsel zum TuS Ferndorf, wo der heute 19-Jährige teilweise Bundesliga-Luft im Juniorenbereich schnupperte. „Ich wollte nicht, dass Tim das selbe Schicksal teilt wie ich und ihm die besten Möglichkeiten bieten“, erinnert sich Vater Achim zurück. Und auch sein jüngster Stammeshalter bereut den Wechsel ins Siegerland zu keiner Zeit, auch wenn er zugeben muss, dass der fahrerische Aufwand und das Konkurrenzdenken im Team ihm schon ab und an zugesetzt haben. „Es war schon sehr leistungsbezogen. Das Niveau war herausragend, aber irgendwas hat mir ein wenig gefehlt“, erklärt Tim, der zu dieser Zeit als 17-Jähriger per Doppelspielrecht auch für den EHC in der Seniorenmannschaft mit
seinem Bruder spielen
durfte.
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Und in diesem Team, diesem Verein, fand der jüngste Henrich das, was er beim TuS Ferndorf ein wenig vermisste: Ein familiäres Umfeld.
Es folgte der Wechsel zum Heimatverein und damit die Wiedervereinigung mit Bruder Torben. „Es war eben eine Herzensangelegenheit“, so Tim.
Und eine Entscheidung, die innerhalb der Familie natürlich heiß diskutiert wurde. „Schweren Herzens habe ich das dann akzeptiert“, erklärt Vater Achim, der seinen Sohn lieber in höheren Ligen gesehen hätte, räumte aber ein, dass das Studium nun erstmal Vorrang hat.
Während Tim nicht nur sportlich, sondern auch beruflich in die Fußstapfen seines Vaters tritt (studiert Lehramt in Siegen), tanz Bruder Torben ein

wenig aus der Reihe. Der 23-Jährige studiert Maschinenbau und hat sich neben dem Handball längst ein zweites sportliches Standbein aufgebaut – das Laufen.
„Leichtathletik hat mir schon immer Spaß gemacht und das Laufen ist für mich nun Sportart Nummer eins, da bin ich auch sehr diszipliniert. Handball spiele ich in erster Linie wegen der Gemeinschaft und dem Team. Ich spiele auch gerne mit meinem Bruder, Konkurrenzdenken gibt es da nicht“, versichert Torben und schenkt seinem kleinen Bruder dabei ein breites Grinsen.
Die Kraft aus dem Hintergrund
Es sind ehrliche Worte einer absolut sportverrückten Familie, die sich gegenseitig alles gönnt, zum Leidwesen von Mutter Birgit aber selten ein anderes Thema als Sport kennt, wie sie lachend zugeben musste.
„Manchmal nervt es schon, aber ich versuche mich da einzubringen. Für die Jungs bin ich eher die Kraft aus dem Hintergrund und versuche so viele Spiele wie möglich zu sehen.“
Dafür muss sie eben seit der letzten Spielzeit auch in die Berleburger Stöppelhalle reisen. Der Erndtebrücker HC ist mit dem VfL Bad Berleburg fusioniert. Beide Henrich-Brüder gelten als Leistungsträger und peilen den Aufstieg in der kommenden Saison an. „Wir fühlen uns pudelwohl, die Stimmung im Team ist klasse“, versichern Beide.
Ein Aufstieg wäre wohl auch die perfekte Symbiose aus familiärem Umfeld und gehobenem Spielniveau. Dann würde im Hause Henrich im Erfolgsfall aber wohl eher Pogo, als Samba getanzt werden.
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