Girkhausen. . Die Familie Klose und ihre Leidenschaft für Skilanglauf. Das gemeinsame Motto: „Man muss nicht der Beste sein, aber sein Bestes geben.“
Im Skilanglaufzentrum des SC Girkhausen gibt es Stellen, auf denen sich der Schnee noch hält, wenn einige Menschen den Winter bereits abgehakt haben. Wo Bäume vor Wind und Sonne schützen und Schmelzwasser gut versickert, etwa auf der Gastrasse oder der Wiese unterhalb des Albrechts-platz-Parkplatzes, kosten die besonders begeisterten und hartgesottenen Skiläufer noch die letzten Reste des Winters aus – selbst dann, wenn es gefühlt nur noch auf 100 Metern Sulz auf und ab geht.
Zu den hartnäckigsten Hin- und Her-Läufern zählen seit Jahrzehnten die Mitglieder der Familie Klose, die sich inzwischen in der dritten Generation ganz dem nordischen Skisport hingeben. Angefangen hat alles mit Gerhard Klose, der 1947 als „Zügelöfener“ in Girkhausen groß wurde. Seine Eltern kamen, zunächst skeptisch beäugt, im Zuge des Krieges als Flüchtlinge aus Schlesien nach Wittgenstein. Mit Langlauf hatten sie nichts am Hut.
Mit fünf Jahren auf Ski
„Im Dorf gab es ja außer dem Skiverein nicht so viel. Damals waren ja fast alle hier skisportverseucht“, erinnert sich Klose, wie er damals zu seinem Sport fand, den er heute noch ausübt – inzwischen nicht nur mit seinem Sohn Ralf und seiner Tochter Helga, sondern auch mit den Enkeln Paul Klose sowie Johannes, Christian und Moritz Dickel. Letzterer ist fünf Jahre alt und hat auch schon seine eigenen Ski. „Bei ihm ist das ganz spielerisch“, sagt die Mama Helga Klose, deren Mann Matthias auch ab und zu mitläuft. Wie sollte er auch anders in dieser Familie – könnte man meinen. Druck, sich durch den Schnee schieben zu müssen, gibt es aber nicht. Die drei jüngsten Kinder von Ralf Klose haben Langlauf zwar getestet, nun aber andere Hobbys – etwa das Musizieren oder die Feuerwehr.
Nicht mehr spielerisch, sondern ehrgeizig trainieren Johannes, Paul und Christian. Johannes, mit 13 Jahren der älteste in der „neuen“ Generation, hat sogar das Fußballspielen drangegeben, weil es immer schwieriger mit dem häufigen und intensiven Langlauftraining vereinbar war. Sein jüngerer Bruder Christian geht noch zum Fußballtraining am Stöppel, bei Überschneidungen aber immer in die Loipe: „Fußball kann ich den Rest des Jahres noch spielen.“
Der Zehnjährige trainiert bereits fünf Mal pro Woche – um ein bisschen schneller zu sein als die Konkurrenz aus Bödefeld oder Willingen; um in paar Jahren auch die Rennen auf Deutschlandebene bestreiten zu dürfen. So wie der ältere Bruder Johannes, der im Februar seine ersten Rennen im Deutschen Schülercup machte. Platz 22 wurde es für ihn im sächsischen Klingenthal, womit er zwar bester „Westdeutscher“, aber unzufrieden war.
Erst Leistungssport, dann Volksläufe
Opa, Onkel und Mutter konnten mitfühlen, denn auch sie kamen als Jugendliche bei allem Ehrgeiz und großen Trainingsumfängen an ihre Grenzen und gaben es mit Beginn der Berufsausbildung dran, sich mit der nationalen Elite zu messen.
„Wenn man mit 16 oder 17 Jahren nicht ein gewisses Level erreicht hat, erledigt sich das schnell von selbst. Wenn man nicht mehr mithalten kann, macht es ja auch weniger Spaß“, erinnert sich Helga Klose: „Man muss nicht der Beste sein, aber sein Bestes geben. Mit Beginn der Ausbildung habe ich nebenher noch fünf, sechsmal in der Woche trainiert, die von den großen Stützpunkten aber zweimal am Tag.“
Ihre Freude am Langlauf hat sie mitnichten verloren, stattdessen ging es bei Volksläufen weiter. Wie ihr Bruder war Helga bei etlichen Volksläufen dabei, sogar beim großen Wasalauf über 90 Kilometer. „Bei diesen Läufen hat man ein ganz anderes Klientel und eine andere Atmosphäre. Es ist eine schöne Sache.“
Nur noch zum Vergnügen bzw. zum Erhalt der Gesundheit ist der Großvater unterwegs. „Es ist doch wunderbar, hier durch die Winterwelt zu wandern. Du kannst dynamisch laufen, du kannst langsam laufen, du kannst anhalten und dich umgucken“, sagt Gerhard Klose, der einen enormen Wandel des Sports erlebt hat. Damit meint er nicht bloß das Aufkommen der freien Technik, die es in seiner Jugend noch nicht gab. „Langlauf war damals naturverbundener, die Loipe hat man sich ganz selbstverständlich selbst getreten. Damals haben wir nebenbei auch immer noch das Wild gefüttert.“ Trotzdem schwierigerer Umstände war die Zahl der Aktiven deutlich höher: „Es war schon eine Ehre, wenn man sich für die Vereinsstaffel qualifiziert hatte.“
Erstmals das Vereinstraining übernommen hat Gerhard Klose 1970, sechs Jahre später gab es den ersten Ski-Doo und damit maschinelle Spuren auf der Steinert. Streckenwart, Vorsitzender, Sportwart, Verbandstrainer – es gibt kaum ein Amt, das er nicht für den Verein ausgeübt hat. Gleiches gilt für seine Kinder. „Wir können uns als Verein glücklich schätzen, dass wir ihn und die Familie haben. Da wird nichts dem Zufall überlassen, da wird viel Aufwand betrieben“, ist der heutige Vorsitzende Detlef Buchwald glücklich über die Unterstützung.
Stress und Anti-Stress
Dabei ist die Organisation des Trainings an sich schon aufreibend, zumindest im Winter. „Essen machen, die Ski präparieren, zum Training fahren und die ganzen Vorbereitungen. Es ist schon intensiv im Winter“, sagt Helga Klose. Vom Sport kommt aber auch etwas zurück.
Gerhard Klose: „Ich war Polier am Bau, da musste ich mir ständig Gedanken machen, wie man alle zufrieden stellt. Das Laufen baut Stress ab, macht dich ausgeglichener.“ Der 60 Jahre jüngere Enkel Christian macht die gleiche Erfahrung: „Wenn ich Stress mit den Hausaufgaben habe, gehe ich danach besonders gerne laufen.“