Monheim. KTV Obere Lahn II siegt im Aufstiegswettkampf mit 49:24 gegen den MTV Ludwigsburg. Zwei Personalien machen Mut für die kommende Saison

Der neue Deutsche Meister KTV Obere Lahn steigt in die 2. Bundesliga auf. Das klingt reichlich schräg, ist aber so. Die KTV Obere Lahn II, die erst 2016 in die 3. Liga aufgestiegen ist und nach dem angekündigten Rückzug der ersten Mannschaft aus der 1. Bundesliga zur neuen „Ersten“ wird, hat sich im Aufstiegswettkampf zur 2. Kunstturn-Bundesliga am Samstag in Monheim mit 49:24 gegen den MTV Ludwigsburg durchgesetzt. Eine Woche nach dem historischen Triumph im DTL-Finale gab es also die nächste rauschende KTV-Nacht und den nächsten Macarena, den das Team aus Wittgenstein und dem Hinterland zu vorgerückter Stunde in Unterhosen zu tanzen pflegt. Und während der Heimfahrt wurde im Bus mächtig „gerudert“.

Geschwächter Gegner

„Hier geht’s völlig durch“, rief Felix Wiemers ins Telefon. Er ergänzte: „Weihnachten für Papa in diesem Jahr zu etwas Besonderem zu machen, wird schwierig. Da müssen wir uns schon was einfallen lassen.“ Der Sohn von KTV-Sportwart Albert Wiemers war diesmal an drei Geräten dabei und fuhr zwölf Score-Punkte ein, weil seine Gegner ihre Übungen in den Sand setzten.

Felix Wiemers am Barren in Aktion.
Felix Wiemers am Barren in Aktion. © Florian Runte

Doch Felix Wiemers brachte seine Übungen sicher durch – genau wie seine Teamkollegen, die alle 24 Darbietungen so wie geplant präsentierten. Das reichte gegen den Tabellendritten aus der Süd-Staffel der 3. Bundesliga, der in der Summe der Ausgangswerte zwar ebenbürtig war, aber weniger auf den Punkt turnte und einige Stürze verzeichnete. Zudem fehlte dem MTV mit Schweizer Andreas Gribi der stärkste Mann.

Ausgerechnet im Aufstiegswettkampf kam somit der klarste Saisonsieg der zweiten Mannschaft heraus. Schon zur Halbzeit des Wettkampfs, der diesmal wegen des Parallelwettkampfs zwischen dem TV Bühl und der KTV Fulda am Sprung begann, war die Sache beim Stand von 27:7 quasi vorentschieden.

„Wir haben gehofft, haben es uns in dieser Deutlichkeit aber nicht mal erträumt. Es war wie aus einem Guss, wunderschön“, formulierte es Albert Wiemers, der ein Lob an alle Beteiligten aussprach: „Es ist gewaltig, was unsere Turner und unsere vier Stammvereine in diesem Jahr geleistet haben.“ Die im Bus angereisten Fans quittierten es mit Begeisterung, machten mit ihren Trommeln und Gesängen einen Riesenradau.

Sechster Aufstieg für Jan Reuter

Wieder Topscorer: Andrey Cheskasov (Bildmitte).
Wieder Topscorer: Andrey Cheskasov (Bildmitte). © Florian Runte

Top-Scorer beim Saison-Sahnehäubchen war mit 25 Punkten Andrey Cheskasov, der am Sprung einen „Kasamatsu“ mit Doppelschraube zeigte und mit 14,10 Punkten die Tagesbestnote einsackte. Der 27-Jährige aus dem russischen Steinkohle-Revier Kusbass sammelte im Saisonverlauf gut die Hälfte aller Scorer des Teams. Doch auch Felix Weber, Maik Wehn und Marvin Schuster, der nach langer Verletzung ein gutes Saisondebüt am Sprung zeigte, überzeugten auf ganzer Linie.

Für die „Oldies“ Felix Wiemers und Jan Reuter schloss sich in Monheim ein riesiger Kreis. Beide waren bereits beim ersten Zweitliga-Aufstieg des Vereins im Jahr 2005 dabei, erlebten jeweils ihren sechsten Aufstieg mit der KTV. Dieser war sicher der Überraschendste, denn vor der Saison hatte die KTV-Reserve niemand als Kandidat für „oben“ auf dem Zettel.

Fiecker trumpft dreimal groß auf

Und dann waren da noch die beiden Teenager Vincent Brusch (17) und der Bad Laaspher Sunny Joe Fiecker (15), die jeweils ihren stärksten Wettkampf in dieser Saison zeigten. Fiecker kam zwar „nur“ zu drei Score-Punkten, aber an allen seinen drei Geräten (Reck, Boden, Ringe) auf jeweils über elf Turnpunkte. Albert Wiemers: „Für Vincent war heute schon Sonntag und die Übungen von Sunny waren genial.“

Unterm Strich stand in Monheim mit einer Gesamtleistung von 281,10 Turnpunkten nach „Code de Pointage“-Wertung die bei weitem beste Saisonleistung KTV Obere Lahn II. „Das wichtigste ist, dass unsere jungen Turner jetzt weiter Gas geben im Training“, mahnt Felix Wiemers dennoch.

Eine Blitz-Analyse unserer Zeitung zur diesjährigen Zweitliga-Saison zeigt: Wer ein, zwei Wettkämpfe in der 2. Bundesliga gewinnen will, muss gut 290 Punkte erturnen können. Dazu wird sich das Team erheblich steigern und schwerere turnerische Elemente präsentieren müssen. „Der Aufstieg ist eine Geschichte, die zur Motivation beiträgt. Und genau das haben wir uns erhofft“, ist Albert Wiemers vor der Herausforderung nicht bange.

Herausragend wird die Ausländerposition besetzt sein, denn der Vertrag von Final-Held Andrey Likhovitskiy gilt auch in der 2. Liga. Auch der Armenier Artur Davtyan, in diesem Herbst WM-Neunter im Mehrkampf, wird im kommenden Herbst wohl im Kader stehen.

Albert Wiemers: Coachen statt feiern

Künftig gemeinsam in einem Team: Sunny Joe Fiecker (l.) und sein Trainer Andrey Likhovitskiy. (r.)
Künftig gemeinsam in einem Team: Sunny Joe Fiecker (l.) und sein Trainer Andrey Likhovitskiy. (r.) © Florian Runte

„Er ist ein Jugendkumpel von Andrey und wird eventuell auch bei einigen Wettkämpfen dabei sein“, verrät Felix Wiemers. Denkbar wäre auch, dass die KTV noch Zugänge präsentiert oder Turner aus der bisherigen „Ersten“ zum Bleiben überredet. Aber: Im Kern wird der Verein auf Eigengewächse setzen.

Es ist der KTV Obere Lahn ernst damit, eine neue Generation aufbauen zu wollen. Den Beleg lieferte Vereins-Boss Albert Wiemers. Im feinen Kampfrichter-Zwirn mit Krawatte hüpfte er nach dem Sieg mit seinen Jungs im Kreis und sang das Vereinslied, doch bei der Aufstiegs-Sause fehlte der 61-Jährige. Statt in den Bus nach Hause stieg er ins Auto nach Stuttgart, wo er am Sonntag Jonathan Weber coachte.

Der Zehnjährige durfte sich dort für den Perspektivkader des Deutschen Turnerbundes empfehlen, während sein älterer Bruder Florentin im kommenden Jahr das Mindestalter von 15 Jahren erreicht und bei guter Entwicklung den Sprung in den Zweitliga-Kader schaffen könnte. Es kommt also etwas nach bei der KTV, die demnächst eine größere Trainingshalle und das Attribut „DTB-Turnzentrum“ erhält. Der Verein sieht sich gut aufgestellt.

Der Überblick

KTV Obere Lahn II - MTV Ludwigsburg 49:24

(Turnpunkte 281,10:271,90; Gerätpunkte 9:3)

Boden

F. Weber - N. Fluder 11,80:13,05 0:4
S. J. Fiecker - M. Teschner 11,55:11,85 0:2
M. Wehn - S. Schreiner11,40:10,90 2:0
Cheskasov - M. Dumrose 13,35:11,95 4:0 48,10:47,75 6:6

Pauschenpferd

Wiemers - van Ijsselmuiden 9,85:8,75 4:0
F. Weber - M. Dumrose 11,15:9,95 4:0
A. Cheskasov - M. Lang 12,20:10,15 5:0
V. Brusch - S. Kuntner 11,15:11,75 0:3
44,35:40,60 13:3

Ringe

V. Brusch - J. Kriegelstein 9,80:11,70 0:4
S. J. Fiecker - N. Fluder 11,20:12,50 0:4
F. Weber - M. Teschner10,80:10,70 0:0
A. Cheskasov - R. Fuchs12,45:11,90 3:0
44,25:46,80 3:8

Sprung

M. Wehn - S. Schreiner 11,95:12,00 0:0
Weber - van Ijsselmulden 12,30:11,75 3:0
Cheskasov - M. Teschner 14,10:10,60 5:0
M. Schuster - N. Fluder 11,70:13,60 0:4
50,05:47,95 8:4

Barren

F. Weber - M. Dumrose 11,75:11,70 0:0
J. Reuter - N. Fluder 13,60:14,35 0:0
F. Wiemers - M. Lang 13,45:14,25 4:0
A. Cheskasov - S. Kuntner13,80:12,50 3:0
47,30:45,15 7:0

Reck

S. J. Fiecker - S. Schreiner 11,75:11,05 3:0
Cheskasov - v. Ijsselmulden13,50:11,35 5:0
M. Wehn - N. Fluder 10,90:11,65 0:3
F. Wiemers - M. Lang 10,90:9,60 4:0
47,05:43,65 12:3

Topscorer im Aufstiegswettkampf:

Andrey Cheskasov (Obere Lahn II) 25
Niels Fluder (Ludwigsburg) 15
Felix Wiemers (Obere Lahn II) 12
Felix Weber (Obere Lahn II) 7
Jonathan Kriegelstein (Ludwigsburg) 4