Menden. Menden: Das Huckenohl soll ein „Stadion für alle“ sein. Doch wie sieht es mit der Barrierefreiheit der Sportstätte aus? Ein Stresstest.
Es ist ein nasskalter Tag im Januar. Eigentlich kein Tag für einen Besuch in einem Stadion, sollte man meinen. Doch an diesem Tag ist alles anders. Die WP-Redaktion hat sich mit Olaf Jung, Vorsitzender des Inklusionsbeirates Menden und Fachwart Rehasport im Stadtsportverband, sowie dem Sportamt der Stadt Menden verabredet, um das Huckenohl-Stadion einem Stresstest zu unterziehen. Hält das frisch sanierte Stadion das, was es in Sachen Barrierefreiheit verspricht? Haben sich die lange Sanierungsdauer und die erheblichen finanziellen Mittel auch für Menschen mit Handicap gelohnt?
Rückblende: Im Rahmen einer kleinen Feier wird das Huckenohl-Stadion am 10. November 2024 offiziell eröffnet – ein großes Fest für alle soll folgen. Von der Beantragung der Fördermittel bis zur Eröffnung sind sechs Jahre vergangen, eine echte Geduldsprobe vor allem für die Vereine. Die geplanten Baukosten haben sich beinahe verdoppelt. Wären nicht 3,255 Mio. Euro aus einem Bundesförderprogramm geflossen, hätte Menden das kaum stemmen können.
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An diesem Tag aber steht ein zufriedener Bürgermeister vor den Gästen. Dr. Roland Schröder bezeichnet das Huckenohl als „ein Stadion, das nicht nur den Vereinen eine große Freude sein wird, sondern auch den Schülerinnen und Schülern, den Freizeit- und Breitensportlern – barrierefrei und für alle zugänglich“. Das Stadion sei bewusst als „Treffpunkt für alle konzipiert worden“.
Hält das Stadion diesem Anspruch stand? Schon am Tag der Eröffnung vereinbaren die WP und Olaf Jung, das Huckenohl „auf Herz und Nieren“ zu prüfen. Nun also ist genau dieser Tag da. Ein Stresstest für die Verwaltung, aber auch eine Gelegenheit, wertvolle Tipps zu bekommen von einem Mann im Rollstuhl. Olaf Jung kennt nicht nur die Bedürfnisse behinderter Menschen, er hat auch Lösungsvorschläge.
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Mit seinem Auto fährt er über den Oesberner Weg bis nah an das Stadiontor heran. Behindertenparkplätze gibt es noch nicht, sie sollen aber am Haupteingang ausgewiesen werden. An diesem Vormittag ist das ohnehin kein Problem. Wir erwarten nicht, dass an diesem Tag überhaupt jemand das Stadion nutzt. Und wir täuschen uns: Hans-Jürgen Kasselmann, Vorsitzender des Marathon-Club Menden, trainiert mit einer Läuferin des Vereins. Läufer schrecken vor Kälte und Regen nicht zurück.
Gleich hinter dem Eingangstor liegen rechts ein Outdoor-Fitnesspark und eine Boule-Anlage. Bei der Führung im November hat Malte Heesmann vom Team Schule und Sport im Rathaus bereits erklärt, dass einige Fitnessgeräte auch für Rollstuhlfahrer nutzbar sind. Olaf Jung testet das.
Er fährt mit dem Rollstuhl einige Geräte an. „Ja, die kann ich schon nutzen“, sagt er. Einige Geräte aber sind nicht für behinderte Menschen konzipiert. „Kein Problem“, findet Olaf Jung. Er macht auf eine andere Problematik aufmerksam: Wenn er sich mit seinem Rollstuhl dreht, lockert er die wassergebundene Decke. „Es wäre sicher besser gewesen, hier Fallschutzböden zu installieren, wie es sie an den Spielgeräten in der Fußgängerzone gibt.“
Ein paar Meter weiter die erste wirklich große Herausforderung: Wie kommen gehbehinderte Menschen vom Haupteingang ins Sportlerheim und auf die Ebene mit der überdachten Zuschauertribüne? Es gibt einen Treppenlift, der extra für die Nutzung im Freien entwickelt wurde.
Zur Anforderung braucht man einen Schlüssel – allerdings nicht den Euro-Schlüssel, den fast alle Rollstuhlfahrer haben, sondern einen anderen. „Alleine komme ich hier jetzt nicht weiter“, sagt Olaf Jung. Da wir mit dem Sportamt gemeinsam vor Ort sind, ist der Schlüssel schnell zur Hand. Es gibt bereits die Idee, diesen in einer Box zu deponieren, die dann eben mit dem Euro-Schlüssel zu öffnen ist. Damit wären Olaf Jung und andere Rolli-Fahrer nicht mehr auf Hilfe angewiesen.
Das Sportlerheim ist barrierefrei nutzbar. Auch in den Fitnessraum gelangen Menschen mit Rollstuhl ohne Probleme. Ein dickes Lob hat Olaf Jung aber insbesondere in den sanitären Anlagen parat. Es gibt nicht nur eine behindertengerechte Toilette, sondern auch eine spezielle Dusche und eine niedrige Liege im Vorraum. Das Waschbecken ist so tief, dass Olaf Jung direkt ranfahren kann und alles problemlos erreicht. „Es wäre aber gut, wenn man den Spiegel ein bisschen kippen würde. Jetzt hängt er etwas zu hoch, ich kann mich nicht gut sehen“, hat der Vorsitzende des Inklusionsbeirates noch einen praktischen Tipp parat.
Noch aber sind wir auf halber Höhe. Kommen Rolli-Fahrer auch zu den Laufbahnen und zum Fußballplatz? Ja – es gibt einen weiteren, mit dem Euro-Schlüssel zu bedienenden Lift, mit dem in topographisch schwierigem Gebiet auch diese Barriere überwunden und ein wichtiger Bereich erreichbar gemacht wird.
Auch mit dem Rollstuhl ist der Weg frei zu den Außensportgeräten und dem Platz mit den Basketballkörben. „Das ist klasse gelöst“, findet Olaf Jung. Damit sind die wichtigsten Bereiche erkundet. Dass es im Bereich der überdachten Zuschauertribüne ausreichend Platz gibt, um problemlos auch mit einem Rollstuhl einen guten Blick auf den Platz und die Leichtathletik-Anlagen zu haben, sei noch erwähnt.
Das Fazit: Behinderte Menschen finden im Huckenohl-Stadion fast perfekte Bedingungen vor. Werden ein paar kleine Ideen und bereits gefasste Pläne (z.B. Behindertenparkplätze, Schlüsselkasten, gekippter Spiegel) umgesetzt, verdient sich das Stadion mindestens die Schulnote 2. Eines jedenfalls steht fest: Der Inklusionsbeirat und die WP-Redaktion werden die Barrierefreiheit im Blick behalten. Denn auch die besten Anlagen nutzen nur, wenn sie auch funktionieren.