Balve/Gelsenkirchen. Der Vorsitzende des TuS L.A. ist Schalker durch und durch. Deshalb kann er nicht zusehen, wie der S04 zugrunde geht - und übt Kritik an Boss Tillmann.
Knapp 6500 Menschen verfolgten bei eisigen Temperaturen die Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 in der Veltins-Arena. Mit dabei: Charly Grote, Vorsitzender des TuS Langenholthausen und jahrzehntelanger Schalke-Fan. Er hielt auf der Versammlung selbst eine Rede und erntete danach viel Applaus. Der Bäckermeister berichtet von seinen Eindrücken vor Ort und spricht über die aktuelle Saison des TuS L.A..
Charly Grote, nach acht Stunden Mitgliederversammlung, mit welchem Gefühl sind Sie wieder nach Hause gefahren?
Mit einem gemischten Gefühl, aber es ist schon mal gut, dass der eine oder andere Kandidat nicht mehr im Aufsichtsrat ist und dafür unter anderem einer aus der Traditionsmannschaft mit Ender Ulupinar. Er hat in seiner Rede einige Dinge deutlich angesprochen und keine Streicheleinheiten verteilt. Trotzdem braucht es mehr Leute mit sportlicher und finanzieller Kompetenz in den Gremien. Insgesamt bleibt es ein Dilemma. Nach meiner Ansicht ist der FC Schalke 04 schlechter geführt als mancher Amateurverein. Ich bin seit über 30 Jahren Vorsitzender in Langenholthausen, einem Dorf mit 900 Einwohnern, und wir haben es zwischenzeitlich geschafft, Landesliga zu spielen.
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Und das ist fast so, als würde Schalke Champions League spielen und das regelmäßig. Natürlich kenne ich die Problematiken im Fußball, die sind fast überall gleich. Es geht um Finanzen, um Sponsoren und attraktiven Fußball anzubieten, damit die Leute auf den Sportplatz kommen. Dabei ist es egal, ob es sich um Schalke oder Langenholthausen handelt. Es gelingt einem nicht immer zu gewinnen oder gar aufzusteigen, das ist klar. Aber gerade als wir 2022 in die Bundesliga zurückkehrt sind, hätte es sich doppelt und dreifach ausgezahlt, mehr zu investieren, als es passiert ist.
Einige Sachen wurden versäumt, wie zum Beispiel Ko Itakura, der für viel zu wenig Geld an Borussia Mönchengladbach abgegeben wurde. Der wollte auf Schalke bleiben, weshalb es sinnvoll gewesen wäre, mit ihm einen Vertrag aufzusetzen und in ein paar Jahren hätte der Verein sicherlich eine zweistellige Millionensumme für ihn bekommen. Zudem leistet sich Schalke den Luxus, auf den Vorstand Sport zu verzichten. Das ist, als wenn wir in der Bäckerei auf den Vorstand Bäcker verzichten würden. Das geht einfach nicht gut.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, auf der Mitgliederversammlung eine Rede zu halten?
Ich war es mir persönlich schuldig und auch vielen aus dem Sauerland. Einige haben mich im Vorhinein angesprochen und gesagt: „Charly, mach mal was.“ Daraufhin habe ich meinem Sohn gesagt, irgendwie reizt es mich, ein Zeichen zu setzen und meinen Forderungen Platz zu verschaffen. Diese ging in die Richtung, dass die Leute in der Führung Platz für andere machen müssen.
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Wie kann ein Matthias Tillmann als Vorstandsvorsitzender 800.000 Euro im Jahr verdienen und dann werden Personen entlassen, die trotzdem noch weiter bezahlt werden! Die begeben sich in Kleinkriege hinein und vergessen dabei die große Aufgabe. Einer hat es auf der Mitgliederversammlung auf den Punkt gebracht, Tillmann ist der teuerste Auszubildende, den es in Deutschland gibt.
Wie sehen Sie die aktuelle Lage Ihres Lieblingsvereins und können Sie sich vorstellen, selbst aktiv bei Schalke zu werden?
Mit sechs Jahren war ich das erste Mal „Auf Schalke“ in der Glückauf-Kampfbahn. Jetzt bin ich 65 Jahre jung. Sowohl meine vier Kinder als auch meine Ehefrau sind Schalker durch und durch. Ich möchte dem Verein helfen und sollte mich jemand konkret fragen, wäre ich sicherlich nicht abgeneigt. Allerdings würde ich es nicht machen, um dort im Mittelpunkt zu stehen, sondern einfach um zu helfen.
Natürlich müsste ich schauen, wie ich das alles unter einen Hut bekomme, aber wenn die Notwendigkeit besteht, bin ich der Letzte, der das nicht machen würde. Ich wurde auch von vielen angesprochen, inklusive vom Wahlausschuss, dass ich beim nächsten Mal kandidieren soll. Also da merke ich, dass die mich schon durchlassen würden. Aber wie zuvor erwähnt, wenn dann nur um zu helfen und nicht um irgendwelche Gehälter einzusacken. Ich würde das Geld eher verwenden, um es in die Jugend zu stecken.
Was halten Sie von der Idee, Genossenschaftsanteile für die Veltins-Arena anzubieten, die für einmalig 250 Euro inklusive einer Startgebühr von 75 Euro erworben werden können?
Mit Sicherheit ist es eine Möglichkeit, wenn ich die finanzielle Situation sehe, vielleicht fünf Prozent gutzumachen. Aber es ist keine Sache, mit der ich eine Vision für die kommenden Jahre aufstellen könnte, da es eine einmalige Einnahmequelle ist. Ich bin nicht derjenige, der genossenschaftlich denken würde. Ich weiß nicht, ob die Genossenschaftsanteile einem unbedingt weiterhelfen, oder was genau dahintersteckt. Kurzfristig wollen sie das Geld haben und rechnen sich das hoch, mit 190.000 Mitgliedern, von denen jeder einen Anteil erwirbt.
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Insgesamt habe ich aber auch nicht viele gehört, die das mitmachen wollen. Wenn ich so etwas verkaufen möchte, muss ich es irgendwie schaffen Emotionen zu wecken. Ich muss die Menschen auf einen Weg mitnehmen. Zum Beispiel hätte der Verein eine Gegenleistung anbieten können, wie eine Party im „LaOla-Club“ für die Käufer. Aktuell hättest du nichts davon, einen Anteil zu erwerben.
Kleiner Themenwechsel, wie sehen Sie die bisherige Leistung der ersten Mannschaft des TuS Langenholthausen, die punktgleich mit der SG Holzen/Eisborn an der Tabellenspitze steht?
Die Mannschaft hat mich positiv überrascht. Bislang zeigt sie eine hervorragende Leistung und auch die Trainer Jan Gajewski und Korhan Oguz machen bislang einen einwandfreien Job. Das Team scheint vom Kopf her klar zu sein und alles für den TuS L.A. zu geben. Wenn sie den Weg weitergehen, könnte es sogar mit dem Aufstieg funktionieren. Unser Ziel ist das zwar nicht, aber was kommt, das kommt und das stoßen wir auch nicht weg.