Menden. Der Coach der SG Menden Sauerland hat seit langer Zeit seine B-Lizenz nicht mehr verlängert. Es funktioniert. Das steckt dahinter.
Der neue Chefcoach des Handball-Regionalligisten SG Menden Sauerland Wölfe hat einen sehr guten Stand innerhalb seines Vereins. Nicht allein, weil Ralf Heinemann die Kreissporthalle aus der Vergangenheit bereits bestens kennt und quasi nur ein Rückkehrer an seine alte Wirkungsstätte ist. Sondern auch, weil er als Experte mit viel Fachwissen gilt. Er hat allerdings seit über 20 Jahren keine gültige B-Lizenz mehr. Die ist Voraussetzung, damit ein Team in der Regionalliga antreten kann. Das funktioniert, weil Co-Trainer Dennis Galbas im Besitz einer gültigen B-Lizenz ist, die er frisch erneuert hat.
Doch warum hat Heinemann dies so lange nicht getan und warum arbeitet er trotzdem durchgängig als Coach? Der Handballer, der früher selbst mit Eintracht Hagen in der Regionalliga (damals die dritte Spielklasse) auflief und zudem viele Partien in der Oberliga bestritten hat, begann im Alter von 23 Jahren seine Trainerlaufbahn. Die war neben den eigenen Spielen und dem Privatleben sehr zeitintensiv. Erst recht, als der ehemalige Polizeibeamte im Wach- und Wechseldienst tätig war und Familienvater wurde. „Irgendwann schafft man den zeitlichen Aufwand nicht mehr. Um die Lizenz zu verlängern, muss man sehr viele Seminare besuchen. Ich bin bis nach Ostwestfalen gefahren, um mir Inhalte anzusehen“, erzählt der 67-Jährige.
Handballtag beginnt für Heinemann um 8.30 Uhr
Natürlich sammle man durch die B-Lizenz neue Kenntnisse. „Es ist aber nur zusätzlicher Input. Der Bereich Sportmedizin kommt hinzu, dazu etwas Trainingslehre“, erzählt Heinemann. Er ist nun 44 Jahre lang als Trainer aktiv und hat sich sehr viel Wissen angeeignet. Er blüht im Handball auf, egal ob früher als Spieler oder heute als Coach. Als er vorzeitig in den Ruhestand trat, hat er sich intensiv mit dem Sport beschäftigt. „Mein Handballtag beginnt um 8.30 Uhr. Ich schaue mir Partien und Gegner an. Das hat mit meinem eigenen Interesse und Vorlieben zu tun. Dann entwickele ich eine Spielidee“, erzählt Heinemann.
Falls die zu den Vorstellungen von Vereinen passt und er Angebote bekommt, klärt er sie hinsichtlich seiner fehlenden Lizenz auf. „Wenn Vereine mich trotzdem als Trainer haben möchten, mache ich es auch ohne gültiges Papier. Wenn es ihnen nicht ausreicht, müssen sie sich einen anderen Trainer suchen. Das ist für mich dann kein Problem“, sagt der Trainer. Für die Sauerlandwölfe war dies nie ein Problem. „Es war uns bekannt, als wir ihn angesprochen haben. Man kann als Verein nicht davon ausgehen, dass er die Lizenz zwingend verlängern muss. Dafür hat er unheimlich viel Erfahrung, die genauso viel wert ist“, äußert sich der Vorsitzende, Frank Schücking. Daher sei die Konstellation mit Dennis Galbas bewusst gewählt worden – um eben formal die Kriterien zu erfüllen.
75 Prozent der Spiele müssen mit B-Lizenz abgedeckt sein
75 Prozent der Begegnungen müssen mit einem B-Lizenz-Inhaber an der Trainerbank gewährleistet sein, sonst verordnet der Verband eine Strafzahlung. Das war beim Ex-Verein ASV Hamm mal der Fall, als Galbas als ebenfalls wirkender Co-Trainer nicht dabei war. Er hatte in Westfalen weniger Aufgaben als nun im Sauerland, verrät sein Chefcoach: „Er ist in die Spielanalyse eingebunden und macht eigene Inhalte während des Trainings. So wie man es sich im Leistungsbereich vorstellt.“ Er arbeitet gerne mit seinem jungen Co zusammen. „Er trainiert genau die Sachen, die auf den Punkt gefordert sind“, erzählt Heinemann. Spieler, die Potenzial haben, müssten auch frühestmöglich entwickelt werden. Umso besser sei es, wenn es gute Trainer im Amateurbereich gibt.
„Wenn Vereine mich trotzdem als Trainer haben möchten, mache ich es auch ohne gültiges Papier. Wenn es ihnen nicht ausreicht, müssen sie sich einen anderen Trainer suchen.“
Natürlich mache es Sinn, als junger Trainer seine Lizenzen zu absolvieren. Nur dann müssen sie sich eben andauernd fortbilden und viel Zeit investieren. Heinemann beobachtet viel, in eigenen Analysen und am Fernseher. Etwa zuletzt bei der Weltmeisterschaft, um zu sehen, wohin der Trend im Handball geht und inwiefern sich Spielsysteme verändern. „Früher gab es im Rückraum zum Beispiel viele wurfgewaltige Zwei-Meter-Männer. Jetzt sind es eher sehr bewegliche Spielertypen, die stark im Eins-gegen-eins sind und allgemein hohes Tempo gehen. Es wird alles immer schneller. Auch das Passspiel analysiere ich. Es bedeutet viel Studium, viel lesen, viel schauen“, sagt der Mendener.