Lendringsen. Lendringser Sportverein sorgt sich um Kinder: Viele seien unsportlich, ohne Koordination und Selbstbewusstsein. In Menden soll sich das ändern.
Die Mission ist eindeutig: Es geht darum, Kinder vor Gewalt zu schützen. Nicht darum, ihnen zu zeigen, wie sie sich selbst verteidigen. Das ist meist gar nicht möglich. Es geht darum, sie zu lehren, durch richtige Haltung und Verhalten aus Gefahrensituationen herauskommen. Zugleich gilt es ihnen Bewegung und Koordination beizubringen. Mit Hilfe von Judo.
Einen aktuellen Anlass gibt es allemal: Am Mittwochmittag verkündet NRW-Innenminister Herbert Reul die Kriminalstatistik für 2023. Und die Zahlen erregen Besorgnis. Mehr Gewalt, mehr minderjährige Tatverdächtige, die Deliktzahlen in NRW sind angestiegen. In Menden ist das Bild keineswegs besser: In der Hönnestadt verzeichnet die Polizei sogar den höchsten Zuwachs an kriminellen Taten im gesamten Märkischen Kreis.
TuS Lendringsen: Judo-Abteilung bietet Kindern Kursus zur Gewaltprävention
Was die Judo-Abteilung des TuS Lendringsen jetzt ankündigt, kommt da wie gerufen. Ab Freitag, 12. April, bietet sie einen Anfängerkurs für Kinder mit dem Schwerpunkt Gewaltprävention in Verbindung mit Judo an. Die Motivation dafür sei für den Verein vor allem die vermehrte Berichterstattung über eine höhere Gewaltbereitschaft auf dem Schulweg und an Schulen gewesen.
„Wir möchten uns als Abteilung wieder attraktiver machen“, sagt Harald Kletke, Abteilungsleiter des Judo-Sports. Dass das nun über Gewaltprävention geschehen soll, hat einen einfachen Grund, und der heißt Roland Schelp. 38 Jahre lang war er in der Justiz aktiv, hat sich dort im Rahmen der Ausbildung von Justizbeamten mit dem Thema auseinandergesetzt. „Irgendwann will man sich dann auch nicht mehr auf die Matte werfen lassen, das machen die Knochen nicht mehr mit“, sagt Kletke. Und so habe er Schelp geraten, doch einen Trainerschein im Judo zu machen. „Da muss man dann andere Wege gehen.“ Und so war das Thema Gewaltprävention auf dem Tisch.
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Kurs startet ab 12. April
Der Anfängerkurs mit den Schwerpunkten Gewaltprävention in Verbindung mit Judo richtet sich an Kinder ab 6 Jahren.
Los geht es am Freitag, 12. April 2024, der letzte Kurstermin ist der 31. Mai. Die Kosten belaufen sich auf 25 Euro.
Der Kurs findet immer freitags von 18 bis 19.30 Uhr in der Turnhalle der Realschule in Lendringsen statt.
Interessierte können sich bei Abteilungsleiter Harald Kletke unter Tel. 0170 2742570 oder h.kletke@t-online.de anmelden.
Kein Aufnahmestopp geplant
Schon oft hätten sie es in Lendringsen erlebt, dass Kinder von Erwachsenen angesprochen werden und genau richtig reagieren. „Auf diesen Weg wollen wir möglichst viele Kinder bringen“, führt Kletke aus. Dazu nun also der Kursus, der kommende Woche Freitag beginnt und auch erst einmal kein Limit für Anmeldungen hat. Bisher seien es acht Kinder, die sich rasch angemeldet hätten. Die Resonanz bisher: vielversprechend. Das Interesse: immens. „Und Matten können wir jede Menge auslegen.“
Was dabei ganz entscheidend ist: Dem TuS Lendringsen geht es nicht darum, wie sich Kinder im wahrsten Sinne verteidigen können. „Kinder können sich nicht verteidigen, wenn sie ein Erwachsener angreift. Dann zucken sie zusammen, vergessen alles, was sie gelernt haben“, erklärt Kletke.
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Unsportliche Kinder schulen
Worum geht es im Kursus also? In erster Linie um das richtige Verhalten, um aus Gefahrensituationen herauszukommen. Im Zweifelsfall heißt das eher Flucht als Kampf. Und was hat das mit Judo zu tun? „Roland Schelp hat den vierten Dan“, sagt der Judo-Abteilungsleiter, das heißt quasi einen vierfachen schwarzen Gürtel. Und in der Ausbildung hätten die Judoka immer häufiger festgestellt, dass die Kinder große Schwierigkeiten mit Koordination haben.
„Rechts-Links-Verhalten ist damit zum Beispiel gemeint“, sagt Kletke. Oder dass die Mädchen und Jungen beim Hinfallen die Handflächen zuerst auf dem Boden haben und sich damit im Zweifel sogar das Handgelenk brechen könnten. „Manche sind auch einfach sehr unsportlich. Einige Kinder bekommen nicht mal mehr einen Purzelbaum hin“, berichtet Kletke.
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Selbstbewusst oder geduckt?
Erfahrungen, die ihn und Schelp auf den Ansatz brachten, zum ersten Part „Gewaltprävention“ den zweiten Part „Judo“ innerhalb des Kurses hinzuzufügen. Und die auch dafür sorgten, dass jetzt noch eine dritte Person mit im Boot ist: die Motopädin und Logopädin Christine Wille-Zydek. Sie hat den zweiten Dan, ist Spezialistin für Sprache und Bewegung und außerdem Judo-Trainerin. Gemeinsam mit Schelp schult sie die Kinder.
„Häufig macht die Körpersprache in Gefahrensituationen eine Menge aus“, schildert Kletke, „Wie treten sie auf? Eine geduckte Haltung oder selbstbewusstes Auftreten, das macht einen großen Unterschied.“ Auch letzteres wollen die Drei vermitteln. Judo eigne sich außerdem zum Erlernen von koordinativen Fähigkeiten optimal.
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„Wissen, wo wir Finger in die Wunde legen müssen“
Für Harald Kletke ist indes klar: Das Angebot soll ausgeweitet werden. „Für uns ist der Anfängerkurs für Kinder der Grundstock, wir wollen abwarten, wie es läuft.“ Perspektivisch stehen auch Kurse für Jugendliche und Erwachsene auf dem Plan. Die müssten aber ganz anders angegangen werden als die für Kinder. Deutlich macht der Abteilungsleiter auch: „Ich erhoffe mir viel von der Aktion. Wir wissen genau, wo wir den Finger in die Wunde legen müssen. Wir haben Erfahrung. Wir wollen einen Beitrag leisten, und wir liefern Qualität.“
Weiß-gelber Gürtel zum Abschluss
Zugleich vielleicht die Judo-Abteilung wieder attraktiver zu machen, sei ein netter Nebeneffekt. Aktuell sind 90 Aktive im Verein. 25 Euro kostet der knapp zehnteilige Kurs insgesamt, „für uns ein Nullgeschäft“. Dafür bekommen die Kinder nach Abschluss des Kurses den weiß-gelben Einsteigergürtel vom Deutschen Judo-Bund. Und der ist europaweit anerkannt.
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