Menden/Balve. Der Kinderfußball wird revolutioniert. Kleine Tore, keine Torhüter, weniger Spieler. So soll dem Nachwuchs Spaß am Fußball vermittelt werden.
In unserer Serie „Ist der Jugendfußball noch zu retten?“ geht es dieses Mal um neue Spielformen, die im Kinderfußball mehr Spaß und Chancengleichheit vermitteln sollen.
Seit dem vergangenen Freitag hat der Deutsche Fußballbund einen neuen Präsidenten. Mit Bernd Neuendorf möchte der größte Fußballverband der Welt wieder in ein ruhiges Fahrwasser kommen. Dinge, die die tägliche Arbeit der Basis im Fußball wohl kaum beeinflussen werden. Am Rande der Tagung in Bonn fiel auch eine Entscheidung über die Zukunft des Nachwuchses.
Ab der Saison 2024/2025 gibt es neue Spielformen für den jüngsten Nachwuchs bei den G-, F- und E-Junioren. Die bisherigen Wettbewerbsformen mit Toren, Punkten, Meisterschaften werden abgelöst von neuen Angeboten. Dabei soll es allen Nachwuchskickern möglich gemacht werden, möglichst oft den Ball am Fuß zu haben und viel mehr am Spiel zu entwickeln.
Mehr Chancengleichheit auf dem Spielfeld
Vorbei sollen die Zeiten sein, wo gerade in den jüngeren Altersklassen bei den Spielen alles über zwei oder drei Spieler einer Mannschaft lief, während der Rest staunend zusieht. Diese waren teilweise schon ein wenig weiter als ihre gleichalterigen Mitspieler. Die kamen über Nebenrollen beim Spiel nicht hinaus und verloren gerade in jungen Jahren schneller die Lust am Fußball.
Das will der Verband jetzt ändern durch kleinere Mannschaften ändern. So soll es bei den G-Junioren Spiele nach dem Modus Zwei-gegen-Zwei oder maximal Drei- gegen-Drei geben. Jedes Team hat maximal zwei Einwechselmöglichkeiten.
Keine Torhüter bis zur D-Jugend mehr
Gespielt wird auf vier Mini-Tore, Tore dürfen erst ab der Mittellinie erzielt werden. An der Basis haben die Jugend-Verantwortlichen ihre Zweifel, ob die neuen Spielform der Weisheit letzter Schluss sind. „Für den BSV Menden kann ich sagen, dass wir das natürlich umsetzten werden, was der Verband vorgibt“, sagt Kai Murawski, der Jugendleiter des BSV Menden.
Der Mendener Nachwuchschef macht aber auch deutlich, dass er Zweifel am Sinn hat. „Wie soll ich einem G-Jugendlichen, der als Vorbild Manuel Neuer hat, klar machen, dass es in der G- und F-Jugend keinen Torwart gibt?“, fragt sich Murawski.
Sinteck äußert Zweifel am Konzept
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Sein Kollege Stephan Sinteck von Menden United macht aus seinem Zweifel an „Funino“ keinen Hehl. „Wir haben im Moment bei den Mini-Kickern einen sehr großen Zulauf. Wie soll ich denen klar machen, dass es keine Siebener- oder Neuner-Mannschaften mehr gibt in ihrer Altersklasse? Diese kommen doch in den Verein, weil sie den Kickern aus dem großen Fußball nacheifern wollen“, schüttelt Sinteck den Kopf. „Die Vereine brauchen doch auch Leute, um das umzusetzen“, denkt der „MenU“-Chef an die ehrenamtlichen Mitstreiter im Verein, die sich umstellen müssen.
Stephan Sinteck sperrt sich aber nicht gegen Veränderungen. „Ich finde es schon gut, dass man bei der G- und F-Jugend keine Meisterschaft spielt, sondern auf eine Art Turnierform setzt. Man hat vier Mannschaften, spielt Jeder-gegen- Jeden mit jeweils sieben Spielern pro Mannschaft. Da gibt es auch mehr Spielanteile für die einzelnen Spieler“, findet Sinteck den Wettkampfcharakter notwendig.
Bei der geplanten Spielform-Reform bevorzugt man auch die Turnierform mit jeweils fünf Spielern, die dann auf zwei Kleinfeldtore spielen. Erstmal wird dann auch die Position des Torwarts nicht besetzt.
Drilling sieht viele Vorteile
Bei der SG Balve/Garbeck steht man der Entwicklung positiv gegenüber. „Ich denke schon, dass es ein Ziel sein muss, den Kindern zu mehr Ballkontakten zu verhelfen. Denn gerade in diesem Alter gibt es bei Talent und Physis große Unterschiede. Ich halte es durchaus für sinnvoll, dass man das als Spielstunde aufbaut und nicht als Training“, sieht Jugendleiter Hans-Peter Drilling viele richtige Ansätze bei den neuen Spielformen.
So wird auch der Leistungsdruck bei den Kindern gemindert. Der war gerade in den jüngeren Altersklassen durch die anwesenden Eltern recht hoch. „Ich finde es auch richtig, dass keine Ergebnisse mehr kommuniziert werden. Das war bestimmt nicht gut für die Kinder“, befürchtet Drilling.
Deutlich wurde das Dilemma dadurch, dass das Spielfeld mehr in die Mitte des Platzes gerückt wurde und sich Eltern dadurch nicht mehr am Spielfeldrand aufhalten konnten. „Sicherlich wird es auch noch Fragen geben. Oder wie das Wechseln genau durchgeführt wird“, ist Hans Peter Drilling sicher. Der SG-ler ist überzeugt, dass diese Probleme zu lösen sind und die Spielformen ihren Weg gehen. „Futsal ist ja erst auch abgelehnt worden“, erinnert Drilling an die Änderungen beim Hallenfußball.