Balve. Eine Saison absolvierte Nationalspielerin Kimberly Drewniok (Balve) in Italien. Sie war spaßig, aber emotional fordernd. Jetzt zieht sie weiter.

Es ist kurz vor Weihnachten, als Kimberly Drewniok ein ungewöhnliches Bild postet. Ein für diese Jahreszeit ungewöhnliches Bild – das ist präzisier formuliert. Die Volleyball-Nationalspielerin aus Balve, zu dieser Zeit beim italienischen Klub Savino Del Bene Scandicci unter Vertrag, sitzt im Schneidersitz auf einer schier endlosen grünen Wiese, der Himmel über ihr ist traumhaft blau und wolkenlos. Ihr Pferd steht vor ihr und reibt seine Nüstern an ihrer Nase – so sieht es wenigstens aus. „Mein absoluter Lieblingsort: Zuhause, mit meinen Tieren, in der freien Natur“, schreibt Drewniok zu ihrem Post auf Instagram. Zuhause – das ist unter anderem die Wiese bei Balve. Kitschig? Vielleicht. Doch hinter dem Post verbirgt sich eine ernste Geschichte.

Drewniok: Team in Quarantäne

„Im Dezember wurde die Mannschaft zum größten Teil positiv auf das Coronavirus getestet“, erzählt die aus Balve stammende Volleyballerin im Gespräch mit dieser Zeitung. „Es ist nicht leicht zu verkraften, wenn du auf dem Höhepunkt deiner Leistungsfähigkeit bist, und dann zwei, drei Wochen nicht aus der Wohnung raus darfst, weil du in Quarantäne bist“, ergänzt die 23-Jährige. Das Bild, der Post – sie sind eine kurze Flucht aus den Fesseln der Corona-Pandemie.

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Dabei startete das Abenteuer Italien nahezu perfekt für die Diagonalangreiferin, die beim RC Sorpesee die ersten Aufschläge über das Netz brachte. Vom SSC Palmberg Schwerin wechselte sie in die italienische Liga und öffnete ab Juli 2020 das erste Auslandskapitel in ihrer Karriere. „Das Wetter war toll, es gab vor der Saisonvorbereitung einige freie Wochenenden, an denen ich die italienische Kultur und auch das Essen kennenlernen konnte“, sagt Drewniok lächelnd. La dolce Vita – rund eine Stunde mit dem Auto vom Mittelmeer entfernt, denn die Gemeinde Scandicci liegt in der Toskana unmittelbar vor den Toren Florenz’.

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Damit war es allerdings vorbei, als die Saisonvorbereitung startete. „Das Trainingsniveau war schon eine Herausforderung“, erzählt die deutsche Nationalspielerin. Sie gehörte plötzlich zu einer Mannschaft mit internationalen Stars. „Sich mit solchen Spielerinnen tagtäglich messen zu können, daran wächst du und es hat super Spaß gemacht“, sagt Drewniok. Das war das Ziel, welches sie mit dem Wechsel nach Italien erreichen wollte: Technische und taktische Erfahrungen auf einem höheren Niveau als jenem der Bundesliga zu sammeln.

Eine Sehnsucht bleibt

„Sportlich gesehen war der Wechsel ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt die 23-jährige Sauerländerin. Das Gesamtniveau der italienischen Liga sei unglaublich stark, „du musst auch gegen Teams, die weiter unten in der Tabelle stehen, eine Top-Leistung bringen, um zu gewinnen“. Das gelang Drewniok mit ihrem Klub regelmäßig, so dass die Saison erst kürzlich im Halbfinale der Play-offs endete. „Wir sind gegen den Meister rausgeflogen. Das ist ein Spitzenteam, das national und international sehr viele Titel geholt hat. Es war wirklich keine Schande, gegen diese Mannschaft zu verlieren“, ergänzt Drewniok.

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Etwas allerdings begleitete die lebenslustige Volleyballerin während ihrer Zeit in Italien: Die Sehnsucht nach der Familie, nach der Heimat. Daran änderten selbst regelmäßige Videochats und die komplette Palette der modernen Kommunikation nichts. Durch die Corona-Pandemie war es nicht möglich, mal eben Besuch zu empfangen. Sie selbst durfte sich teilweise nicht frei bewegen, weil Florenz in einer so genannten roten Zone lag.

Drewnioks Karriere

Kimberly Drewniok ist 23 Jahre jung und Diagonalangreiferin. Die Linkshänderin stammt aus Balve und begann ihre Volleyball-Karriere beim benachbarten RC Sorpesee.

2014 wechselte sie zur Nachwuchsmannschaft VC Olympia Berlin und spielte in der Bundesliga. Über die Stationen SC Potsdam und 1. VC Wiesbaden wechselte sie 2018 zum SSC Palmberg Schwerin. Im vergangenen Jahr schloss sie sich dem italienischen Klub Savino Del Bene Scandicci an. Ihr Debüt in der deutschen Nationalmannschaft feierte sie 2017.

Nach der Quarantäne im Dezember verdichtete sich zudem der Spielplan im Januar. „Ich war das letzte Mal Ende Juni des vergangenen Jahres zuhause“, sagt die Balverin. Sogar ein Spiel in der Champions League an ihrer alten Wirkungsstätte in Schwerin linderte die Sehnsucht nicht, da Zuschauer nicht zugelassen und private Treffen nicht möglich waren.

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„Das emotional und mental zu verarbeiten, war schwer in dieser Saison“, sagt die junge Dame, die es gewohnt ist, mal für mehrere Wochen nicht im Sauerland zu sein. Aber mehrere Monate ohne Kontakt zu Familie und Freunden? „Umso größer war die Vorfreude, als ich jetzt nach Hause kam“, sagt Drewniok: „Ich habe die Zeit unheimlich genossen, war jeden Tag draußen in der Natur mit den Pferden und mit meiner Mutter.“

Wechsel nach Frankreich

Italien? In diesem Land schrieb sie das erste Auslandskapitel ihrer Karriere. Sie bewertet es als erfolgreich, wenngleich Drewniok nicht Stammspielerin wie zum Beispiel in Schwerin war. „Das war mir im Vorfeld bewusst“, sagt sie: „In der nächsten Saison möchte ich das Gelernte aber anwenden und wieder mehr spielen, um mein Team weiterzubringen.“ Das zweite Kapitel der Karriere im Ausland wird folgen, jedoch nicht in Italien, sondern in Frankreich – mit neuen Eindrücken, aber hoffentlich ohne Sehnsuchtsposts kurz vor Weihnachten.

Nach der Rückkehr aus Italien führte der erste Weg Kimberly Drewniok in Balve wohin? Zu ihren Pferden.
Nach der Rückkehr aus Italien führte der erste Weg Kimberly Drewniok in Balve wohin? Zu ihren Pferden. © Privat

„Es tat gut, die Akkus in der Heimat wieder aufzuladen“, sagt Kimberly Drewniok. Doch die freie Zeit ist vorbei. Seit kurzem steht die 23-Jährige wieder täglich in der Trainingshalle. In Heidelberg bereitet sie sich mit der Nationalmannschaft, den so genannten Schmetterlingen, auf die bevorstehenden Aufgaben vor. Der erste Länderspiel-Aufschlag erfolgt vom 1. bis 3. Mai im französischen Belfort. Gegen Frankreich kehrt das Team nach 476 Tagen wieder für einen Wettkampf zurück.

Drewniok im Nationaltrikot

Die Volleyball Nations League wird vom 25. Mai bis 20. Juni in Rimini ausgetragen, die EM findet vom 18. August bis 4. September in Serbien, Bulgarien, Kroatien und Rumänien statt. „Ich bin hoch motiviert und freue mich, auch bei der Nationalmannschaft zeigen zu können, dass ich mich weiterentwickelt habe“, sagt Drewniok.