West Liberty/Menden. Anton Schulz startete seine Karriere beim TC Menden. Jetzt spielt er Tennis in den USA. Er erklärt Unterschiede, und warum’s im da drüben gefällt.
Ein Stipendium für ein US-College – der Wunschtraum vieler Abiturienten. Mit seinem herausragenden Tennistalent konnte Anton Schulz (21) sich diesen verwirklichen. Mittlerweile studiert er im sechsten Semester „Sportmanagement und -marketing“ an der West Liberty University im US-Staat West Virginia.
Und lebt dort ein Leben, wie es die meisten Menschen wohl nur aus amerikanischen Spielfilmen kennen: Während des Semesters geht’s morgens früh zu Uni, und danach heißt es: zweieinhalb Stunden Training – fünf- bis sechsmal die Woche. „Und in den Semesterferien gebe ich dann in Clubhotels Training. In Marokko oder Spanien“, erklärt er.
Von einem Jahr auf vier verlängert
Das Tennis-ABC
T ennisspieler werden in Deutschland in sogenannten Leistungsklassen (LKs) bewertet. Indem man Spiele gewinnt, bekommt man Punkte und kann eine LK aufsteigen. Anfänger beginnen bei LK 23, Leistungsklasse 1 ist die beste.
E instand bedeutet einen Gleichstand beim entscheidenden Ball fürs Spiel. Will man das Spiel gewinnen, muss man dann zwei Punkte hintereinander machen. Sechs Spiele muss man holen, um einen Satz zu gewinnen. Um das Match zu gewinnen, braucht es meist zwei Sätze.
N o-Ad nennt man es, wenn es im Spiel keinen Einstand gibt. Dann gibt es beim Einstand nur einen Entscheidungsballwechsel.
N etzroller werden Bälle genannt, die das Netz beim Flug auf die andere Seite berühren. Im Ballwechsel wird dann normal weitergespielt, ein Aufschlag-Netzroller bedeutet normalerweise Wiederholung.
I n Deutschland spielt man meist auf Asche. Hard-Courts dagegen sind asphaltiert. Das kann die Schnelligkeit des Balls verändern.
S piele sind beim Matchball fast zu Ende. Hat ein Tennisspieler Matchball, muss er nur noch einen Ballwechsel gewinnen, um das gesamte Match für sich zu entscheiden.
Seine Tenniswurzeln hat das Talent aber beim TC Menden. Im Sauerland hat er schon früh große Titel geholt. „Mein größter Erfolg war es aber, LK 1 zu erreichen“, erklärt er.
Richtiges Heimweh hat er aber kaum. „Man gewöhnt sich dran. Das erste Semester war noch deutlich schlimmer“, erinnert sich Schulz. Und trotzdem hat er nach dem ersten Jahr – mehr war eigentlich nicht geplant – beschlossen, weiter in den USA zu studieren. Jetzt bleibt er erstmal noch bis zum Ende des achten Semesters dort – also insgesamt vier Jahre.
Großes Mannschaftsgefühl
„Hier hat man immer das Team hinter sich.“ Das ist für den 21-Jährigen ein großes Plus in Amerika. Mit deutschen Tennismannschaften könne man das kaum vergleichen. „Wir essen zusammen, trainieren zusammen und sehen uns jeden Tag“, erklärt Schulz den Zusammenhalt seines College-Teams.
Und jetzt müssen sie zeigen, was sie draufhaben. „Das erste Spiel haben wir leider verloren. Aber der Gegner war auch echt richtig gut“, erklärt Schulz. Aber in zwei Wochen geht’s mit der Saison erst richtig los.
Und dann geht’s auch gern mal weiter weg. Schulz erklärt: „Nach South Carolina zum Spring Break sind wir gut zwölf Stunden unterwegs.“ – Eine Distanz, die für viele Tennismannschaften hier in Menden unvorstellbar sein dürfte. Genauso wie auf dem Hardcourt zu spielen – in den USA ganz normal.
Tennisregeln mal ganz anders
Ähnlich seltsam dürfte der Ablauf der Mannschaftsspiele für deutsche Spieler klingen: „Hier spielt man erst die Doppel, dann die Einzel“, erklärt Schulz. In Deutschland ist es andersherum. „Und man spielt nur einen Satz im Doppel. Das ist auch viel weniger wert als das Einzel.“ Dazu gibt’s in Amerika die „no-ad“ Regel, also keinen Einstand.
Was alles verändert wird, um das Spiel zu verkürzen, ist durchaus fremd für Schulz: „Man muss sich hier echt an vieles gewöhnen. Wenn es einen Netzroller beim Aufschlag gibt, wird auch weitergespielt.“
Spielabbruch – einfach mittendrin
Das Krasseste sei aber vor allem, dass manchmal die Spiele einfach mittendrin abgebrochen werden. Das passiert, wenn der Mannschaftssieg sicher ist. „Sowas entscheiden die Coaches. Wenn das Team gewonnen hat, ist der Rest egal. Der Einzelspieler ist nicht so wichtig“, erklärt Schulz. Leistungsklassen gibt es schließlich in Amerika nicht.
Dass der Einzelspieler quasi egal ist, musste auch Schulz einmal extrem erfahren: „In einem Spiel hatte ich einmal Matchball“, erinnert er sich. „Und da wurde kurz vor dem Ballwechsel das Spiel einfach abgebrochen – weil unsere Mannschaft schon gewonnen hatte. Ist das Spiel entschieden, wird alles gestoppt.“
Amerika-Leben nicht die erste Wahl
Doch das Ungewohnte hält das ursprüngliche Mendener Tennistalent nicht auf. „Ich will hier gut spielen und viele Matches gewinnen.“ Wie es nach dem Studium weitergeht, weiß der 21-Jährige noch nicht genau. Ob er in Amerika bleibt? „Das ist eine Option, aber nicht meine erste Wahl.“ Vor allem die amerikanische Mentalität sei ihm doch etwas fremd.
Eins weiß Schulz aber: „Ich werde bei ein paar Profiturnieren mitmachen – nur zum Probieren. Hauptberuflich Tennisprofi zu sein, wäre cool, ist aber unrealistisch.“
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