Finnentrop/Bamenohl. Nach dem souveränen Klassenerhalt in der Vorsaison ist die Vorfreude auf die neue Saison am Bamenohler Schloss groß.
Die erfolgreichste Fußballsaison ihrer Vereinsgeschichte hat die SG Finnentrop/Bamenohl hinter sich. Die erste Mannschaft unter Trainer Ralf Behle schaffte in ihrem zweiten Oberligajahr den Klassenerhalt. Es war ihre erste komplett zu Ende gespielte Saison im Oberhaus, die beiden zuvor wurden abgebrochen. Die Zweite mit den Trainern Michael Hennes und Fabian Schmidt stieg wie ein Orkan in die Kreisliga A auf.
Das alles ist eine Messlatte für 2022/23. Deren Höhe aber flößt zwar Respekt, aber keine Furcht ein. Im Gegenteil: Sowohl die beiden Trainer Ralf Behle und Fabian Schmidt als auch der Sportliche Leiter Simon Machula vermitteln großen Optimismus vor der Saison, die am 14. August startet.
Endlich eine normale Saison
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Endlich spielt der Oberligist in einem normalen Modus. Die Aufteilung in Auf- und Abstiegsrunde zuletzt sah Trainer Ralf Behle rückblickend als „extreme Drucksituation“ an, die die Mannschaft „mental überragend gemeistert“ habe und erinnerte daran, „dass wir eine relativ junge Truppe zusammen haben. Deshalb freut uns das ungemein.“
Der Anpassungsprozess sei so weit geschafft. „Und wir hatten nicht diesen Break von acht Monaten, nach dem wir vieles nach- und aufzuholen hatten,“ fügte der Coach hinzu. Andererseits habe man dadurch auch eine verhältnismäßig kleine Pause hinter sich. Dreieinhalb Wochen. Behle: „Der Vorteil ist, du kannst einsteigen und brauchst nicht mehr über eine anaerobe Ausdauer zu sprechen, sondern kannst schon viel mehr in die Inhalte gehen.“
Vier Zugpferde sind weg
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Zwar haben sich mit Wattenscheid 09, 1. FC Kaan-Marienborn, RSV Meinerzhagen und Westfalia Herne vier zugkräftige Oberligisten nach oben und unten verabschiedet. Der Qualität der Liga tue dies aber keinen Abbruch, ist sich der SG-Trainer sicher, sie sei sogar noch mal gestiegen. Drittliga-Absteiger Sportfreunde Lotte wird dazu beitragen, der FC Gütersloh, 2021/22 schon als Top-Favorit gehandelt, aber auch der TuS Bövinghausen. Der Aufsteiger aus Dortmund hat auch in der Oberliga ehrgeizige Pläne.
Behle: „Ich glaube, die Liga ist schon stärker geworden. Wenn man sieht, dass viele Vereine sich nicht nur in der Breite verstärkt haben, sondern auch in der Spitze und sich bei ihren Neuverpflichtungen ins obere Regal gepackt und Regionalliga- oder Drittligaspieler geholt haben.“ Aber einschüchtern lassen werde man sich nicht.
Scouting äußerst anspruchsvoll
Die Fluktuation bei der Konkurrenz ist das eine, aber auch die räumliche Entfernung zu den kommenden Gegnern größer als in allen Ligen darunter. Stichwort Gegner-Studium. Wie muss man sich das vorstellen? Wie informiert sich das Finnentrop/Bamenohler Trainerteam über Victoria Clarholz im fernen Ostwestfalen, wo sie am 14. August antritt? Es ist im Zeitalter von Videoclips, Fußball-Foren oder Online-Zeitungen einfacher als vor 20 Jahren. Aber dass immer noch eine Menge Arbeit hinter dem Studium des Gegners steckt, legte Ralf Behle recht anschaulich dar.
Das A und O ist nach wie vor die Vernetzung. Da nimmt Marius Hilleke, Chefanalyst und Co-Trainer, bei der SG die Spitzenrolle ein. Er fährt zu zwei Spielen, in Verbindung mit Jan Nöker, um sich ein Bild vor Ort zu machen. „Marius hat dermaßen viel an Kontakten aufgebaut, dass er sicherlich zu jeder Mannschaft fünf oder sechs Trainer findet, die ihm da etwas sagen können,“ weiß Ralf Behle, „das ist ein Netzwerk, auf das wir gern zurückgreifen und das uns das Leben natürlich einfacher macht.“ Hinzu kommt das Bildmaterial, das in der Oberliga erstellt wird. Das wird dann mit Hillekes Analyse abgeglichen. So entsteht ein Bild.
Nicht in die Defensive drängen lassen
Wobei es aber nicht ins letzte Detail geht. Interessant, warum: „Damit bringst du das eigene Team schon direkt in die Defensive. Das heißt, wenn du sagst, die haben einen ultrastarken Linksverteidiger, der hat einen rechten Fuß, einen linken Fuß, ist torgefährlich, ist kopfballstark – dann setzt ja immer was ein bei meinem rechten der linken Mittelfeldspieler, dann wird der sich sagen: Oh, der ist gefährlich. Kann ich mich jetzt noch einschalten, ja oder nein?“ Deshalb ziehen die Trainer das raus, was ihnen einen Mehrwert bringt und nicht allzu sehr ins Detail, wie das andere Team funktioniert. Das wird dann am Sonntag in der Kabine, weil du die Spieler sonst überfrachtest.“
Auch diesmal wird die Mentalität wieder ein Plus der Finnentrop/Bamenohler sein. Dafür ist der Trainer zuständig, aber nicht allein, wie Ralf Behle betonte: „Das ist der gesamte Staff, der Co-Trainer Phillip Hennes, der Sportliche Leiter Simon Machula, die Physio-Abteilung. Sie alle tun alles, dass das Trainerteam den Fokus hochhalten kann auf das Sportliche.“
Sozialkompetenz schaffen
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Gleichwohl weiß Behle, dass er natürlich stärker im öffentlichen Fokus steht als seine Mitstreiter auf der Bank und er in erster Linie die Sozialkompetenz aufbringen muss, einen Kader von 22 teils gestandenen Fußballern zu führen. „Dass du da nicht jedem komplett gerecht werden kannst, ist klar, was du als Trainer eigentlich werden solltest.“
Aber es gehe darum, dass im Team gearbeitet und diese Aufgabe, Sozialkompetenz zu schaffen, auf mehrere Schultern verteilt werde. Sein Beispiel: „Die Physioabteilung ist ja nicht ausschließlich dazu da, den Wiederherstellungsprozess nach einer Verletzung zu schaffen, sondern einen Spieler auch ans Händchen zu nehmen, der ihm vielleicht mehr anvertraut als dem Trainer.“
Und wie ist der Trainer selbst mental aufgestellt? Sonntags vormittags, wenn die große Aufgabe immer näherkommt? „Es kommt auch immer auf die Vorbereitung an. Ich telefoniere mit unserem Co-Trainer Phillip Hennes, wir sprechen die Inhalte der Ansprache durch.“ Die Anspannung vor dem Spiel ist da, und das sei auch gut. „Aber die entlädt sich auch in den 90 Minuten, weil ich kein Trainer bin, der auf der Bank sitzt, zwei, drei Kommandos rein ruft und sich ansonsten sagt: Nein, die Jungs können das schon. Diese Trainer beneide ich. Ich könnte das nicht. Dafür bin ich vielleicht noch zu sehr Fußballer.“.