Iserlohn. Trotz unrühmlichem Abgang wurde Greg Poss von Fans zum besten Roosters-Trainer gewählt. Nun spricht er über seine Entlassung und Zukunftspläne.
Bei der ECD/IEC-All-Star-Wahl wurde Greg Poss zum besten Trainer der 65-jährigen Geschichte des heimischen Eishockeys gewählt. Und das, obwohl seine zweite Amtszeit am Seilersee aufgrund des ausbleibenden Erfolgs und drohenden Abstiegs nach nur zwölf Spieltagen Mitte Oktober ein schnelles Ende fand. Anfang Dezember verpflichteten ihn die Krefeld Pinguine, mit denen er im Playoff-Viertelfinale der DEL2 gegen Crimmitschau ausschied. Genau darüber und über seine Zukunftspläne sprach die Heimatzeitung mit dem 59-Jährigen.
Herr Poss, sind Sie überrascht, dass Sie von den Lesern und Fans zum besten Trainer gewählt worden sind?
Greg Poss: Ich wusste nicht, dass diese Wahl stattfindet. Das ist sehr nett, und es freut mich.
Was machen Sie aktuell beruflich?
Ich bin auf Suche nach einem Trainerjob und warte ab, was in den nächsten paar Monaten passiert. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen. Aber diesmal auf der Gästebank.
Mit welchen Gedanken und Gefühlen blicken Sie auf Ihre zweite Zeit bei den Iserlohn Roosters zurück? Die Bilanz ist ja zweigeteilt. Nach dem verhinderten Abstieg 2023 wurden Sie in der letzten Saison schnell entlassen.
Das war eine sehr gute Zeit. Im ersten Jahr haben wir die Mannschaft vor dem Abstieg gerettet. Danach haben wir eine ganz neue Mannschaft mit 17 neuen Spielern zusammengestellt. Natürlich braucht es Zeit, bis diese dann zusammenwächst. Es freut mich auch, dass die Mannschaft nicht abgestiegen ist, denn sie ist und war gut. Es hat sich am Ende bewiesen, dass sie die Zeit brauchte, um erfolgreich zu sein. Auch Straubing oder Bremerhaven haben ein, zwei Jahre gegen den Abstieg kämpfen müssen. Sie haben aber immer wieder den Kern der Mannschaft gehalten und mit dem Stamm dann sehr erfolgreich gespielt.
Lag es nur am Zeitfaktor, dass die Mannschaft abgeschlagen am Tabellenende stand? Mit einem anderen Trainer wurde der Klassenerhalt schließlich geschafft.
Ich glaube, dass die Zeit gefehlt hat. Wenn wir einfach weitergemacht hätten, wären wir zum ähnlichen Ergebnis gekommen. Das Trainingslager und die Saisonvorbereitung waren sehr gut. Zu Saisonbeginn hatten wir einige Verletzte, darunter mit Hubert Labrie den Leitwolf. Mit so vielen neuen Spielern ohne Leitwolf zu spielen, war schwierig. Es hat mich nicht überrascht, dass mit seiner Rückkehr die Mannschaft die Wende hinbekommen hat. Wir alle wissen nicht, wie es gelaufen wäre, wenn ich nicht gefeuert worden wäre. Ich bin aber überzeugt, wir hätten den Abstieg auch vermieden.
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Nach Ihnen wurde dann Christian Hommel als Sportlicher Leiter entlassen. Sie haben mit ihm die Mannschaft zusammengestellt. Wie haben Sie das für sich aufgenommen?
Dazu kann ich nichts sagen. Es hat nichts mit mir zu tun. Wie gesagt, die Mannschaft war gut genug, um mindestens den Abstieg zu verhindern. Die Erwartungen waren natürlich höher, als nur nicht abzusteigen. Ich habe immer gesagt, dass es mit so vielen neuen Spielern etwas Zeit braucht. Aber so ist das Leben. Wenn man nicht in eine solche Situation geraten möchte, sollte man nicht als Eishockeytrainer in Deutschland arbeiten. Es hatte aber auch Vorteile, da ich die Gelegenheit hatte, letzte Saison zwei Mannschaften zu trainieren. Die Zeit in Krefeld war auch sehr schön, auch wenn ich lieber in Iserlohn geblieben wäre. Es war ein sehr interessantes Jahr für mich. Ich bin mit niemandem unzufrieden. Ich habe eine andere Meinung, was auch okay ist. Wir werden nie wissen, was ohne meine Entlassung passiert wäre. Ich habe insgesamt sehr viel gelernt. Es hat Spaß gemacht.
Nach Ihrer ersten Amtszeit von 1997 bis 2003 wurden Sie bei verschiedenen Jubiläen der Roosters von den Fans gefeiert. Für die Leser und Fans stand in der Abstimmung der fehlende Erfolg in Ihrer achten Saison als Trainer in Iserlohn offensichtlich nicht im Vordergrund. Haben Sie trotzdem das Gefühl, nun gescheitert zu sein?
Das ist für mich überhaupt kein Problem. Es ist ein Teil des Jobs. Auch wenn es zuletzt nicht gut gelaufen ist, war es eine sehr schöne Zeit in Iserlohn. Ich mag Iserlohn sehr. Heute würde ich es nicht anders machen und bin nicht vergrätzt. Das Umfeld und die Zuschauer sind toll, ich würde immer wieder gern in Iserlohn sein.
Vor Ihrer Verpflichtung im Jahr 2022 haben Sie gesagt, dass Sie mit der Erfahrung als Mentalcoach als Feuerwehrmann wieder ins Eishockey einsteigen möchten und dort die Methoden ausprobieren möchten. Hat das funktioniert?
Ich glaube schon. Im ersten Jahr haben wir den Abstieg verhindert, im zweiten Jahr ist die Geschichte nicht zum Ende gekommen. Man weiß daher nie, was passiert wäre. Die Geduld hat gefehlt, um das zweite Kapitel zu Ende zu lesen. Von daher kann man auch nicht sagen, dass die Methoden erfolgreich waren, weil der Erfolg zum Schluss nicht da war. Weiter darüber nachzudenken, wäre verlorene Zeit. Es ist einfach nur interessant.
Auch in Krefeld haben Sie betont, nur als Feuerwehrmann antreten zu wollen. Mit dem verhinderten Abstieg 2023 hatten Sie den Job bei den Roosters erledigt und hätten sich dafür feiern lassen können. Was hat Sie damals motiviert, in Iserlohn weiterzumachen?
Das erste Jahr war gut gelaufen. Ich war überzeugt davon, dass wir mit einer neuen Mannschaft in Iserlohn längerfristig Erfolg haben würden. Mein Plan war daher, für fünf, sechs oder zehn Jahre zu bleiben. Was für Deutschland sehr ungewöhnlich ist. Auch heute würde ich nicht nur als Feuerwehrmann arbeiten. Ich habe auch Lust, eine Mannschaft das ganze Jahr zu trainieren.
Als Ihr Bleiben in Iserlohn Ende Januar 2023 noch nicht klar war, haben Sie Bedenkzeit bis in den Sommer eingefordert. Eine Woche später gaben die Roosters Ihre Vertragsverlängerung bekannt. Wie kam es zu dem plötzlichen Sinneswandel?
Ich habe gedacht, dass die Planungen besser früh begonnen werden, um erfolgreich zu sein. Wenn der Trainerstab früh steht, ist es einfacher, mit Spielern zu sprechen. Wartet man lange, werden vielleicht auch Spieler verpflichtet, die man nicht haben möchte. Von daher habe ich mich kurzfristig anders entschieden, weil die Roosters auch bereit waren, eine Mannschaft zu bauen, die unter die ersten Sechs kommen kann. Was aber eben Zeit braucht. Die Leute haben dann anders entschieden.
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Was sagen Sie auch als Mentalcoach zu dem Turnaround, den die Mannschaft unter Doug Shedden hingelegt hat?
Für einen solchen Turnaround müssen andere Mannschaften wie Augsburg mitspielen und verlieren. Man muss vielleicht ein paar Jahre gegen den Abstieg kämpfen, bis sich der Stamm der Mannschaft herauskristallisiert und dann nur drei oder vier Spieler austauschen. Aus der letztjährigen Mannschaft kann man einen sehr gesunden Stamm mitnehmen.
Ist das Bleiben von bislang zehn Spielern aus der letzten Saison, darunter mit Michael Dal Colle, Tyler Boland und Eric Cornel die drei punktbesten Stürmer, eine Bestätigung für Sie, dass nicht alles schlecht war?
Mit Labrie ist damals früh der einzige Spieler ausgefallen, der zu dem Zeitpunkt eine Mannschaft von innen heraus führen konnte. Das hat uns aus der Bahn geworfen und zeigt, wie zerbrechlich ein Team sein kann. Dal Colle hatte zuvor in Finnland kein gutes Jahr. Er brauchte die Vorbereitung und die ersten fünf, sechs Spiele, um in sein Spiel zu finden. Hinterher war er der punktbeste Spieler. Die Spieler brauchen Zeit, um in ihre Rollen zu finden. Zwölf Spiele sind da ein kleiner Teil, die Saison geht über 52 Spiele. Am Ende der Saison hat man die echte Mannschaft gesehen.
Sie sind seit 30 Jahren Eishockeytrainer. Nach Ihrer Entlassung in Salzburg 2019 sollen Sie gesagt haben, dass Sie vom Eishockey die Nase voll haben. Haben sich die Arbeit und die Anforderungen verändert, haben die Spieler eine andere Mentalität? Man sagt Ihnen einen gewissen Drang zu Kontrollen nach. So würden Sie zum Beispiel Spieler abends anrufen.
Ich habe ein einziges Mal in Timmendorfer Strand (Anm. Red. 1996/97) einen Kontrollanruf gemacht, weil unsere Importspieler betrunken gewesen sein sollten. Glaubt man, dass ich zu Hause sitze und mich darum kümmere, wo die Spieler abends sind? Wenn in Iserlohn die Spieler unterwegs sind, weiß der Trainer es eh als Erstes. Weder vor 30 Jahren noch heute kann man durch Kontrolle etwas erreichen. Man muss eine Atmosphäre aufbauen, seine Arbeit leisten und schauen, was passiert. Alles andere, was erzählt wird, ist Quatsch. Auch, dass ich die Nase voll von Eishockey hatte. Es ist nur ein Spiel. Man muss mit der Zeit gehen. Spieler wollen gewinnen, egal, in welcher Liga. Die Art und Weise, um möglichst viel aus ihnen herauszuholen, hat sich vielleicht geändert.
Als Sie im Jahr 2000 mit den Roosters in die DEL einstiegen, gab es keinen Auf- und Abstieg. Spürt man als Trainer heute, dass der Druck größer geworden ist?
Ich bin ein großer Fan vom Auf- und Abstieg. Es ist notwendig, das beizubehalten. Das hat jedes Spiel bis zum Ende der Saison spannend gemacht. Ohne Auf- und Abstieg würden die Mannschaften, die unten stehen, Spieler verkaufen und damit Wettbewerbsverzerrung betreiben. Es ist der einzige Weg für beide Ligen, nicht langweilig zu werden. Ich habe es in der letzten Saison in der DEL2 erlebt. Die jetzige Regelung mit der Bürgschaft und der Hallengröße ist super. Einzig am Modus in der DEL sollte sich was ändern. Die ersten Zehn sollten Pre-Playoffs und Playoffs, die Plätze 11 bis 14 sollten Playdowns im Modus Best-of-seven wie in der DEL2 spielen. So hat man als Letzter noch die Chance, in der Liga zu bleiben und die Clubs haben mehr Einnahmen aus den Heimspielen. Eine Verknüpfung zwischen beiden Ligen funktioniert aufgrund der unterschiedlichen Anzahl an Importspielern (Anm. d. Red.: DEL: 9, DEL2: 4) nicht.
Haben Sie für die kommende Saison schon konkrete Angebote?
Ich muss bis Oktober, November oder Dezember warten, bis sich etwas ergibt. Dann ist in Deutschland immer die Zeit, in der es reichlich Gelegenheiten geben wird. Man muss Geduld haben.