Hagen. . Der Hagener Tim Bodenröder gilt in der derzeit außerordentlich erfolgreichen Jugend-Abteilung des FC Schalke 04 als eines der aussichtsreichsten Talente. Zwischen Training und Schule entspinnt sich ein Leben für den großen Traum.
Blau sind die Jalousien, die vor der Sonne schützen. Fast königsblau. Tim Bodenröder sitzt in seinem Zimmer, von der Wand blickt der Stürmerstar Fernando Torres auf ihn herab. Auf einem Poster trägt er das spanische Trikot, zwei zeigen ihn im Dress des FC Liverpool, drei in Chelsea-Blau. Ein Plakat größer als das andere.
Seiner eigenen Karriere widmet der 17-Jährige in seinem Refugium unter dem Dach des elterlichen Hauses in Hagen ein kleines Foto auf einer anderen, sonst karg geschmückten Wand. Es zeigt ihn im deutschen Nationaltrikot. Immerhin: gerahmt, hinter Glas.
Freie Zeit ist rar
Tim Bodenröder, Jugend-Nationalspieler des FC Schalke 04, weiß, dass er gute Chancen hat, sich seinen Traum vom Fußball-Profi zu verwirklichen. Aber er weiß auch, dass es bis zur Postergröße noch ein weiter, beschwerlicher Weg ist.
Der Gymnasiast trägt T-Shirt, Jogginghose und Pantoffeln, die aussehen, wie bequeme Pantoffeln eben aussehen: irgendwie mitgenommen. Wenn er zuhause ist, dann darf es auch die Wohlfühlkluft sein. Freie Zeit ist rar. Es ist ein Leben für das große Ziel. Neun Stunden Schule sind keine Seltenheit, danach geht’s fast jeden Tag zum Training. Rückkehr nach Hause: meistens nicht vor 21 Uhr.
Tim Bodenröder ist Stürmer, Nicht einer von denen, die sich nur im Strafraum herumtreiben und auf eine Chance warten, sondern einer, der aktiv am Spiel teilnimmt, der Vorlagen gibt. In der B-Jugend sorgte der Hagener bis Dezember mit 14 Toren in 15 Spielen für Aufsehen. Im Winter wurde er in die A-Jugend hochgezogen und feierte dort am vergangenen Wochenende die westdeutsche Meisterschaft.
Über die Jugend hinaus interessant
„Tim hat großes Potenzial“, sagt Oliver Ruhnert, Sportlicher Leiter des Schalker Nachwuchses: „Seine Schnelligkeit, seine Laufwege, seine Spielintelligenz – wir sind zuversichtlich, dass er über die Jugend hinaus interessant für uns ist.“ Die Voraussetzungen könnten besser nicht sein. Schalke hat eben erst den Vertrag mit seinem Trainer Jens Keller verlängert. Jener Keller, der bis Dezember des vergangenen Jahres die Schalker B-Jugend auf Platz eins führte. Kellers Torjäger hieß: Tim Bodenröder.
Eine Konstellation, die Tim neulich einen Anruf auf dem Handy bescherte, als er gerade in der Schule war. Zum Glück während einer Freistunde. Der Anrufer sagte, dass er im Training der Profis gebraucht werde. Offensives Personal war knapp geworden. „Erstmal hab ich Herzrasen gehabt“, sagt Tim. Dann musste er auch schon los. Die Stunde Sozialwissenschaften, die noch angestanden hätte, wurde einfach auf das prall gefüllte Konto an Fehlstunden geschlagen.
Ohne die Mithilfe des Theodor-Heuss-Gymnasiums wäre all das gar nicht denkbar. Die Lehrgänge und Länderspiele mit der U17-Nationalmannschaft, die Klausuren, die Tim unter Aufsicht des DFB irgendwo auf Reisen schreibt. Papiere müssen abgezeichnet, Ergebnisse übermittelt werden. Ein unglaublicher Aufwand. Für alle. „Ich habe nicht das Gefühl, dass mir Zeit fehlt“, sagt er. Seit vier Jahren geht das alles so, er und seine Eltern haben sich daran gewöhnt. „Aber“, räumt er ein, „es gibt natürlich auch Tage, an denen man keine Lust hat, zum Training zu gehen.“
Noch Verbesserungsbedarf
Im nächsten Jahr steht das Abitur an, danach hofft er, sich etwas intensiver seiner Karriere widmen zu können. Es gibt noch die Dinge zu verbessern, meint Oliver Ruhnert. „Er hat manchmal so ein Phlegma an sich, das er ablegen muss. Ich glaube es gefällt ihm, dass er so eine kleine Macke hat.“ Er wäre zumindest nicht der erste, der es trotzdem auf Postergröße schafft.