Hagen. . Mit 36 Jahren hat das Hagener Urgestein Bernd Kruel noch einmal die Chance auf die Playoffs der Basketball-Bundesliga. Es wäre die erste Qualifikation seit elf Jahren für ein Team aus der Volmestadt. Ein Sieg gegen den direkten Konkurrenten Artland Dragons an diesem Samstag könnte die Vorentscheidung bringen.
Bis gerade war Bernd Kruel um keine Antwort verlegen, aber eine Frage erwischt ihn dann doch auf dem falschen Fuß. „Hm“, sagt er, die Stirn in Falten gelegt, „auf jeden Fall spielt man als Achter gegen den Ersten, aber wie es danach genau im Halbfinale weitergeht – so richtig weiß ich das gar nicht mehr.“
Ist ja auch schon ein Weilchen her, dass sich Kruel über den Spielmodus der Basketball-Playoffs Gedanken machen musste. Fünf Jahre, um genau zu sein. Und überhaupt: Dass er mit seinen bald 37 Jahren noch einmal so weit oben mitspielen würde und dann auch noch mit einem Team seiner Heimatstadt, hätte der gebürtige Hagener wohl auch nicht vermutet.
Größter Erfolg der Vereinsgeschichte greifbar
Seit seinem Wechsel von den Telekom Baskets Bonn zu Phoenix Hagen im Jahr 2008 waren vordere Plätze stets nur mit dem Fernglas zu sehen. Dann allerdings kam die Saison 2012/13 und mit ihr überraschend viele Erfolge.
Zwei Spieltage vor Schluss ist nun sogar der größte Erfolg der noch jungen Vereinsgeschichte greifbar: Gegen den direkten Konkurrenten Artland Dragons könnte Phoenix Hagen an diesem Samstag einen großen Schritt in Richtung der ersten Hagener Playoff-Qualifikation seit elf Jahren machen. Höchste Zeit also, das Playoff-Wissen aufzufrischen, oder, Herr Kruel?
„Die Playoffs wären einmalig. Es macht natürlich Spaß als Überraschungsteam die ganze Liga zu schocken“, sagt Kruel und muss schmunzeln. „Vor der Saison sind ja immer die ganzen schlauen Experten am Start. Uns hatte natürlich keiner auf der Rechnung.“
Hagen, der Favoritenschreck
17 Siege hat Phoenix Hagen in dieser Saison bisher eingefahren, darunter so unerwartete wie gegen die Spitzenteams Bamberg, Alba Berlin und Oldenburg. Und dass, obwohl man in der vergangenen Saison noch gegen den Abstieg kämpfte.
Ein Geheimnis des plötzlichen Erfolgs ist Hagens ungewöhnlicher Spielstil. „Wir schießen, sobald wir frei sind, verteidigen riskanter“, erklärt Kruel. „Unser Spiel ist weniger strukturiert als bei anderen Teams.“ Worauf die sich offenbar nur schwer einstellen können.
Ein bisschen Psychologie spielt auch mit hinein: „Wir hatten nie Niederlagenserien. Die Siege kamen immer zur rechten Zeit, und der Erfolg schweißt zusammen.“
Nicht nur die Spieler untereinander. Auch die Bindung der Fans ist ein Alleinstellungsmerkmal der basketballverrückten Stadt. Gut 3000 Zuschauer passen in die heimische Enervie Arena – „jetzt könnten wir locker eine 6000er Halle füllen“, glaubt Kruel. Und selbst wenn die Unterstützung auswärts nur aus 200 Kehlen kommt, „machen die Krach für 5000.“
Karriereende in Hagen – „Außer die NBA klopft noch mal an.“
Durch Typen wie Kruel dürfte die Identifikation noch leichter fallen: in Hagen geboren, erstmals 1993 für Brandt Hagen Bundesliga-Parkett betreten und selbst zu Bonner Zeiten täglich zur Familie in die Stadt an der Volme pendelnd. „Für die meisten Spieler ist Hagen nur eine Übergangsstation. Ich bin die ganze Zeit hier, meine Freunde und Familie wohnen hier. Es wird nie langweilig in der Stadt.“
Sicher auch, weil Kruel es kaum unerkannt durch die Fußgängerzone schafft. Bei einer Größe von 2,10 Meter kein Wunder – aber auch kein Problem: Für einen kurzen Plausch ist schließlich immer Zeit. „Kommen Sie ruhig mal wieder in der Halle vorbei“, ermuntert er eine ältere Dame. Bernd Kruel, der Bundesligaprofi von nebenan.
Wie lange der 36-Jährige Phoenix Hagen noch als Spieler erhalten bleibt, kann er nicht mit Sicherheit sagen. „Ich glaube, ein Jahr hab’ ich wohl noch über. Vielleicht auch zwei.“ Sicher hingegen ist, wo die Karriere ausklingt: „In Hagen natürlich“, sagt Kruel prompt, stockt dann kurz und fügt lächelnd hinzu: „Außer die NBA klopft noch mal an.“