Hagen. . 104:97. Phoenix Hagen zwingt Serienmeister Bamberg in die Knie. Emotionen dringen aus jeder Ritze der altehrwürdigen Halle am Ischeland. Kein Bundesligist erzielt mehr Punkte als Hagen - kein Team lässt mehr Punkte zu als das St. Pauli des Basketballs. Aber im Fernsehen war Phoenix Hagen diese Saison noch keine Minute zu sehen.
Das unmöglichste aller Ergebnisse, das da weiß auf schwarz von der Anzeigetafel leuchtet, ist Anlass genug für die Fans von Phoenix Hagen. Anlass genug, erstmals von einem lieb gewonnenen Ritual abzurücken. Dem nämlich, den Spieler des Tages auf die Tribüne zu bitten, um die gemeinsamen Feierlichkeiten anzuführen.
Phoenix-Helden feiern mit Fans unter dem Hallendach
Den Spieler dieses Bundesliga-Spiels gegen den Meister und Pokalsieger Bamberg gibt es schlicht nicht, weil jeder dieser tapferen Basketballer aufopferungsvoll gekämpft hatte, um diesen 104:97-Sieg zu fabrizieren. Deswegen entern am Ende mehr als ein Dutzend riesenhafter Männer in gelben Trikots die Tribüne und feiern oben unter dem Dach, wo die Treuesten der Treuen stehen, als seien sie eine Horde Viertklässler bei hitzefrei.
Die Emotionen dringen aus jeder Ritze der altehrwürdigen Halle am Ischeland. Bilder, wie gemalt für das Fernsehen. Außenseiter schlägt Seriensieger. Geschichten, wie geschrieben für das Fernsehen.
Eine Kamera, die all’ das einfängt und in die Wohnzimmer der Republik sendet, sucht man indes vergebens. Wie eigentlich immer in Hagen in dieser Saison.
Sport1 überträgt lieber Bayern München
Zwar besitzt die Liga einen Vertrag mit dem Spartensender „Sport1“, in dem geregelt ist, dass der Kanal eine Partie pro Spieltag live und frei empfangbar überträgt, meistens am Samstagabend. Aber der Standort Hagen spielt in den Überlegungen der Programmplaner eine Rolle am Rande des Nichts. Keine einzige Sendeminute ist in dieser Saison in oder mit Hagen produziert worden.
Der Sender mit Sitz in München konzentriert sich eher auf die Partien des angehenden Branchenriesen FC Bayern München. Was nachvollziehbar ist, weil die Marke für sportliche Qualität bürgt und höchste Bekanntheit genießt. Dennoch sorgen die Entscheidungen, was das Fernsehspiel ist und was nicht, durchaus regelmäßig für Nachfragen beim Sender, weil sich Klubs und Regionen benachteiligt fühlen.
Keine Hagener Minute im Fernsehen
„Bei der Auswahl sind mehrere Kriterien wichtig: Wichtigste Komponente ist natürlich die sportliche Attraktivität der Begegnung. Auch die Popularität spielt eine Rolle“, sagt Alexander Wölffing, stellvertretender Chefredakteur des Senders. Weitere Kriterien an: Größe der Halle, Zuschauerschnitt, die Stimmung in den Arenen, die Produktionsbedingungen vor Ort und die Ansetzungen in den europäischen Wettbewerben. „Die Begegnung Hagen gegen Bamberg konnte nicht auf unseren Regelsendeplatz am Samstagabend gelegt werden, weil Bamberg unter der Woche in der Euroleague gespielt hat“, begründet Wölffing.
Aber keine Hagener Minute im Fernsehen? Mag sein, dass Hagen - immerhin Sitz des nationalen Verbandes - nicht gerade der Marktführer ist. Aber in dieser Saison ist dort das Spektakel zu Hause. Keine Mannschaft erzielt mehr Punkte, keine Mannschaft lässt mehr Punkte zu, keine spielt so schnell und aggressiv wie der Tabellenelfte. Zudem ist es ist ein traditionsreicher, kultiger Standort - so etwas wie das St. Pauli des Basketballs. Die Halle ist klein, die Bedingungen für Übertragungen sicher nicht so komfortabel wie in einer dieser großen, seelenlosen Multifunktionshallen. Aber näher, dichter und lauter gibt’s die Emotionen wohl nirgendwo. Die Sensationen gegen die Topklubs Ulm und Bamberg dienen als ultimativer Beweis.
Nächstes Phoenix-Spektakel kündigt sich an
„Ich denke oft: Mehr Stimmung geht nicht“, sagt Hagens Trainer Ingo Freyer nach der Partie: „Und dann setzen die Fans noch einen oben drauf. Es ist schön, dass man hier so ein Spektakel geboten bekommt.“ Das nächste kündigt sich schon an: Am Sonntag gastiert das große Alba Berlin in Hagen. Sport1 überträgt Bayreuth gegen Würzburg, Zwölfter gegen Zehnter.
Phoenix schlägt den Meister