Hagen. Immer mehr Gewalt und zu viele schwarze Schafe: Eine Richterin vom Fußball-Kreissportgericht Hagen berichtet von einem schockierenden Fall.
Grob einen Monat ist sie her, die Podiumsdiskussion des Radiosenders WDR 5 bei der SpVg. Hagen 1911. Im neuen Vereinsheim der Elfer an der Bezirkssportanlage auf Emst haben Ende Februar Experten über Gewalt im Fußball debattiert. Ein Thema, das viele Fußballer inzwischen sehr stark beschäftigt. Der Grundtenor in dieser Veranstaltung lautete: Die Lage auf den heimischen Fußballplätzen wird immer kritischer. Vor allem der Jugendfußball mit seinen - milde ausgedrückt - übermotivierten Eltern steht im Fokus.
Zwischenrufe, Beleidigungen, Bedrohungen und auch körperliche Auseinandersetzungen, so war die nüchterne Erkenntnis, sind auf den Hagener Fußballplätzen keine Ausnahmen mehr, sondern gehören zum Fußball-Alltag. Die Probleme sind vielfältig und ein Lösungsvorschlag, der von vielen Beteiligten immer wieder formuliert wird, sind härtere Strafen, die vor allem bei besonders extremen Gewaltexzessen für Abschreckung sorgen sollen.
Nicht mehr der selbe Fußball wie vor zehn Jahren
Vanessa Aufermann ist Sportrichterin beim Kreissportgericht in Hagen und nimmt die allgemeine Entwicklung zunehmend besorgt zur Kenntnis. Sie ist sich sicher: „Damit wir den Fußball sauber kriegen, müssen wir die Strafen anziehen“, sagt Aufermann: „Es ist nicht mehr der Fußball, den wir vor zehn Jahren hatten. Wir müssen die Problemfälle rauskriegen.“
- Gewalt auf Sportplätzen: „Die Eltern sind das Problem“
- Üble Prügelei im Testspiel: „Gibt keine zwei Meinungen“
- Gewalt an Schiedsrichtern: Welche Maßnahmen helfen können
Einer der letzten Sachverhalte, der sie beschäftigt hat, spielte sich im A-Liga-Spiel zwischen TSK Hohenlimburg und Schwarz-Weiß Breckerfeld ab. Ein TSK-Spieler, so berichtet Aufermann, sei im Spielverlauf derart ausgerastet, dass das Sportgericht ihm eine achtmonatige Sperre auferlegte. Es handelt sich um eine vergleichsweise harte Strafe, die mit der Schwere des Vergehens zu tun hatte.
Sachverhalt landet vor Gericht
Der beschuldigte TSK-Spieler war offenbar ab einem gewissen Punkt im Spiel überhaupt nicht mehr zu beruhigen. Breckerfeld rief die Polizei hinzu, weil die Lage zunehmend zu eskalieren drohte: „Der Beschuldigte hat seine eigene Mutter beleidigt, außerdem die verstorbene Mutter des Schiedsrichters und andere Spieler, zudem hat er sich äußerst aggressiv vor der Tribüne aufgebaut und dann noch einmal so ziemlich alle Beleidigungen ausgesprochen, die er kannte“, schildert Aufermann. Eine Tätlichkeit habe es zwar nicht gegeben, aber die Lage war zeitweise kaum kontrollierbar. Der Schiedsrichter brachte den Sachverhalt folglich vors Sportgericht.
In der Verhandlung sei der Beschuldigte dann nicht zugegen gewesen, habe also weder die Chance ergriffen, sich zu entschuldigen noch Reue zu zeigen. Umstände, die seine achtmonatige Sperre hätten verringern können. Stattdessen sei aber ein Vertreter von TSK Hohenlimburg vor Ort gewesen, der sich entschieden vom Verhalten des inzwischen Ex-Spielers distanzierte. Denn auch nach Ablauf der Sperre wolle man ihn nach diesem Vorfall nicht mehr im Verein willkommen heißen.
Aufermann hält die achtmonatige Sperre jedenfalls für gerechtfertigt, nicht nur wegen des unangebrachten Verhaltens seitens des TSK-Spielers, sondern auch mit Blick auf die wachsenden Herausforderungen im Fußball: „Die Zustände sind sehr heftig geworden und man kann nur das Positive hoffen“, findet Aufermann. Alle Fußballer seien aber gefragt, um an einer Verbesserung der Stimmung zu arbeiten: „Alle müssen mit anpacken und vor allem den Schiedsrichtern und Zuschauern kann man nur sagen: Schaut nicht weg, sondern tragt das alles ein, damit wir das aufarbeiten können, auch wenn es ein hartes Stück Arbeit ist.“