Herdecke/München. Jugend in Herdecke, Bundesliga in Hagen, Tennisprofi, Becker-Nachfolger. Mit 50 hat Michael Kohlmann mit dem Daviscup-Team große Ziele:
Vom kleinen Herdecker TC Grün-Weiß, den sein Vater mit gegründet hat, zum „Kopf“ des deutschen Herren-Tennis: Michael Kohlmann ist zweifellos einer der bekanntesten Herdecker. Seit 2015 fungiert der Ex-Tennisprofi als Kapitän des deutschen Daviscup-Teams, seit gut drei Jahren als Nachfolger des zurückgetretenen Boris Becker auch als „Head of Men’s Tennis“. Am heutigen Donnerstag feiert „Kohle“ seinen 50. Geburtstag - und geht mit großen Zielen in sein zehntes Jahr als Daviscup-Teamchef.
Am 2. und 3. Februar wartet auf Michael Kohlmann im ungarischen Tatabánya die erste große Aufgabe in seinem zehnten Jahr - nur der legendäre Nikola Pilić (1987–1996) und Patrik Kühnen (2003–2012) waren ähnlich lange im Amt wie der Herdecker - als Daviscup-Teamchef. Gegen Gastgeber Ungarn tritt das von ihm seit 2015 betreute Team - zuvor war er Co-Trainer bei Kühnen und dessen Nachfolger Carsten Arriens - in den Davis Cup-Qualifiers an. Mit Alexander Zverev, den er zum Olympiasieg 2021 in Tokio begleitete, Jan-Lennard Struff und den Doppel-Assen Tim Pütz und Kevin Krawietz konnte Kohlmann zu Jahresbeginn die aktuell besten deutschen Spieler nominieren. „Sowohl Alexander als auch Jan-Lennard haben nach ihren längeren Verletzungen 2023 eine überragende Saison gespielt und sich eindrucksvoll in der Weltspitze zurückgemeldet. Mit ihrer Erfahrung bilden sie das Gerüst der Mannschaft und sind aufgrund ihrer sportlichen Ausnahmequalität gesetzt“, freute er sich, in „Top-Besetzung“ nach Ungarn reisen zu können: „Zudem haben sie früh ihre Bereitschaft erklärt, uns auch in diesem Jahr im Davis Cup zu unterstützen, was deutlich macht, dass wir gemeinsam als Team große Ziele in diesem Wettbewerb verfolgen.“
Im Davis-Cup für Deutschland spielte Kohlmann, der den Bundesstützpunkten des Deutschen Tennis-Bundes in Oberhaching als Basis hat und mit seiner Familie in München wohnt, auch als Spieler, erstmals 2020. Und trug dort 2006/2007 zur Erfolgsserie des deutschen Teams mit Doppelpartner Alexander Waske maßgeblich bei. Das Halbfinale in Moskau verpasste er allerdings, weil eine in Wimbledon angerissene Patellasehne eine Knieoperation notwendig machte. Seine Spieler-Karriere beendete Kohlmann aber nicht, sondern schaffte mit 36 einen späten Karriere-Höhepunkt: Bei den Australian Open stürmte er im Doppel mit dem Finnen Jarkko Nieminen erstmals in das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers, erst dort unterlag man gegen die amerikanischen Titelverteidiger und Weltranglisten-Ersten Bob und Mike Bryan. 2013 in Wimbledon spielte er sein letztes Turnier als Aktiver,
Zum Tennis fand Michael Kohlmann als Kind im Verein, den sein Vater mit gegründet hatte. 1976 gehörte Rainer Kohlmann zu den Pionieren des Herdecker TC Grün-Weiß, der sechs Jahre ältere Bruder Stefan und Michael machten hier ihre ersten Schritte auf roter Asche. Elf Jahre alt war Michael Kohlmann, als er erstmals für die dritte Herrenmannschaft des Herdecker TC aufschlug. „Wir sind direkt in die 2. Kreisklasse aufgestiegen, danach ist Michael in die erste Mannschaft gewechselt“, erinnerte sich der aktuelle Klubchef Jürgen Esken, „danach ist er dann zum Herdecker TV gegangen, dessen Erste höher gespielt hat.“ Im Verein unter dem Viadukt spielte Kohlmann zwei Jahre und wurde als 14-Jähriger mit dem deutschen Nationalteam 1988 Jugend-Europameister.
Nach einem USA-Aufenthalt warf Michael Kohlmann ein Knöchelbruch zurück, beim benachbarten TC Rot-Weiß Hagen schaffte er in der Tennis-Bundesliga dann den Durchbruch. Er wurde zum Profi, schaffte es unter die Top 100 der Weltrangliste. Später avancierte er zum Doppelspezialisten mit Rang 27 als bester Weltranglisten-Platzierung. Auch als Wahl-Münchener pflegt der Borussia-Dortmund-Fan noch den Kontakt nach Westfalen. „Ich verfolge natürlich, was der BVB macht, aber auch die Handballer und Basketballer in Hagen“, sagte Kohlmann, der einst auch für Cosmos Hagen auf Korbjagd ging, im WP-Gespräch, als er Ende 2020 als Nachfolger des zurückgetretenen Boris Becker zum „Head of Men’s Tennis“ wurde. „Diese Wertschätzung meiner Arbeit freut mich sehr“, betonte er, als er vor gut drei Jahren die alleinige sportliche Leitung für den Herrenbereich übernahm. „Michael Kohlmann hat in den vergangenen Jahren herausragende Arbeit für den DTB geleistet“, begründete damals Dirk Hordorff, DTB-Vize-Präsident Spitzensport, die „Beförderung“. Die Wertschätzung scheint anzuhalten, denn Kohlmanns Vertrag wurde vom DTB seither stets verlängert.