Hagen. In den vergangenen Jahren spielte der Rote Stern Wehringhausen sportlich nie eine Rolle in der Kreisliga C. Wie es nun zum Wandel kam.

Auf Tabellenplatz acht der Kreisliga C hat sich die Fußball-Mannschaft von Roter Stern Wehringhausen in die Winterpause verabschiedet. So gut wie wohl lange nicht mehr und aktuell einen Rang vor Platznachbar Hagen United II. Für viele tritt die Elf seit Sommer überraschend gestärkt in den Spielen auf. Sie hat sich mit sechs Siegen und zwei Unentschieden aus 14 Spielen Respekt erkämpft. Das liegt vor allem an einer treibenden Kraft, die nicht nur im Hintergrund viel organisiert, sondern als verantwortliche Person auch selbst auf dem Platz Vollgas gibt: Spielertrainer Jörg Philippen.

Vor einem Jahr schloss sich der Torwart dem Verein aus dem Hagener Westen an. Er schaute einfach mal beim Training auf dem Sportplatz Waldlust vorbei. Im ersten Moment wunderte er sich, dass nur eine Handvoll Kicker vor Ort waren. „Ich war erst etwas skeptisch“, gesteht er. Das änderte sich auch nicht wirklich, als er sich dem Roten Stern anschloss. Denn die Trainingsbeteiligung blieb in der gesamten Rückrunde niedrig. „Im ersten Testspiel haben wir sogar 2:0 gewonnen und danach nur 1:3 verloren. Deshalb dachte ich: Es läuft doch gar nicht so schlecht“, erzählt Philippen. Doch in den Ligaspielen setzte sich der Trend der mitunter deftigen Klatschen fort, wobei manche Partien auch eng verliefen.

Frage des Rückzugs stand im Sommer wieder mal im Raum

Wie schon einige Male war nach Saisonende nicht klar, ob es mit einem ausreichend großen Kader weitergehen kann. Zumal der Verein hatte schon länger keinen richtigen Trainer hatte. Das löste einen Reiz bei Philippen aus. Er stellte sich als Spielertrainer zur Verfügung. „Ich wollte ein bisschen Struktur in das Team und den Verein bringen. Die Mannschaft war aufgrund der schlechten Resultate in den Vorjahren sehr unzufrieden“, sagt der 31-Jährige, der später ohnehin mal als Trainer tätig sein möchte. Also ergab sich für beide Seiten eine Möglichkeit. Wichtig ist es dem leidenschaftlichen Fußballer, der seit 1998 kickt und vom Niederrhein kommt, dass die Struktur, die sich nun entwickelt, bestehen bleibt.

Die Fußballmannschaft des Roten Sterns Wehringhausen spielt in der Kreisliga C. Der Kameruner Hassan Tchakounte Abdoulahi (l.) hat einige afrikanisch stämmige Fußballer in den Verein gelotst.
Die Fußballmannschaft des Roten Sterns Wehringhausen spielt in der Kreisliga C. Der Kameruner Hassan Tchakounte Abdoulahi (l.) hat einige afrikanisch stämmige Fußballer in den Verein gelotst. © Roter Stern Wehringhausen | Kevin Baldauf

Er steht diesbezüglich in engem Kontakt mit dem Vorstand. Der zeigt sich dankbar und hat dies kürzlich auch auf der Weihnachtsfeier erneut zum Ausdruck gebracht. „Ich kann ihn nicht positiv genug erwähnen. Jörg hat uns in einer schwierigen Phase geholfen, als er sein Amt übernommen hat. Es verläuft seitdem großartig, die Stimmung im Team ist natürlich immer besser“, freut sich Mike Spenner, der Vorsitzende der Fußball-Abteilung. Zudem hat Wehringhausen mittlerweile einige gute Fußballer in seinen Reihen. Ebenfalls durch den Anstoß des neuen Trainers. Sein kamerunischer Spieler Hassan Tchakounte Abdoulahi fragte in seinem Bekanntenkreis nach, wodurch weitere afrikanischstämmige Fußballer zum Team stießen, was sich zu einer bunten und motivierten Truppe entwickelt hat. Mit Carlos Felipe Cortes ist sogar ein Chilene dabei und Numo Jaiteh hat bis dato 14 Treffer erzielt. „Wenn einer der Spieler sagt, ich kann höher spielen und es gibt eine Anfrage, werden wir uns nicht dagegen aussprechen. Bei uns bekommt jeder eine Freigabe, ohne dass wir Ablösen verlangen“, betont der Vorsitzende.

Schicksalsschlag warf Jörg Philippen lange Zeit zurück

Jan Philippen hatte früher selbst die Möglichkeit, etwas höher zu spielen. Er war talentiert und lief für seinen Jugendverein TuS 64 Bösinghoven (heute: TSV Meerbusch) in der Leistungsklasse auf, ehe er kurz vor Erreichen des Herrenalters beim CSV Marathon Krefeld den Kasten hütete. Nach der Jugend stand er im Landesliga-Kader und absolvierte ein Spiel – in dem ihn ein Schicksal traf: Er erlitt einen epileptischen Anfall auf dem Feld und daraufhin wurde in seinem Kopf eine Zyste am Gehirn festgestellt. „Ich war dadurch gezwungen, kürzerzutreten und zu pausieren“, so Philippen. Da die Zyste weiter wuchs, unterzog er sich 2021 einer OP. Sie war für die Ärzte sehr anspruchsvoll, verlief aber erfolgreich. „Ich war erleichtert, da ich vorher große Bedenken hatte“, erzählt Philippen. „Im schlimmsten Fall hätten danach Behinderungen bleiben können. Ich wäre ohne den Eingriff aber sonst fast an der Zyste gestorben.“

Gründung mit linkspolitischem Statement

Der Name des Roten Sterns Wehringhausen erinnert an den renommierten und gleichnamigen serbischen Klub aus Belgrad. Doch bei der Gründung waren es nicht serbischstämmige Menschen, die den Verein ins Leben riefen. Es waren einige Spieler mit polnischen Wurzeln, von denen später einige zu Polonia Hagen wechselten. Aktuell hat Spieler Milos Tuba serbische Wurzeln.

Der Verein wurde nicht mit politischem Hintergrund gegründet. Der Name Roter Stern setzt dennoch ein politisches Statement. Der Grundsatz lautet: Wir stellen uns gegen Gewalt und Rassismus. In der Bundesrepublik gibt es mehrere Klubs, die den Wortlaut Roter Stern in sich tragen.

Nach seinem Umzug nach Hagen wollte er es noch einmal auf dem Platz probieren, er spielte vor einem Jahr sogar im offensiven Mittelfeld, traf neunmal (darunter ein Viererpack) und stand erst später wieder zwischen den Pfosten. Diese Saison laufe so gut wie noch nie für ihn persönlich. „Ich habe bisher sechs Elfmeter gehalten“, berichtet Philippen stolz. Er will noch mehr Stabilität erreichen, auf und neben dem Platz. Er erwähnt in dem Zusammenhang auch drei Spieler, die vor einem Jahr vom SV Hohenlimburg III nach Wehringhausen wechselten und ebenfalls viel für das Team regeln: Jan Schober, Kevin Baldauf und Timo Cassese. Der Trainer brachte Disziplin in die Mannschaft, die Trainingsbeteiligung ist mittlerweile sehr gut. Über 20 Spieler gehören dem Kader an und verfolgen das Ziel, die Spielzeit am Ende im Mittelfeld abzuschließen.

Nur Größenwahn soll nicht entstehen, der Spaß ist dem Verein am wichtigsten, der übrigens am liebsten weiter ganz ohne Partner auskommen möchte. „Die Trikots werden in der Regel von den Spielern selbst bezahlt. Wir haben und rigoros gegen Sponsoren ausgesprochen. Wir wollen uns nicht abhängig von eventuellen Geldgebern machen, die dann Vorstellungen für sich durchbringen möchten. Kleine Spender, die keine direkte Gegenleistung erwarten, unterstützen uns“, erklärt Mike Spenner. Der Trainer bespricht dieses Thema derzeit mit dem Vorstand. „Wir sind dabei zu evaluieren, wie wir was über weitere Spender regeln könnten“, sagt Spenner und spricht von einer „Findungsphase“. Die ist sportlich bereits abgeschlossen.