Hagen. Geschäftsführer Martin Schmidt spricht über die leidenschaftliche Fan-Kultur von Phoenix Hagen und was der Verein anderen Klubs voraus hat.

Über 1300 verkaufte Dauerkarten, 300 blau-gelbe Anhänger auswärts beim ersten Spiel in Münster – zwei Zahlen, die einen Eindruck vermitteln, wie groß die Lust der Fans von Phoenix Hagen auf die neue Saison in der 2. Basketball-Bundesliga ProA ist. Wenige Tage vor dem ersten Hochball war traditionell eine Phoenix-Delegation zu Gast in unserer Redaktion. Martin Schmidt (Geschäftsführer), Chris Harris (Trainer), Tim Uhlemann (Forward) und Jörg Bähren (Leiter Kommunikation) stellten sich unseren Fragen. In Part 1 des dreiteiligen Interviews spricht Martin Schmidt über Stimmung, Fan-Euphorie und die Marke Phoenix Hagen.

Herr Schmidt, wo werden Sie beim ersten Saisonspiel in Münster sitzen?

Martin Schmidt: Ich werde mich hinter die Mannschaft setzen. Auf der Bank zu sitzen, birgt das minimale Risiko, dass ein „Technisches Foul“ gepfiffen wird. Aber wenn ich hinter der Bank sitze, kann ich meine eigenen Spieler anfeuern, versuchen den Gegner aus dem Konzept zu bringen, und darüber hinaus den Schiri ab und zu darauf hinweisen, dass er auf beiden Seiten seinen Job zu machen hat (lacht).

Sie saßen in der vergangenen Saison bei Heimspielen zunächst im VIP-Bereich, sind dann aber umgezogen in die Courtside-Reihe vor der Haupttribüne. Wie kam das?

Ich habe das Gefühl: Wenn ich nichts dazu beitrage, dass das Spiel erfolgreich verläuft, und wir dann verlieren – dann bin ich schuld. Während des Spiels will ich geile Aktionen unserer Jungs feiern oder einen gegnerischen Spieler beeinflussen, wenn er aus der Ecke einen Dreier wirft. Ich beleidige niemanden, aber es ist schon so, dass ich sehr emotional bin.

Zu Freitag: Wie viele Hagener Fans werden in Münster für Stimmung sorgen?

Das Gäste-Kontingent von 270 Tickets haben wir ausgereizt. Noch sind einige Stehplätze frei. Ich gehe von 300 Leuten aus.

Die Phoenix-Verantwortlichen im Interview.
Die Phoenix-Verantwortlichen im Interview. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Und Sie sind überzeugt, in Münster ein Heimspiel zu haben?

Auf jeden Fall. Wenn du dir anschaust, was letztes Jahr mit teils deutlich weniger Leuten – egal in welcher Halle – an Stimmung geherrscht hat, ob das Paderborn war oder Leverkusen oder Münster. Allein die Tornados haben 190 Tickets gebucht, die werden einen ganzen Block ausfüllen und das ist noch mal deutlich mehr von dem, was wir letztes Jahr hatten. Das ist Wahnsinn. Aber auch ungefähr 20 Sponsoren haben sich für das Spiel angemeldet. Daran merkst du einfach, wie riesig die Begeisterung ist.

Sind die Phoenix-Klubführung und die Fan-Szene wieder zusammengewachsen?

Ja, schon bei unserem ersten Treffen im letzten Sommer haben wir vier Stunden zusammengesessen. Seitdem haben wir extrem viel gemeinsam auf die Beine gestellt. Und die Aktion jetzt mit dem Fahnenmalen beim REWE Familientag, das zeigt ganz klar, wie gut die Beziehung ist, denn diese Aktion wurde von den Tornados initiiert. Das Schöne ist ja: Unsere Fans sind Teil der Geschichte von Phoenix Hagen und sie haben einen Anteil an der Entwicklung. Auch in Zukunft. Wir haben vielleicht nicht die einfachsten, aber definitiv die lautesten und leidenschaftlichsten Fans, mit denen ich gerne mal bei gegnerischen Teams anecke. Aber lieber ecke ich an, als dass ich Leute irgendwie antreiben muss, etwas zu machen. Ich muss aber auch einfach mal sagen: Phoenix Hagen, da stehe ich zu, ist die geilste Basketballmarke Deutschlands. Auch dank unseren Fans.

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Eine kühne Aussage. Warum ausgerechnet Phoenix Hagen?

Egal, wo ich in Hagen hingehe, es gibt immer jemanden, der mich anquatscht aufs letzte Spiel, auf die neueste Spielerverpflichtung oder was auch immer. Basketball ist hier so fest verwurzelt wie an keinem anderen Ort in Deutschland. Jeder hat hier einen Bezug zu diesem Sport, sei es, dass man selbst gespielt hat, schon mal auf dem legendären Heuboden stand oder in der 10. Klasse Sportunterricht bei Peter Krüsmann hatte.

Sie selbst haben schon in Bamberg gelebt und für den Branchenriesen Brose Bamberg gearbeitet…

Ja, ich habe eine emotionale Verbindung zu Bamberg und werde diese immer haben. Im Vergleich zu vielen anderen Standorten, die ich mittlerweile kennenlernen durfte, setzt die Hagener Fan-Szene aber nochmals ganz klar einen drauf. Anderorts trommeln sie drei Rhythmen und singen die ganze Zeit „Defense“. Unsere Fans singen zwei Stunden lang selbst geschriebene Lieder, die sensationell gut sind. 15 Minuten nach dem Spiel steht Pascal Teske immer noch auf dem Heuboden und schreit die Humba, als wären es seine letzten Worte.

Von anderen Vereinen gibt es hin und wieder Kritik an Hagener Fans, die bei Auswärtsspielen über die Strenge schlagen. Ist das gerechtfertigt?

Einige Leute motzen, dass wir zu laut oder sonst was seien, dies werte ich jedoch als Beleg für unsere gelebte Fan-Kultur. Im Eifer des Gefechts mögen die Emotionen hier und da vielleicht etwas überkochen, das allerdings in einem Maße, wofür wir uns nicht entschuldigen müssten.

Spielt, wie man hier sehen kann, gerne für Phoenix Hagen: Tim Uhlemann.
Spielt, wie man hier sehen kann, gerne für Phoenix Hagen: Tim Uhlemann. © Michael Kleinrensing

Herr Uhlemann, wie empfinden Sie den Support der Hagener Fans?

Auf dem Feld hilft uns das und wir wissen immer, dass die Fans hinter uns stehen. Dann hast du als Spieler noch mehr Bock, dir den Allerwertesten aufzureißen, vor allem wenn du gerade einen Lauf hast. Und da ich ja, wie einige sicherlich wissen, selbst ein emotionaler Typ auf dem Feld bin, pusht mich das sehr.

Herr Schmidt, war Ihnen vor Ihrem Dienstantritt klar, dass die Fan-Szene in Hagen so elektrisierend sein kann?

Ich wusste, dass Basketball in Hagen stark verwurzelt ist, aber seitdem ich hier lebe, weiß ich, dass ich das maßlos unterschätzt habe.

Müsste die Stadt Hagen mehr tun, um ihren Spitzensport zu vermarkten?

Um mal einen Vergleich zu ziehen: Wenn du nach Vechta reinfährst, dann steht da ein Schild mit der Aufschrift: Basketballstadt Vechta. Wenn eine Stadt offiziell Basketballstadt heißen dürfte, dann müsste das Hagen sein. Aber wenn du hier von der Autobahn kommst und in die Stadt Hagen fährst, dann ist der Basketball kaum präsent. Das finde ich schade. Wir wissen ja, dass aktuell die meisten News über die Stadt Hagen nicht sehr positiv sind. Gerade deshalb könnte man doch mehr über den Hagener Exportschlager reden, und das ist Basketball. Wir können Hagen aber auch Basketball- und Handballstadt nennen, damit hätte ich kein Problem. Aber wenn du siehst, wie sich am Wochenende die Ischelandhalle füllt und wie sehr der Sport alle Gesellschaftsschichten verbindet, dann kann man das ruhig stolz nach außen tragen.

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