Hagen. Handball-Zweitligist VfL Eintracht Hagen geht bei der Nachwuchsförderung neue Wege. Talente werden jetzt auch vormittags trainiert.
Für elf junge Handballer des VfL Eintracht Hagen gibt es neuerdings eine Sonderbetreuung: Im neu gegründeten Teil-Internat wird ihnen ermöglicht, während der Schulzeit im Vormittagsbereich eine Trainingseinheit zu absolvieren. Für den Verein bedeutet dieses Projekt, das federführend von U17-Jugendkoordinator Marco Grgic geplant umgesetzt wurde, einen weiteren Schritt zur Professionalisierung der Handball-Abteilung, die sich immer mehr auf die Anforderungen für die Handball-Bundesliga einstellen will. Das gilt auch für den Jugendbereich.
Denn um junge Spieler zu entwickeln und ihnen die Grundlagen für einen Sprung in den Profi-Kader zu schaffen, braucht es vor allem viel Training. Bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen kommt unter der Woche dafür allerdings nur die zweite Tageshälfte in Frage. Zumindest bis jetzt. Seit vergangener Woche hat die Eintracht nämlich ein Angebot ins Leben gerufen, das im ersten Schritt elf junge Talente aus C- und B-Jugend in besonderer Weise fördern soll.
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Das Konzept des Teil-Internats ist einfach erklärt: Die Schüler, die fast alle das Fichte-Gymnasium besuchen, werden zweimal in der Woche in Absprache mit Schulleitung und Lehrkräften am Vormittag aus dem Unterricht geholt und mit einem Kleinbus zum Training gefahren. Nach der Einheit geht es zunächst zurück zur Schule.
Nach der Schule beim VfL
Nach Schulschluss werden die Heranwachsenden dann in der Geschäftsstelle vom VfL betreut. Dort können sie nicht nur Hausaufgaben machen, sondern sollen auch die verpassten Unterrichtsinhalte nachholen können. Wenn die Pflichten erfüllt sind, können sie sich in einem Aufenthaltsraum samt Fernseher (und bald auch mit einer modernen Spielekonsole) die Zeit vertreiben, erhalten außerdem auch ein sportlergerechtes Mittagessen, frisches Obst und Getränke.
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Anschließend geht es zum Training mit dem Rest der Mannschaft. Von dort aus werden die Jungen dann wieder nach Hause gebracht. „Insofern ist uns der Austausch mit den Eltern sehr wichtig. Denn die Jungs sind viele Stunden bei uns“, erklärt Marco Grgic. „Wir möchten, dass sich alle wohlfühlen und passen unser Konzept auch entsprechend der Bedürfnisse an. Wenn die Noten in der Schule nicht stimmen oder Eltern und Kinder aus irgendwelchen Gründen andere Pläne haben, fällt das Vormittagstraining aus. Es gibt also keine Pflicht, das Angebot wahrzunehmen.“
Durch Projekte wie das Teil-Internat ist der VfL Eintracht Hagen kürzlich erneut mit dem Jugendzertifikat der Handball-Bundesliga ausgezeichnet worden. Es handelt sich um eine Auszeichnung, die die Ausbildungsaktivitäten der Profi-Klubs beurteilt.
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Für den Verein bedeutet dieses Projekt jedenfalls einen Quantensprung: „Uns war es wichtig, ein Angebot zu schaffen, das über das Training im Nachmittagsbereich hinausgeht“, sagt Grgic. Der erfahrene Jugendtrainer weiß: „Im modernen Handball kommst du mit drei bis vier Einheiten pro Woche nicht mehr in den Profi-Bereich. Wenn wir das jetzt mal zusammenrechnen, haben unsere Jungs im Teil-Internat durch die wöchentlich zwei Einheiten am Vormittag rund 160 Trainingseinheiten mehr im Jahr.“
Gerade im Vergleich zu Profi-Klubs mit mehr Erfahrung und Prestige merke man einen deutlichen Unterschied. Weil manche Vereine, wie zum Beispiel die Füchse Berlin über ein Vollzeit-Internat verfügen, haben solche Jugendspieler noch deutlich mehr Einheiten im Jahr als der Eintracht-Nachwuchs im Teil-Internat. „Da können wir mit den aktuellen Voraussetzungen nicht mithalten, aber wir wollen diese Lücke sukzessive schließen und haben mit unserem Teil-Internat jetzt einen wichtigen Schritt in die Richtung gemacht“, sagt der U17-Jugendkoordinator.
Schneiders Sohn im Internat
Sein Pendant für den U19-Bereich, Sebastian Schneider, dessen Sohn das Teilinternat besucht, sagt: „Weil es etwas völlig Neues ist, sehen wir das als Experiment. Die Frage wird sein, wie gut das bei Eltern und Kindern ankommt – und wie viele Anmeldungen wir nächstes Jahr bekommen.“
Schneider sieht in dem Projekt viel Potenzial, will es aber erstmal beobachten: „Für uns wird interessant zu sehen, wie die Halbjahreszeugnisse ausfallen werden, ob irgendetwas negativ auffällt und uns dann jemand wegbricht. Ich bin bei meinem Sohn auch gespannt drauf und kann mich daher gut in die Lage der Eltern reinversetzen. Schule hat die höchste Priorität.“