Hagen. Was muss man als junger Handballer für eine große Karriere mitbringen? Der Hagener Ex-Profi Sebastian Schneider weiß, worauf es ankommt.
Der VfL Eintracht Hagen befindet sich seit vielen Jahren im Modernisierungs- und Professionalisierungsprozess: Im Herrenbereich will man das Fundament legen, um sich nicht nur dauerhaft in der 2. Handball-Bundesliga festzusetzen, sondern man träumt langfristig auch von einem Aufstieg in die erste Liga. Nachhaltigen Erfolg bringt im Sport vor allem eine gut funktionierende Jugendabteilung.
Und auch in diesem Bereich wird bei Eintracht viel investiert. Als Abteilungsleiter Amateurbereich und U19-Jugendkoordinator kümmert sich federführend Sebastian Schneider um alle entsprechenden Aktivitäten und Projekte. Der gebürtige Hagener kennt sich in seinem Metier bestens aus, allein wegen seiner praktischen Erfahrungen.
Er schaffte es als aktiver Spieler in die deutsche Junioren-Nationalmannschaft – spielte anschließend unter anderem für die SG Flensburg-Handewitt in der Handball-Bundesliga, außerdem auch für die beiden Traditionsklubs Füchse Berlin und TBV Lemgo, ehe er seine Karriere bei Eintracht Hagen dann ausklingen ließ. Mit anderen Worten: Schneider weiß, worauf es bei jungen Spielern ankommt, wenn sie eine große Handball-Karriere anstreben. Und er weiß, was junge Spieler dafür brauchen.
Handball als Berufung: Was einen Profi vom Amateur unterscheidet
Aber was ist das genau, was einen Profi von einem Amateurspieler unterscheidet? „Diese Frage höre ich häufiger, auch von meinem Sohn, der in der C-Jugend spielt“, sagt Schneider.
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Die Antwort ist ebenso vielschichtig wie kompliziert. Schneider fasst sie so zusammen: „Manch einer hat einfach ein großes Talent. Aber ich glaube, heutzutage ist es so, dass Talent nur 30 bis 40 Prozent ausmacht. Der Rest ist harte Arbeit, aber auch ein starker Wille. Dazu kommt das Mentale, was heute sicher noch wichtiger ist als früher. Als Profi musst du einfach viel mehr investieren, jede Trainingseinheit nutzen“, erklärt der Funktionär von Eintracht Hagen. Dazu gehöre zum Beispiel die banale Frage, wie lange man im Sommer in den Urlaub fährt: „Es ist also auch eine Frage der Prioritätensetzung. Will ich lieber drei Wochen in der Sonne liegen, oder nutze ich die Zeit fürs Trainieren? Wer Profi werden will, der muss dem Sport einiges unterordnen“, so Schneider.
Welcher Wechsel ergibt wann Sinn?
Und dieser Weg hört niemals auf. Denn wenn man vermeintlich am Ziel angekommen ist, muss man immer weiter arbeiten: „Ich zum Beispiel habe mich immer wieder hinterfragt. War es klug, mit Anfang 20 nach Flensburg zu gehen, oder hätte ich lieber nach Minden gehen sollen, um mehr Spielzeit zu bekommen?“, fragt er sich. Es handelt sich aber um eine Frage, die für ihn heute kaum noch eine Rolle spielt.
Fest steht jedenfalls: Man muss so manche Entscheidung treffen, die dann nicht selten die gesamte Karriere beeinflusst. „Ich habe letztens mit Jan Wilhelm, der ja auch im Hagener Handball eine große Nummer ist, ein Bier getrunken. Da haben wir über genau dieses Thema gesprochen. Und bei uns wird dann auch der Unterschied deutlich. Ich würde sagen, wir hatten das gleiche Talent. Ich habe den professionellen Weg gewählt und Jan wollte leben, ausgehen und hatte eben andere Prioritäten“, erläutert Schneider.
Viele sehen das Geld
Die Bezahlung ist seiner Auffassung nach jedenfalls keine gute Motivation: „Viele sehen am Anfang nur das Geld. Und man kann auch sicher schon ganz gut verdienen. Ich kenne aber nur ganz wenige Handballer, die allein davon leben können“.
Sein Rat an junge Spieler lautet: „Immer dran bleiben. Die Schule nicht vernachlässigen. Es kann auch schnell vorbei sein. Verletzt du dich schwer, kann dich das sehr stark zurückwerfen oder deine Karriere beenden“.
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Um den wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden, hat man im Jugend- und Amateurbereich zuletzt vor allem personelle Änderungen vorgenommen: „In der U19 war das Bestreben, dass wir uns den Rahmenbedingungen der Handball-Bundesliga anpassen wollen, da ist ein ganz zentraler Punkt eben auch ein hauptamtlicher Trainer in der U19. Diese weitere Professionalisierung wurde dann Ende des vergangenen Jahres konkret angestoßen“, sagt Eintrachts Jugendkoordinator. „Ich freue mich sehr, dass Pavel Prokopec für diese Aufgabe zugesagt hat. Er identifiziert sich total mit dem Klub und arbeitet gerne mit jungen Spielern“.
Alexander Zapf folgt als Trainer auf Prokopec
Auf der anderen Seite habe Prokopec mit der U23 eine überragende Saison gespielt. „Da mussten wir natürlich schauen, wie wir seinen Wegfall kompensieren, sind aber recht schnell mit Alexander Zapf zusammengekommen, der in Remscheid ja auch schon etwas aufgebaut hat in den vergangenen Jahren. Wichtig war für uns, auch dort wieder Qualität reinzubekommen“, betont Schneider.
Ergänzend dazu hat der VfL Eintracht Hagen auch ein Teilinternat gegründet. Das Konzept sieht folgendermaßen aus: Zwischen Schule und Training kriegen junge VfL-Spieler im Teenager-Alter eine Betreuung für Hausaufgaben und andere schulische Verpflichtungen.
„Wir machen das, um die Jungs mitzunehmen. Wer bereit ist ein paar Schritte weiterzugehen, soll die nötige Förderung bekommen. Aber so ehrlich muss man sein: Wenn du alle zwei Jahre einen Jugendspieler in den Profikader integrieren kannst, dann ist das schon eine ziemlich gute Ausbeute“, sagt Schneider.
Alle anderen müssen weiter arbeiten, um sich den Traum einer Profi-Karriere zu erfüllen, oder eben die Prioritäten anpassen und im Amateurbereich bleiben.